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Rolf Mützenich
SPD
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Frage von Meret A. •

Gab es bei der SPD interne Untersuchungen mit Hinblick auf die Russlandpolitik der SPD?

Sehr geehrter Herr Mützenich,
Fast zwei Jahre nach dem Beginn des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine frage ich mich, ob die SPD ihre Verbindungen zu Russland aufgearbeitet hat. Ich verstehe zB nicht, warum die SPD in Regierungsbeteiligung 2016 ein Ende der Russland-Sanktionen forderte - und das zwei Jahre nach der russischen Annexion der Krim. Dann gab es ja finanzielle Verstrickungen, wie mit der Klima-Stiftung in Meck.-Vorpommern, die wohl Spenden von Gazprom empfing.
Wie kann ich mir als Bürger sicher sein, dass die SPD ernst macht mit der Aufarbeitung, wenn zB Frau Schwesig noch im Amt ist? Ich bin ehrlich gesagt verwirrt, da man nicht wirklich sagen kann, dass man nach 2014 nicht wusste, wie Russland tickt - zumal es die Ukraine ja alljährlich mit Gaslieferungen erpresste.
Was hat die SPD aus der ganzen Sache gelernt?

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Sehr geehrte Frau A.,

 

die SPD hat bereits unmittelbar nach dem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine damit begonnen, eigene Fehleinschätzungen in Bezug auf Russland in den zurückliegenden Jahren selbstkritisch zu reflektieren und zu korrigieren. Bundeskanzler Olaf Scholz hat bereits drei Tage nach dem russischen Überfall am 27. Februar 2022 im Deutschen Bundestag seine berühmte Rede zur Zeitenwende gehalten, in der er unser Land auf die neuen Herausforderungen eingestimmt und das inzwischen längst beschlossene 100 Milliarden-Sofortprogramm für die Bundeswehr auf den Weg gebracht hat. Unser Parteivorsitzender Lars Klingbeil hat mehrfach in öffentlichen Reden auf Versäumnisse und Fehler in der Russlandpolitik hingewiesen und einen Aufarbeitungsprozess in Gang gesetzt, der verhindern soll, dass sich entsprechende Fehler in Zukunft wiederholen. Ein Beispiel für den selbstkritischen Umgang mit unserer eigenen Geschichte finden Sie unter https://www.spd.de/aktuelles/detail/news/sozialdemokratische-europapolitik-fuer-ein-sicheres-europa/10/10/2023

Ein vergleichbarer transparenter Aufarbeitungsprozess der anderen Parteien ist nicht zu erkennen, insbesondere nicht bei CDU und CSU, die zwischen 2005 und 2021 mit Angela Merkel immerhin 16 Jahre lang die Bundeskanzlerin stellten und damit die deutsche Russlandpolitik der vergangenen anderthalb Jahrzehnte maßgeblich geprägt haben.

Was die Vorkommnisse der Klima-Stiftung in Mecklenburg-Vorpommern betrifft, so werden diese zurzeit im Rahmen eines Untersuchungsausschusses im mecklenburgischen Landtag aufgearbeitet. Auch hierbei gibt es volle Transparenz.

Im Übrigen waren es die sozialdemokratischen Außenmister Frank-Walter Steinmeier, Sigmar Gabriel und Heiko Maas, die zwischen 2014 und 2021 auf europäischer Ebene immer wieder erfolgreich für die Verlängerung der Russland-Sanktionen nach der Annexion der Krim geworben haben. Da diese Sanktionen alle sechs Monate verlängert werden mussten, war es nicht immer ganz einfach, die erforderliche Einstimmigkeit bei diesem Thema zu erzielen. Am Ende ist es aber immer gelungen – nicht zuletzt dank des persönlichen Einsatzes der genannten Akteure.

Niemand konnte vor fünf, zehn oder 15 Jahren wissen, dass Putin am Ende soweit gehen wird, indem er ein friedliches Nachbarland wie die Ukraine überfällt. Insofern war es richtig, dass sich die SPD sehr lange Zeit für den Dialog mit Russland eingesetzt hat. Ziel dieser Politik war es immer, Russland einzubinden und eine militärische Konfrontation zu verhindern. Gleichwohl hätte man die Gefahren, die sich am Horizont abzeichneten, und die vor allem von unseren Partnern in Mittelosteuropa frühzeitiger erkannt wurden, genauer sehen und analysieren müssen. Die Aufarbeitung dazu hat längst begonnen und wird mit dazu beitragen, ähnliche Fehler in Zukunft zu vermeiden.

 

Mit freundlichen Grüßen

Rolf Mützenich

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