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Rolf Mützenich
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Frage von Peter S. •

Frage an Rolf Mützenich von Peter S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Mürzenich,
ich hätte ein paar Fragen zur Wirtschaftskrise:

1. Die Boni, die Vorstandsvorsitzende bekommen, obwohl die Banken Riesenverluste gemacht haben: Meines Wissens nach werden die Verträge mit dem Vorstand vom Aufsichtsrat ausgehandelt. Müßte man nicht den Aufsichtsrat haftbar machen, wenn ein Vorstand trotz Verluste noch Boni bekommt? Schließlich scheint der Vertrag das ja her zu geben, daß er diese Boni bekommt. Liegen hier nicht auch strafrechtliche Aspekte vor, wenn sich ein Vorstand auf Kosten der Firma bereichert?
Mir scheint, der Gesetzgeber hat hier noch Lücken zu schließen. Oder - böser Gedanke - werden diese Lücken nicht geschlossen, weil hier und da auch Politiker mit in den Aufsichtsräten sitzen und eben diese Gehälter mit beschließen.

2. Warum werden die Banker, die durch ihr Fehlverhalten eine Bank in die Krise geschickt haben, nicht gefeuert? Ich denke, der Staat könnte die Auszahlung von Hilfen durchaus an Bedingungen knüpfen, denn wer zahlt, bestimmt. Das Feuern von Vorständen, die ihr Unternehmen so ruiniert haben, daß nur durch Staatshilfen die Firma gerettet werden kann, wäre sicherlich ein wichtiges Signal zur Abschreckung.

3. Bad Bank:
In http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30174/1.html ist beschrieben, daß man im Falle einer Bankpleite statt Bad Banks auch Good Banks einführen könnte (Georg Soros und Joseph Stieglitz haben das vorgeschlagen). Hierbei würden die noch werthaltigen Papiere in eine eigene neue Bank im staatlichen Besitz überführt werden und den Rest kann die noch verbleibene Bank unter ihrem alten Namen abwickeln.
Das würde den Steuerzahler weniger kosten und die Aktionäre müßten bluten, was sich ja auch für eine Pleitefirma so gehört. Die neue Bank kann dann irgendwann wieder privatisiert werden und hat dafür ja hervorragende Aussichten. Wenn das mit Bad Banks funktioniert, warum soll das dann nicht auch andersherum gehen?

Vielen Dank für Ihre Antworten.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Schütt

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Sehr geehrter Herr Schütt,

vielen Dank für Ihre Frage!

Ich verstehe und teile Ihren Ärger über unverantwortliche Bankmanager, die die Bilanzen ihrer Institute mit hochriskanten Wertpapieren verdorben haben. Diese Papiere belasten die Banken, da sie gezwungen sind, nicht nur immer wieder neue Wertberichtigungen vorzunehmen, sondern auch ständig mehr Kapital zur Absicherung der Schrottpapiere zu hinterlegen. Dies belastet das Eigenkapital der Banken und führt dazu, dass immer weniger Kredite vergeben werden können. Die Folgen spüren dann die Kunden - vom Häuslebauer über den Selbstständigen bis hin zum Unternehmer. Wenn Unternehmen keine Kredite mehr bekommen, sind damit in Folge Millionen von Arbeitsplätze unmittelbar betroffen.

Hier besteht dringender Handlungsbedarf, um die Folgen für die Kunden so gering wie möglich zu halten und Arbeittsplätze zu erhalten. Doch wie kann dies am besten bewältigt werden? Das Bundeskabinett hat daher das Modell der „Bad Banks“ entwickelt, welches Teil des bereits bestehenden Bankenrettungspaketes ist und dem Bundestag zur Abstimmung vorgelegt werden wird.

Eine „Bad Bank“ ist eine Zweckgesellschaft, die eine Bank gründet um dieser Wertpapiere mit einem Abschlag von in der Regel 10 % auf den Wert zu überlassen, der im Augenblick in ihren Bilanzen steht. Im Gegenzug verpflichtet sich die „Bad Bank“ durch eine Schuldverschreibung zur Zahlung einer Geldsumme in gleicher Höhe, für die der „Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung“ (SoFFin) eine Garantie übernimmt. Somit erhält die Bank mit der Schuldverschreibung neues Geld von der Bundesbank – mit den ursprünglichen Wertpapieren wäre dies nicht möglich gewesen. Dadurch wird Eigenkapital frei, das nun für die Vergabe von neuen Krediten verwendet werden kann. Damit profitieren unmittelbar die Kunden der Banken und der Abbau von Arbeitsplätzen kann verhindert werden.

Die Banken können natürlich nicht zum Nulltarif von der Garantie des Bankenrettungsfonds profitieren, sie müssen gleich mehrfach dafür bezahlen. Schließlich sind es ihre Manager, die die Bilanzen verdorben haben. So müssen die Banken erstens eine Garantiegebühr an den SoFFin für die übernommene Garantie bezahlen. Zweitens wird ein Ausgleichsbetrag fällig, der in gleich bleibenden Raten über die Garantielaufzeit von max. 20 Jahren zu zahlen ist, der die Differenz zwischen reduziertem Buchwert und dem von Sachverständigen zu ermittelnden wahrscheinlichen Wert bei Fälligkeit ausgleicht. Drittens müssen die Banken die Ausschüttung an die Anteilseigner sperren, falls der tatsächliche Marktwert bei Fälligkeit unter dem geschätzten Fundamentalwert liegen sollte.

Wir werden in den kommenden Wochen intensiv über weitere Fragen in diesem Zusammenhang debattieren. Dabei ist zu klären, wie und ob alle betroffenen Banken in das System aufgenommen werden können. Auch muss geprüft werden, welche weiteren finanziellen Verbindlichkeiten eingefordert werden können.

Ich hoffe, Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Rolf Mützenich

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