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Rita Schwarzelühr-Sutter
SPD
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Frage von Katja R. •

Frage an Rita Schwarzelühr-Sutter von Katja R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Schwarzelühr-Sutter,

vielen Dank für Ihre Antwort, auch wenn sie mir ziemlich vorgefertigt vorrkommt.

Meine Frage bezog sich allerdings nicht auf den Inhalt des ESM, den kenne ich auch, sondern vielmehr auf Ihr Verständniss von Demokratie.

Wurde der ESM für den deutschen Bundestag geändert und wie kommen Sie darauf, dass:
"Beim ESM kann der deutsche Vertreter nicht überstimmt werden und gleichzeitig ist er auf die Zustimmung des Bundestages angewiesen."

Wie ist es mit dem "bedingungslos" in Artikel 4, wurde der angepasst?

Auch dieser deutsche Vertreter, wer ist das und wer wählt diesen?

Wann genau ist denn aus Ihrer Sicht "so kann ein Ausstieg beispielsweise durch den "Wegfall der Geschäftsgrundlage" geschehen. " die Geschäftsgrundlage weggefallen, wenn Deutschland pleite ist?

Ich kann auch Ihre Aussage "durch Schuldenabbau Handlungsspielraum geschaffen und durch den Wachstums- und Beschäftigungspakt auch wieder Perspektiven für junge Menschen geschaffen" nicht nachvollziehen, denn defacto wird nur gespart, aber es werden keine Schulden abgebaut, da bleibt dann keinerlei Spielraum mehr für Gestaltung. Auch der Wachstums und Beschätigungspackt der EU ist eine Mogelpackung, denn es werden ja nur EU Gelder umgewidmet, bezahlte Arbeitsplätze werden dadurch nicht entstehen.

Ist Ihnen wohl bei automatischen Sanktionen, die massiv in das Haushaltsrecht souveräner Staaten eingreifen können? Das würde auch Deutschland betreffen.

Und da es immer nur um die Schludenquote geht, ist der jetzige Weg eben keiner, der aus der Krise führt, denn bei einem Bruch ist es Zwecklos, den Zähler zu verringern, wenn der Nenner schrumpft, wie bei allen Staaten, die jetzt zum sparen gezwungen werden, eindrücklich zu sehen ist.
Sulden/Bruttoinlandsprodukt = Schuldenquote

Wie kann überhaupt ein Staat sparen, wenn die Regierung den Mindestlohn senkt, die diesen selbst ja wohl nicht bezahlt?

Mit der Hoffnung auf eine nicht vorgefertigte Antwort
Katja Rauschenberg

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Rauschenberg,

als Mitglied der SPD und des deutschen Parlaments will ich Ihnen gerne mein Demokratieverständnis kurz deutlich machen, welches Sie ja in Frage stellen. Außerdem weise ich Ihre Unterstellung einer vorgefertigten Antwort zurück. Und eine nochmalige Antwort bezüglich des ESM wollen Sie ja nicht, dafür aber eine Erklärung warum der Abbau von Staatschulden den Handlungsspielraum von Staaten erweitert, der ich gerne nachkomme.

Die Sozialdemokratie war von Anfang an eine Demokratiepartei. Sozialdemokraten verstehen sich seit dem Godesberger Programm von 1959 als linke Volkspartei. Wir wissen, dass jede Zeit ihre eigenen Antworten auf die sozialen und politischen Fragen verlangt. Im Ringen um die zeitgemäßen Antworten auf die gesellschaftlichen Entwicklungen bekennen wir uns zum freien Meinungsstreit. Die Demokratie ist die einzige politische Ordnung, die der Selbstverantwortung der Menschen gerecht wird und die Grenzen der Politik entsprechend bemisst. Die Menschen- und Bürgerrechte legen der Politik und den staatlichen Institutionen Grenzen auf, ohne die es keine Demokratie geben kann. Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität – die Grundwerte des freiheitlichen, demokratischen Sozialismus sind für uns Sozialdemokraten die Kriterien für die Beurteilung der politischen Wirklichkeit.

Als Mitglied des Deutschen Bundestages ist mir bewusst, dass Bürgerinnen und Bürgern politische Entscheidungen nicht schon deshalb akzeptieren, weil sie durch gesetzlich vorgesehene Verfahren zustande gekommen sind. Und das ist auch gut so! Die Forderung nach Transparenz muss die Politik äußerst ernst nehmen, um die Legitimität politischer Entscheidungen weiterhin gewährleisten zu können. Wir in der SPD setzten dies um. Am 14./15. September 2012 lädt die SPD-Bundestagsfraktion alle Interessierten zu einem großen Zukunftskongress in den Bundestag ein. Die Veranstaltung bildet den Höhepunkt des Zukunftsdialogs, den die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im vergangenen Jahr gestartet haben. (Siehe http://www.spdfraktion.de/zukunftskongress) Anfang 2011 hat die SPD-Bundestagsfraktion einen Arbeitsprozess begonnen, der unter dem Titel „Projekt Zukunft - Deutschland 2020“ zentrale Herausforderungen für eine gute Zukunft unseres Landes identifiziert. In acht Leitprojekten haben wir das Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern, mit Wissenschaftlern und anderen wichtigen Akteuren der Gesellschaft gesucht.

Zur Demokratie gehört auch die Gewaltenteilung. Diese wird auch in Deutschland gewahrt. Ihre Behauptung, dass Druck auf das Bundesverfassungsgericht, also auf die Judikative ausgeübt werde, teile ich nicht. Auch Ihre Behauptung, dass Druck auf mich als Abgeordnete, also auf die Legislative ausgeübt wurde, kann ich nur zurückweisen.

Warum Schuldenabbau einen größeren Handlungsspielraum schafft, erkläre ich Ihnen auch gerne nochmal. Die Haushaltskonsolidierung hat die Verringerung oder Stabilisierung der öffentlichen Schulden zum Ziel. Sie bedeutet, Schuldentilgung und Kreditaufnahmen so zu gestalten, dass die dauerhaft bestehenden öffentlichen Schulden (strukturelles Defizit) mittelfristig verringert werden bis zum ausgeglichenen Haushalt. Die Differenz zwischen der Aufnahme neuer Kredite (Bruttokreditaufnahme, Bruttoneuverschuldung) und der Tilgung bestehender Schulden einer Periode wird als Nettokreditaufnahme (Nettoneuverschuldung) bezeichnet. Um diesen Betrag wächst der Schuldenstand einer Periode. Mit den gestiegenen Schulden erhöhen sich auch die Zinsausgaben und die Zinsausgabenquote. Deshalb wird versucht, die Nettokreditaufnahme möglichst gering zu halten bzw. den „Schuldenberg“ durch Maßnahmen der Haushaltkonsolidierung abzubauen. Somit sinken bei einem Schuldenabbau auch die Zinsausgaben. Öffentliche Investitionen können jetzt durch die „freiwerdenden Gelder“ vorgenommen werden. Außerdem gehört für mich zu einer verantwortungsvollen Politik, dass ich meinen Enkeln nicht einen Schuldenberg hinterlasse.

Beim Thema Mindestlohn sind wir uns in der SPD einig, dass wir einen flächendeckenden Mindestlohn brauchen.

Mit freundlichen Grüßen
Rita Schwarzelühr-Sutter

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