Hatten Sie Ihr Friedensmanifest "der gezielten Mythenbildung" (SPD-Mitglied Prof. Jan C. Behrends) während Ihrer Baku-Deals mit sanktionierten Kreml-Hasspredigern wie Fadejew besprochen/ausverhandelt?

Sehr geehrter Herr H.,
nein, das habe ich nicht. Das Manifest des Friedens des Erhard-Eppler-Kreises (SPD-Friedenskreise) wurde von einer Vielzahl namhafter Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft mit entworfen und unterzeichnet. Es war als innerparteilicher Debattenbeitrag für den Bundesparteitag der SPD gedacht. Es entstand vor dem Hintergrund, dass in der Regierung und auch innerhalb der SPD nur wenige Stimmen vernehmbar waren, die sich für diplomatische Initiativen starkmachten. Meines Erachtens ist das aus mehreren Gründen problematisch. Dieser Krieg fordert tagtäglich viele Menschenleben und verursacht nichts anderes als Leid. Ein bedingungsloses Aufrüsten befeuert eine Gewaltspirale, in die ich mich nicht sehenden Auges begeben möchte. Das immer lautere Rufen nach mehr Waffen ist aus meiner Sicht schlichtweg nicht der Weg zur Lösung, zu einem langfristigen und stabilen Frieden. Bitte verstehen Sie mich und auch das Manifest hier nicht falsch: Es geht keineswegs darum, keine Waffen mehr zu liefern oder die Unterstützung für die Ukraine einzustellen. Vielmehr wird betont, dass neben der militärischen Unterstützung weiterhin auch über diplomatische Auswege und über Frieden gesprochen werden muss. Daran ist aus meiner Sicht nichts falsch.
Dass Putin derzeit nicht verhandlungsbereit ist, ist mir durchaus bewusst – ich mache mir da keine Illusionen. Und dennoch halte ich es für unabdingbar, im diplomatischen Austausch zu bleiben und auch die Sichtweisen der anderen Seite zumindest anzuhören, statt sich ausschließlich auf russische Propaganda oder mediale Zuspitzungen zu stützen. Das heißt ausdrücklich nicht, dass ich mit der Sichtweise übereinstimme. Meines Erachtens hat das Manifest nichts mit gezielter Mythenbildung zu tun, es ist ein Debattenbeitrag.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Stegner