Portrait von Rainer Wieland
Rainer Wieland
CDU
66 %
19 / 29 Fragen beantwortet
Frage von Rainer T. •

Frage an Rainer Wieland von Rainer T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Wieland

Was ist ihr Standpunkt zum Vorhaben der EU, Uploadfilter zu verwenden um Nutzergenerierte Inhalte im Internet zu filtern und gegebenenfalls zu zensieren?

Derzeit wird genau das debattiert und die Auswirkungen auf die Freiheit des Internets sind nicht absehbar.
Websitebetreiber sollen eine sogenannte Linksteuer zahlen. Sobald also ein Link auf einer Plattform zu einem urheberrechtlich geschützten Werk verweist wird eine Steuer fällig, welche der Websitebetreiber entrichten muss.

Haben Sie jemals Wikipida benutzt? Dort finden sie massenhaft Links zu wissenschaftlichen Ausarbeitungen, Studien und Umfragen sowie Bildungsmaterial und Büchern.

Wie soll eine so wichtige Website wie Wikipedia in Zukunft, Wissen für die Allgemeinheit kostenlos bereitstellen, wenn alleine die Entrichtung der Steuer für ein großes Loch im spendenfinanzierten Geldbeutel der Stiftung sorgt?

Ebenfalls getroffen werden politische Blogger, kritische Journalisten und freie Bürgerinnen und Bürger, welche sich im Internet frei und lebendig austauschen möchten.

Schreibt ein Journalist nun einen Artikel und zitiert einen anderen Journalisten oder lädt ein Bild dessen Artikels hoch, so wird der Uploadfilter anspringen und dieses Bild löschen.

Lädt ein freier Bürger ein interessantes Bild in einem Forum hoch um auf eine politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Tatsache aufmerksam zu machen - so springt wieder einmal der algorithmisch gesteuerte Uploadfilter an und löscht das Bild, da der Algorithmus ein urheberrechtlich geschütztes Bild darin erkennt.

Zurück zur Frage: Werden Sie für dieses Gesetz stimmen? Und wenn ja, warum sind Sie dafür?

Portrait von Rainer Wieland
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr T.,

vielen Dank für Ihre Anfrage auf Abgeordnetenwatch zur Auswirkung der geplanten Reform des Urheberrechts. Die verzögerte Rückmeldung bitte ich angesichts tausender Zuschriften zum Thema zu entschuldigen. Die Diskussionen um das Urheberrecht sind bis heute nicht abgeschlossen. Noch verhandelt das Europäische Parlament mit den Mitgliedstaaten über einen Kompromisstext.

Basierend auf dem aktuellen Stand möchte ich Ihnen zur Beantwortung Ihrer konkreten Frage im Folgenden die Stellungnahme des für die Reform unmittelbar verantwortlichen Berichterstatters, meines Kollegen Axel Voss empfehlen. Darin werden Ihre Bedenken im Detail aufgegriffen:

„1. Für wen soll das Gesetz genau gelten? Welche Internetseiten sind davon betroffen?

In Artikel 2 der Richtlinie definieren wir klar, welche Plattformen in den Anwendungsbereich fallen. Das sind nur solche, die ein Geschäft damit machen, dass Nutzer urheberrechtlich geschützte Inhalte hochladen können.

Folglich werden somit nur 1-5% aller Plattformen betroffen sein. Es fallen folgende oder ähnliche Plattformen nicht in den Anwendungsbereich des Art. 13:

- Wikipedia (oder ähnliche Plattformen);
- Plattformen, bei denen nur die Rechteinhaber selbst hochladen;
- Dropbox (oder ähnliche Plattformen);
- Github (oder ähnliche Plattformen);
- Ebay (oder ähnliche Plattformen);
- Dating-Plattformen

2. Was hat es mit den so genannten Upload-Filtern in Art. 13 auf sich? Kann ein automatischer Filter überhaupt zwischen Zitatrecht und Urheberrechtsverstoß unterscheiden?

Zunächst einmal schreibt Art. 13 gar keine Filter und auch keinen Automatismus vor. Es wird in der Praxis aber sicherlich zum Einsatz von Erkennungssoftware kommen, die auf der Grundlage der Informationen, die durch die Rechteinhaber zur Verfügung gestellt worden sind, funktionieren wird.

Wahrscheinlich wird es dabei zunächst keine 100% Trefferquote geben. Man kann aber davon ausgehen, dass sich die Erkennung immer weiter verbessern wird.

Die Memes, Zitier- und Parodiefreiheit etc. und deren Gültigkeit haben rein gar nichts mit Art. 13 zu tun.

Das Zitatrecht wird insgesamt von dieser Reform nicht berührt. Die Richtlinie befasst sich mit der Haftung von Plattformen bei urheberrechtlich geschützten Werken. Ob ein Werk unter die Zitatfreiheit, die im nationalen Recht geregelt ist, fällt oder nicht, wird hier nicht geregelt.

3. Was ändert sich durch die Reform beim Urheberrecht? Verstoßen dann z.B. "Let's Play's" (Vorführen und Kommentieren eines Computerspiels) gegen das Urheberrecht?

Auch das regelt diese Reform nicht. Was urheberrechtlich geschützt ist, wird im bereits bestehenden nationalen / europäischen Urheberrecht geregelt. Diese Richtlinie beschäftigt sich „nur“ mit der Haftung von Plattformen, wenn Urheberrechtsverstöße stattfinden. Mit anderen Worten: ob etwas urheberrechtlich zulässig ist, bestimmt das bereits existierende Recht!

4. Was hat es mit dem so gennannten Leistungsschutzrecht auf sich?

Leistungsschutzrecht bedeutet, dass Presseverlegern das Recht eingeräumt wird, für die Veröffentlichung ihrer Presseinhalte Geld zu verlangen. Ausgenommen einzelne Wörter und kleinste Textausschnitte. Suchmaschinen und Plattformen müssten also bezahlen, wenn sie diese Inhalte entsprechend aufbereiten und kommerziell nutzen wollen.

Ein Beispiel hierfür ist Google. Google verdient Geld mit den Erzeugnissen der Presseverleger. Nutzer lesen die Artikel auf Google News und Google macht insbesondere durch Werbung großen Gewinn. Die Presseverlage gehen hingegen leer aus, weil dadurch viel weniger Nutzer auf ihre Seiten gehen.

Durch das Leistungsschutzrecht sollen die Einnahmen zwischen Journalisten und Internetplattformen fairer verteilt werden. Im Internet ist die bisherige rechtliche Absicherung nicht mehr praxistauglich.

Die Lage hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verschärft. Die zunehmende Abhängigkeit wirtschaftlicher Überlebensfähigkeit von einer großen Suchmaschine oder den Plattformen mit ihrer entsprechenden Marktmacht beunruhigt, weil eine finanziell unabhängige Presse ein wichtiger Pfeiler unserer Demokratie und unserer Meinungsfreiheit ist.

Deshalb müssen wir Rahmenbedingungen schaffen, die es den Presseverlagen – gerade auch den kleineren – ermöglichen, der Marktmacht der Plattformen auf Augenhöhe zu begegnen.

5. Das Leistungsschutzrecht hat doch schon in Deutschland und Spanien nicht funktioniert?

Gerne wird argumentiert, in Deutschland und Spanien hätte das Leistungsschutzrecht bisher nicht zufriedenstellend funktioniert. Das zeigt hingegen nur, dass selbst einzelne Länder von den Plattformen mittlerweile ignoriert werden können und dass sie nicht mehr auf der gewünschte Augenhöhe mit ihnen sind. Die Presseverlage müssen einheitlich zusammenstehen.

6. Wird hierdurch eine so genannte Link-Steuer eingeführt?

Nein! Die Behauptung, mit dem Leistungsschutzrecht würde eine Link-Steuer eingeführt, ist falsch und reine Stimmungsmache. Hyperlinks sind vom Leistungsschutzrecht explizit ausgenommen! Der Einzelne bleibt von der Regelung unberührt, er darf weiter Links und Zitate teilen“

Mit freundlichen Grüßen,
Rainer Wieland

Anmerkung der Redaktion
Herr Wieland hat auf die Frage am 14.11.18 geantwortet. Aufgrund eines technischen Fehlers von abgeordnetenwatch.de wurde diese Antwort jedoch nicht eingestellt. Für die entstandenen Umstände möchten wir uns bei Herrn Wieland sowie beim Fragesteller Herr Teuter in aller Form entschuldigen.
Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Rainer Wieland
Rainer Wieland
CDU