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Patricia Lips
CDU
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Frage von Frank L. •

Frage an Patricia Lips von Frank L. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Lips,

als Abgeordnete meines zuständigen Wahlkreises würde mich Ihre persönliche Einschätzung und darüber hinaus auch Ihr Abstimmungsverhalten innerhalb der Koalition in Sachen Griechenland,Portugal,Irland, ff sowie EFSF und ESM (ab 2013) interessieren.
Ergänzend erlaube ich mir nachzufragen, wie Sie zu dem aus meiner Sicht absolut verantwortungsvollen Verhalten ihres Parteifreundes Klaus-Peter Willsch in der Sache bzw. der Verfassungsklage des Abgeordneten Peter Gauweiler von der Schwesterpartei stehen? Wie Sie meinen Fragen entnehmen können, gehöre ich zwar nicht zu den "Neuen Wählerschichten" welche ihre Partei erschließen möchte, aber durchaus zu denen die durch den permanenten Linkstrend der CDU als Stammwähler ausfallen.

Mit freundlichen Grüßen!

F.Look

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Look,

ich komme zurück auf Ihre Anfrage und danke zunächst für Ihre Geduld, die Urlaubszeit hat die Antwort verzögert.

Die gegenseitige Unterstützung der Länder im Euro-Raum im Rahmen von Bürgschaften und die damit verbundenen Verschärfungen der Richtlinien im Stabilitätspakt (um es stark verkürzt auszudrücken) finden grundsätzlich parteiübergreifend mehrheitlich Zustimmung. Dabei sind wir uns absolut bewusst, dass ein großer Teil der Bevölkerung durchaus anderer Ansicht ist. Gerade deshalb bedeutet es für uns auch, dass wir es uns nicht leicht machen in unseren Entscheidungen, und es muss Gründe hierfür geben. Gleichzeitig geht es nicht vordergründig um Griechenland, Sie selbst nennen weitere Länder, und nur am Rande möchte ich die aktuellen Diskussionen in den USA erwähnen. Dort ist die Pro-Kopf-Verschuldung doppelt so hoch wie in Griechenland. Dieses Land steht quasi zwischenzeitlich als Synonym für eine Situation, die viele betrifft, nicht nur den „Süden“ Europas. Wir alle haben über Jahrzehnte über unsere Verhältnisse gelebt, und die Finanzkrise hat dies verschärft. Was wir aber alle gelernt haben: Die Verbindungen der Finanzmärkte sind derart eng, dass - nur 1 Beispiel - die Insolvenz eines einzigen Kreditinstitutes 2008 in den USA weltweit an der heutigen Situation noch heute einen hohen Anteil trägt.

Zwischenzeitlich wurden national und auf europäischer Ebene Maßnahmen bei Finanzprodukten und -abläufen ergriffen, um gegenzusteuern. Dies würde aber an dieser Stelle zu weit führen.

Wichtig für mich in meinen Entscheidungen als Wahlkreisabgeordnete ist nach Gesprächen mit Fachleuten intern wie extern, nach Beratungen auf Abgeordnetenebene und darüber hinaus: Es kann Stand heute bei allen durchaus einleuchtend klingenden Vorschlägen am Ende keiner eine Garantie dafür geben, dass mit einer Insolvenz oder gar Ausschluss eines Euro-Landes, selbst bei einer Umschuldung keine Kettenreaktion in Gang gesetzt wird, die weit über Griechenland hinaus geht. Und das können auch die von Ihnen genannten Kollegen nicht, die ich im übrigen durchaus respektiere. Es gibt aber ebenso Kollegen, die noch weiter gehen und fordern, noch mehr Geld in den Kreislauf Griechenlands zu geben, um wie mit einer Art „Marshall-Plan“ das Land wieder wirtschaftlich mit aufzubauen.

Die Intention, einen Beitrag zu leisten, geht über Länder der Euro-Zone hinaus. Nur 1 Beispiel, das zeigt, wie eng alle Länder verbunden sind: Etwa 15 Mrd. Anleihen nur von Griechenland, einem vergleichsweise kleinen Land, aus der Vergangenheit (!) lagern bei unseren Kreditinstituten, hinzu kommen Anleihen bei den Versicherern, was gerne vergessen wird. Gleiches gilt natürlich für Institute in allen anderen Ländern, auch außerhalb der Euro-Zone und der EZB. Selbst wenn wir in unserem Land Abschreibungen in dieser Höhe verkraften würden - können es auch andere, deren Anleihen wiederum erheblich höher bei uns sind? Deutschland war lange allein in seiner Forderung, die Gläubiger und damit die Kreditinstitute an Hilfen zu beteiligen. Insofern kann ich die Menschen verstehen, wenn sie keine Bürgschaften übernehmen wollen. Aber ich bitte von der anderen Seite her auch um Verständnis, dass dies eine Frage ist, die nicht nur mit Ja/Nein zu beantworten ist und schon gar nicht verkürzt. Es geht nicht um Griechenland, Portugal oder Irland (jedes dieser 3 Länder mit unterschiedlichen Gründen für die jeweiligen Probleme), es geht am Ende auch und vor allem um uns.

Gerade Deutschland setzt sich für strenge Maßnahmen und Sanktionen immer wieder ein und macht sich damit nicht nur Freunde. Hilfe zur Selbsthilfe kann auch immer nur ein Übergang sein.

In den kommenden Wochen werden sehr intensive Beratungen vor allem um den ESM stattfinden. Dem möchte ich nicht vorgreifen. Bisher habe ich den Maßnahmen der Vergangenheit zugestimmt. Doch selbstverständlich werden jetzt bei allen Abgeordneten die Fragen lauter und intensiver werden. Sollte die Frage einer Umschuldung akut werden, begleitet allerdings von der Gewissheit, dass die Auswirkungen begrenzt bleiben, werde ich mich dieser Frage natürlich nicht entziehen.

Gerne können wir auch direkten Kontakt halten, wenn Sie mir Ihre Daten geben. Abgesehen davon bin ich persönlich sehr häufig in Dieburg zu Gast und würde mich darüber freuen, Sie auch persönlich kennen zu lernen bei einer dieser Gelegenheiten.

Lassen Sie mich jedoch zum Abschluss eines sagen, auch unter dem Stichwort „Linkstrend“: Gerade meine Partei hat aus innerster Überzeugung das Wertefundament und damit verbunden die Idee eines vereinigten europäischen Kontinents immer sehr hoch gehalten. Gleiches gilt für ein vereintes Deutschland. Noch nie in der Geschichte des Kontinents gab es eine derart lange Zeit des Friedens und der Prosperität. Den größten Nutzen hatte dabei vom Wiederaufbau bis heute unser Land. Das ist nicht selbstverständlich, auch wenn bereits meine Generation - und ich nehme mich da nicht aus - dies heute gerne so sieht. Das lässt sich nicht in „nackten“ Zahlen ausdrücken, wie Schuldenstände oder die Höhe von Bürgschaften bzw. Einlagen beim ESM. Trotzdem möchte ich es erwähnen.

Mit freundlichen Grüßen,
Patricia Lips

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