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Otto Fricke
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Frage von Thomas R. •

Frage an Otto Fricke von Thomas R. bezüglich Gesundheit

Lt. Aussagen der Bundesregierung, u.a. nachlesbar auf der Internetseite cdu.de, sterben jedes Jahr 3300 Nichraucher und ca. 120.000 Raucher an den Folgen des Rauchen. 10 tote Nichraucher jeden Tag !
Enorme Gesundheitskosten entstehen.

Wieso schützt die FDP dann nur die Freiheit des Rauchers und nicht die Freiheit des Nichtrauchers, nämlich nicht den Rauch nicht einatmen zu müssen?

Wie sollen sich Nichtraucher, die Mehrheit der Deutschen wehren, wenn der Raucher nicht" freiwllig" aufhört, sollten wir zu Hause bleiben !?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Ratering,

haben Sie vielen Dank für Ihre ergänzende Frage vom Mittwoch, die ich Ihnen erst heute, zum Ende der Sitzungswoche hin, beantworten kann.

Glauben Sie mir, dass ich stets auch für kritische Anregungen zu meinen Positionen äußerst dankbar bin. Gedanken reifen durch Widerspruch, der zu einer tieferen Befassung zwingt. Das Ergebnis kann die Verwerfung des Gedankens sein, seine Festigung oder seine Ausdifferenzierung. In all diesen Fällen bleibt jedenfalls am Ende Gewinn. Ich glaube nicht, dass es Politikern gut ansteht, sich in den eigenen Positionen einzukasernieren. Das wäre nichts anderes als Hochmut. Notwendig aber ist auch im politischen Betrieb Demut, die sich der eigenen Fehlbarkeit bewusst ist. Sie mögen zu Recht fragen, ob Sie davon in der praktizierten Politik hinreichend viel spüren.

Ich weiß vor diesem Hintergrund, wie problematisch und schwierig der Umgang mit dem Rauch ist. Die Statistiken, die Sie nennen, kenne ich. Rauchen ist gefährlich. Für Aktivraucher wie für Passivraucher. Daran besteht aus meiner Sicht kein vernünftiger Zweifel.

Dass etwas gefährlich ist, kann aber nicht automatisch heißen, dass man es verbieten muss, sondern zunächst, dass man die Risiken dieses Verhaltens minimieren muss – und dann schauen, ob ein Verbot notwendig ist. Dem dient, so scheint mir, die Lösung, die ich in der von Ihnen als unzureichend kritisierten Antwort vorgestellt habe. Sie verzichtet auf ein Verbot, und doch führt sie in den meisten Fällen dazu, dass nur mit Rauch konfrontiert wird, wer sich freiwillig darauf einlässt – und wer das Risiko freiwillig auf sich nimmt, der darf, aber muss es auch verantworten.

Die Forderung nach einem völligen Verbot – einerlei ob nun nur in der Öffentlichkeit oder sogar in Privatwohnungen – übersieht, dass Rauchen noch für einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung zur täglichen Lebenspraxis rechnet. Man muss das nicht gut heißen. Aber mir scheint es nicht statthaft, einem Verhalten von jetzt auf gleich jegliche soziale Anerkennung zu versagen, das über viele Jahrzehnte jedenfalls nicht völlig unüblich war. Ein Verbot ändert an der Gewöhnung nichts. Und das Entscheidende ist: Es ist für die wesentlichen Ziele des Nichtraucherschutzes auch nicht notwendig. Dann aber mag eine De-facto-Kriminalisierung mehr Schaden anrichten als sie Nutzen trägt.

Sie schreiben davon, es gelte, die Interessen der Mehrheit zu schützen. Da haben Sie Recht. Aber beachten Sie bitte zweierlei:

Zum einen heißt „Demokratie“ zwar „Herrschaft der Mehrheit“. Doch diese Herrschaft ist gebremst durch die Rechte der Minderheit. Die Demokratie, wie unser Grundgesetz sie versteht, tariert das grundsätzliche Mehrheitsprinzip durch umfassende – und unbedingt zu beachtende – Rechte der Minderheit aus. Die Mehrheit darf nicht alles; auch den Interessen der Minderheit ist zumindest teilweise zur Geltung zu verhelfen. Erst das erhebt die bloße Demokratie zum demokratischen Rechtstaat. Erst das macht aus einer Ordnung der Mehrheit eine Verfassung der Freiheit.

Zum anderen glaube ich nicht, Ihnen eine Position beschrieben zu haben, die sagt: „Weiter so wie bisher“. Ich plädiere klar für ein Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln. Und ich habe große Sympathie für eine Kultur des Nichtrauchens in der Gastronomie. Aber ich glaube, dass ein absolutes Rauchverbot in der Gastronomie zum einen im Gesundheitsschutz nicht zwingend notwendig (und überhaupt förderlich) ist und zum anderen einen Schritt zu weit geht.

Mir liegt das Rauchen persönlich nicht so nahe, dass ich mich als Lobbyist für Rauchinteressen verstehen lassen möchte. Das bin ich gewiss nicht. Aber ich bin skeptisch gegenüber bloßen, plötzlichen Verboten – im Privaten, etwa der Familie, wie in der Politik. Man wird eine rauchfreie Gesellschaft – die durchaus ein legitimer Wunsch ist - nicht von heute auf morgen verordnen können. Zwang kann Einsicht nicht ersetzen; er kann sie vielmehr sogar verhindern.

Mit allen guten Wünschen

grüßt Sie freundlich
Otto Fricke, MdB

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