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Omid Nouripour
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Frage von Helmut S. •

Frage an Omid Nouripour von Helmut S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Nouripour,

Sie begründen nicht, worauf Sie die Hoffnung stützen, dass die Zweistaatenlösung nach wie vor ein realistisches Konzept ist (Frage 2).

Die auf Abbas "eingeschworene palästinensische Einheitsregierung" ist ja wohl kaum dazu angetan, neuer Hoffnung Nahrung zu geben. Für die Israelis ist dieses Projekt gleichbedeutend mit dem "Ende der Friedensverhandlungen", es handle sich um eine "Einheitsregierung des Terrors" (so Außenminister Liebermann bzw. Wirtschaftsminister Bennet).
http://www.timesofisrael.com/fatah-hamas-deal-would-end-peace-process-liberman-warns/

Insofern Sie zur Frage 2 konkret werden, liefern Sie also eher Argumente gegen als für die Realisierbarkeit der Zweistaatenlösung.

Zur Frage 3: Hier weichen Sie mit einer Standard-Formel aus ("nicht hilfreich"). Unbestrittene Tatsache ist, dass es der Verhandlungsführer der USA (Martin Indyk), ein erfahrener Diplomat, für angemessen und ergo auch für hilfreich hielt, die Verantwortung für das Scheitern der Verhandlungen klar zu benennen. Seine Begründung stützte sich übrigens eher auf die Siedlungspolitik (Steigerung während der Verhandlungen um 120%) als auf die verweigerte Freilassung von Gefangenen.

Wenn die Verantwortlichkeiten liegen wie durch Indyk dargelegt, sollten sich Hoffnungen auf die Zweistaatenlösung logischerweise wohl eher auf Veränderungen auf israelischer Seite stützen als auf palästinensischer. Wenn sich auf israelischer Seite nichts tut dürfte es egal sein ob die Palästinenser durch eine Einheitsregierung oder durch die Westbank-Autonomiebehörde vertreten werden - demokratisch legitimiert oder nicht.

Zwischen der Beantwortung der Fragen 2 und 3 besteht somit ein innerer Zusammenhang. Wer trotz aller gegenteiligen Erfahrungen die Plausibilität der Zweistaatenlösung begründen will, muss Gründe und Verantwortlichkeiten für das Scheitern benennen.

Deswegen nochmal die Bitte um eine fundierte Antwort auf die beiden offenen Fragen.

MfG
Helmut Suttor

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Sehr geehrter Herr Suttor,

Sie sprechen zu Recht an, dass die Aussichten auf eine baldige Umsetzung der Zweistaatenlösung im Moment eher schlecht stehen. Der jüngste Gaza-Krieg hat unzählige Opfer gefordert, das Klima in Palästina wie in Israel radikalisiert und die Fronten eher verhärtet. Richtig ist auch, dass israelische Siedlungspolitik und die Besetzung des Gazastreifens eine Lösung blockieren. Doch gleichsam tut dies auch eine Politik der Gewalt durch Hamas und andere islamistische Gruppen. Ich teile ihre Annahme nicht, dass die Gespräche allein an israelischer Politik gescheitert sind und dass allein eine Änderung israelischer Politik maßgeblich für eine Umsetzung der Zwei-Staaten-Lösung ist. Ein Friedensprozess, der diesen Namen verdient, erfordert von beiden Seiten enorme Anstrengung und Änderung des bisherigen Kurses. Dies muss ein Prozess sein, der entgegen der zunehmend entstehenden Ein-Staaten-Realität durch konkrete Schritte die Zwei-Staaten-Perspektive revitalisiert. Dazu ist sicherlich Druck und Unterstützung von außen nötig, z.B. beim Wiederaufbau des Gaza-Streifens und der langfristigen Unterstützung des Grenzmanagements in Gaza.

Mit freundlichen Grüßen,
Omid Nouripour

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