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Oliver Kumbartzky
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Frage von York M. •

Frage an Oliver Kumbartzky von York M. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Warum halten Sie die Novellierung der Düngeverordnung für "fachlichen Murks", wie man heute der Presse entnehmen konnte?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Mikisch,

vielen Dank für Ihre Frage Ich will Ihnen gerne erklären, warum ich die letzten Freitag beschlossene Düngeverordnung als „Murks“ bezeichnet habe. Der „Murks“ bezieht sich dabei auf inhaltliche Punkte aus der Verordnung, aber auch zum Verfahren, wie es zum Beschluss kam.

Die beschlossene Düngeverordnung sieht eine Reihe von zusätzlichen Verboten und Regularien vor, die zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen in den landwirtschaftlichen Betrieben führen werden. Zu einer nennenswerten Verbesserung der Grundwasserqualität führen sie allerdings m.E. nicht. Anstatt die Betriebe mit der Verabschiedung der „Bauernmilliarde“ ruhig stellen zu wollen, hätten wir Freie Demokraten es lieber gesehen, wenn die Bundesregierung sich für europaweit einheitliche Regelungen und ein einheitliches Messstellennetz, das alle potentiellen Verursacher gleichermaßen in den Blick nimmt, eingesetzt hätte.

Seit Mitte vergangenen Jahres haben unsere Bundestagsfraktion und auch wir in den Landtagen intensiv versucht, die Verabschiedung der Düngeverordnung in ihrer jetzigen Form zu verhindern. Zuletzt hat die FDP-Bundestagsfraktion vor ein paar Wochen im Bundestag einen Antrag auf ein Moratorium gestellt sowie einen ergebnisoffenen Dialog mit der Landwirtschaft und ein einheitliches Messstellennetz mit mehr Messpunkten gefordert. Leider fanden die Initiativen im Bundestag keine Mehrheit.

Was vor einigen Wochen schon falsch war, ist auch heute noch falsch. Daran ändert auch eine Verzögerung des Inkrafttretens der Maßnahmen in den sog. „roten Gebieten“ nichts. Vor diesem Hintergrund ist es mir unerklärlich, dass die Düngeverordnung nun im Eiltempo und ohne Berücksichtigung von Anregungen aus den Bundesländern durch den Bundesrat beschlossen wurde. Wer in diesen Zeiten Landwirte mit zusätzlichen Auflagen überzieht, konterkariert die Erleichterungen, die an anderer Stelle geschaffen werden sollen. Sämtliche Bundesländer, in denen die FDP mitregiert, haben der Verordnung aus diesen Gründen am letzten Freitag nicht zugestimmt.

Zudem führen folgende Maßnahmen dazu, dass wir der Düngeverordnung nicht zugestimmt haben:

- Pauschale Absenkung des Düngebedarfs um 20%, anstatt verursachergerecht zu agieren

- Verzicht der Düngung Winterraps und Wintergerste sowie von Zwischenfrüchten ohne Futternutzung im Herbst

- Verbot der Ausbringung von organischen Düngemitteln auf gefrorenem Boden

- Dokumentation der Düngungsmaßnahmen innerhalb von zwei Tagen

Noch ein Hinweis auf die Strafzahlungen, von denen immer berichtet wird: Die Bundesregierung hat hier konstant eine Drohkulisse gegenüber den Bundesländern aufgebaut. Bis heute hat das Bundeslandwirtschaftsministerium allerdings kein Schriftstück vorgelegt, aus dem klar hervorgeht, dass ein Zweitverfahren eingeleitet worden wäre, wenn die Düngeverordnung am 27.03. nicht verabschiedet worden wäre.

Deutschland wurde rechtskräftig wegen einer unzureichenden Düngeverordnung aus 2006 verurteilt. Kurz vor dem Urteil trat die Düngeverordnung 2017 in Kraft. Selbst das Bundesumweltministerium räumt auf eine kleine Anfrage von der FDP-Bundestagsfraktion ein, dass die Wirkungen der 2017er Novelle auf die Grundwasserqualität noch nicht abschließend beurteilt werden können. Heißt im Umkehrschluss: Nur weil die Europäische Kommission der Auffassung ist, dass die 2017er Maßnahmen nicht ausreichen, um die Nitratrichtlinie umzusetzen, muss der EuGH das noch lange nicht genauso sehen.

Die Strafzahlungen sind gerade in der jetzigen Zeit m.E. ein vorgeschobenes Argument gewesen. Europa schließt gerade seine Binnengrenzen, von Freizügigkeit ist gerade so gut wie nichts mehr vorhanden und in so einer Zeit soll es nicht möglich sein, einen Tagesordnungspunkt, der es ausgerechtet der systemrelevanten Landwirtschaft noch schwerer macht, von der Tagesordnung zu nehmen, ohne dass Strafzahlungen fällig werden? Ich denke, es wäre noch Verhandlungszeit da gewesen, um die o.g. Punkte umzusetzen.

Anstatt also die Abstimmung zu vertagen und die gesamte Düngeverordnung noch einmal grundlegend nach Kriterien der Praxisnähe zu überarbeiten und die Messungen konsequent nach der Wasserrahmenrichtlinie statt dem "Belastungsnetz" vorzunehmen, wurde die Novellierung nun auf Biegen und Brechen durchgedrückt. Und während wir über die Ernährungssicherung in Deutschland während der Corona-Pandemie diskutieren wurde nun auf der anderen Seite den Bauern trotz Systemrelevanz das Leben so schwer gemacht, dass manche gar um ihre Existenz fürchten.

Diese o.g. Punkte führten mich zu dem Ergebnis, die Verordnung und den Beschluss als „Murks“ zu bezeichnen.

Freundliche Grüße
Oliver Kumbartzky

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