Frage an Oliver Krischer von Toni M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Hallo Herr Krischer,
mir geht es um Praxissemester im Studium hier gibt es eklatante Unterschiede. Ich Maschinenbauer verdiene im Praxissemester 980€ pro Monat bei einer "Arbeitszeit" von 7 h. Meine Freundin Studiert Soziale Arbeit und bekommt für 6h pro Monat nur 250€, ja sie ist sogar in der glücklichen Lage 250€ zu bekommen viele Ihrer Studienkolleginnen verdienen nichts. Wie kann so etwas mit einem Mindestlohn in Deutschland sein? Auch die Ausbildungen meiner Freunde sind höchst unterschiedlich, alles ca. Angaben meiner Freunde und Bekannten Hörgeräteakustikerin: 350€ Fachinformatiker 900€ Bäckerlehrling 330€ Frisörhandwerk: 280€ wie kann so etwas in Deutschland möglich sein bei Mindestlohn? Hier herrscht ein eklatanter Mängel, das man von 900€ in einer Großstadt wie München natürlich nicht leben kann muss ich Ihnen denke ich mal nicht erzählen, aber auf dem Dorf kann man von 330€ auch nicht leben. Wie wollen Sie dieses Problem in Deutschland angehen?
Freundliche Grüße
T. M.
Sehr geehrter Herr M.,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage zur Vergütung während der Ausbildung bzw. der Praxisphase des Studiums. Der gesetzliche Mindestlohn ist eine Lohnuntergrenze, die sicherstellen soll, dass alleinstehende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeitzeit von 40 Stunden (Vollzeit) von ihrem Lohn leben können, ohne durch staatliche Transferleistungen aufstocken zu müssen. Der Mindestlohn gilt allerdings nicht für SchülerInnen oder Studierende, die ein Praktikum im Rahmen ihrer Schulausbildung oder ihres Studiums absolvieren oder für bis zu dreimonatige Orientierungspraktika oder für von der Arbeitsagentur geförderte Einstiegsqualifizierungen (EQ). Ausgenommen von dem Anspruch auf den Mindestlohn sind außerdem jugendliche ArbeitnehmerInnen und Auszubildende. Der Mindestlohn hat insofern nicht direkt mit der Frage nach fairen Vergütungen während der Ausbildungsphase zu tun.
Nichtsdestotrotz teilen wir Ihre Einschätzung, dass die eklatanten Unterschiede bei Ausbildungsvergütungen bzw. Vergütungen während der Praxisphasen des Studiums sehr problematisch sind. Zu oft werden gesellschaftlich bedeutende Berufsgruppen (Stichwort Soziale Arbeit) schon während der Ausbildungsphase zu gering bzw. gar nicht vergütet und erfahren damit nicht die Wertschätzung, die sie verdienen. Die Grüne Bundestagsfraktion setzt sich deshalb seit langem für mehr Lohngerechtigkeit und faire Ausbildungsvergütungen ein. Auszubildende in sozialen Berufen sehen sich derzeit übrigens nicht nur mit dem Problem geringer Ausbildungsvergütungen konfrontiert. In einigen schulischen Ausbildungsberufen müssen Auszubildende noch immer Schulgeld für ihre Ausbildung bezahlen. Die Abschaffung der Gebühren für alle schulischen Ausbildungsberufe ist uns Grünen ein zentrales Anliegen, für das wir uns auch in der 19. Wahlperiode weiter stark machen werden. Es kann schließlich nicht sein, dass Wirtschaft und Gesellschaft laut nach ErzieherInnen und Pflegekräften rufen, diese bei ihrer Ausbildung aber im Regen stehen lassen.
Aber auch in betrieblichen Ausbildungsverhältnissen bleibt einiges zu tun. Während Auszubildende in Branchen mit hohem gewerkschaftlichen Organisationsgrad schon in der Ausbildung zu Recht von guten Tarifabschlüssen profitieren, bewegen sich die durchschnittlichen Ausbildungsvergütungen in anderen Berufen noch immer zu Unrecht nicht selten im Taschengeldbereich. Das von Ihnen genannte Friseurhandwerk bildet hier seit Jahren das Schlusslicht. Dies wollen wir in Zukunft ändern. Wir möchten allen Auszubildenden ein eigenständiges Leben ermöglichen. Deshalb fordern wir eine Stärkung der Tarifautonomie und ergänzend zu den einzelnen Tarifverträgen eine Mindestausbildungsvergütung, die gemeinsam mit den Tarifpartnern festgelegt wird.
Außerdem setzen wir uns dafür ein, dass die Berufsausbildungsbeihilfe für betriebliche Ausbildungen und das BAföG für schulische Ausbildungsberufe in Zukunft leichter in Anspruch genommen werden können und sich die Höhe der Fördersätze realistisch an den Lebenshaltungskosten orientiert. Im Sinne echter Bildungs- und Lohngerechtigkeit und vor dem Hintergrund zunehmender Fachkräfteengpässe muss aus Grüner Sicht umso mehr der Grundsatz gelten, dass eine Ausbildung in Zukunft nicht mehr an finanziellen Hürden scheitern darf.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben und kann Ihnen versichern, dass sich die Grüne Bundestagsfraktion auch in den nächsten vier Jahren nach besten Kräften für faire Ausbildungsvergütungen und gute Ausbildungsbedingungen für alle jungen Menschen einsetzt.
Herzliche Grüße
Oliver Krischer