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Muhterem Aras
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Frage von Patrick A. •

Frage an Muhterem Aras von Patrick A.

Sehr geehrte Frau Aras,
wir leben schon viele Jahre als Familie in Stuttgart. Seitdem trennen wir fleißig Müll und tun all die Plastikbecher und Verpackungen, meist noch kurz ausgespült in den Grünen-Punkt Sack. Die Vermutung, das der ganze Müll (eigentlich sind es ja Rohstoffe) wohl nicht vollständig getrennt und wiederverwertet wird, hatte ich schon länger. Wird wohl verbrannt werden, dachte ich mir.
Kann es aber möglich sein, dass auch von uns Shampooflaschen im Ozean schwimmen und an fremden Stränden liegen?
Können Sie mir Auskunft geben, wie das Duale System den Müll aus Stuttgart behandelt? Können Sie garantieren, dass der Plastikmüll Deutschland nicht verläßt? Gibt es einen Überblick über die Entsorgerkette?

Mit freundlichen Grüßen
P. A.

P.S. Aktuell gibt es eine Petition #StopPlasticPollution. Wird die Initiative von den Grünen unterstützt?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Aretz,

vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Interesse an der Müllentsorgung in Stuttgart.

Zunächst freut es mich natürlich zu hören, dass Sie selbst durch gewissenhafte Mülltrennung einen Teil zum Schutz der Umwelt beitragen. Durch die Abfalltrennung wird das sinnvolle Recycling von Rohstoffen möglich, die dadurch geschont werden. Somit ist schon die Mülltrennung eines jeden einzelnen ein Schritt zur Bewahrung unserer Umwelt vor weiterer Zerstörung.

Nun aber zu Ihren Fragen: Bei der Beantwortung der Frage, wie das Duale System den Müll in Stuttgart behandelt, ist es wichtig zu beachten, dass wir in Deutschland nicht nur ein Duales System haben, sondern zehn verschiedene. In Stuttgart wird die Lizenz zur Abfallentsorgung in regelmäßigem Turnus neu an die Dualen Systeme vergeben. Je nach Dualem System wird die Abfallentsorgung anders gehandhabt.

Grundsätzlich unterteilen die Dualen Systeme die Müllentsorgung in drei Fraktionen.

Für die Stuttgarter Altpapierentsorgung sind die Verwerter Alba und Degenkolben zuständig. Das Altglas wird in der Glashütte eingeschmolzen und kann dann vollständig wiederverwertet werden. Für den Gelben Sack ist in Stuttgart das Unternehmen Schaal und Müller zuständig.

Verpackungen werden hierbei nach dem Verpackungsgesetz wiederverwertet. Dabei gibt es konkrete Mindestverwertungsquoten, das heißt, Duale Systeme müssen einen bestimmten Anteil der bei ihnen lizensierten Verpackungen verwerten. So müssen Kunststoffverpackungen zu 60 % verwertet werden; davon müssen 36 % aller in Verkehr gebrachten Verpackungen stofflich verwertet werden, die restlichen 24 % können anderweitig (z. B. energetisch oder rohstofflich) verwertet werden.

Leider ist es tatsächlich so, dass nicht alle Abfälle komplett recycelt werden. Das gilt besonders für Kunststoffmüll. So lag laut Angaben der Bundesregierung die stoffliche Recyclingquote der von den Verbraucher*innen vorsortierten Kunststoffabfällen im Jahr 2015 bei nur 38%. Der restliche Teil wird verbrannt.

Hinzu kommt, dass diese 38 % nur dem Input in das Recyclingsystem entsprechen. Das heißt, Müllexporte nach dem Sortieren und weitere Verluste beim Recyclingprozess werden bei der offiziellen Quote nicht rausgerechnet. Nach einer Studie von Conversio, die unter anderem von dem Verband "Plastic Europe" in Auftrag gegeben wurde, beträgt die gesicherte Recyclingquote im Inland Deutschlands damit nur ca. 17,3%.

Angesichts dieser Zahlen und des insgesamt undurchsichtigen Systems kann ich Ihnen in Summe leider nicht garantieren, dass unser Müll Deutschland nicht verlässt. Im Gegenteil werden aktuell jährlich gut eine Million Tonnen Plastikmüll exportiert - vor allem in asiatische Länder - was rund einem Sechstel des in Deutschland produzierten Mülls entspricht. So haben sich beispielsweise die deutschen Plastikmüllexporte nach Malaysia in den vergangenen zehn Jahren verzehnfacht, was aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage der Grünen Bundesfraktion hervorgeht.

Bis zu einer echten Kreislaufwirtschaft ist es damit auch in Deutschland leider noch ein langer Weg. Dabei steht vor allem die Bundesregierung in der Verantwortung, die Grundlage für mehr und ein besseres Kunststoffrecycling zu schaffen. Außerdem setzen sich die Grünen für ein Exportverbot für Plastikabfälle in Ländern ein, in denen die Recyclinginfrastruktur schlechter ist als in Deutschland. Denn natürlich erwarten Sie zurecht, dass sauber getrennter Plastikmüll nicht einfach verbrannt oder an unbekannte Ziele ins Ausland exportiert wird, sondern in den Herstellungskreislauf zurückgeführt wird. Um mögliche Fortschritte darüber hinaus messbar zu machen, fordern die Grünen auch ehrliche Recyclingquoten, d.h. eine output-orientierte Erhebung der Quoten.

Zuletzt möchte ich noch auf die Initiative #stopplasticpollution eingehen, die Sie in Ihrer E-Mail angesprochen haben. Diese wird zwar nicht offiziell von der Grünen Partei unterstützt. Dennoch liegen unsere Ziele natürlich auf der gleichen Linie und auch privat setzen sich viele Parteimitglieder für die Reduktion von Plastik ein. Zudem setzen wir Grüne uns als Partei für ein von der Bundesregierung gesetzlich verankertes Ziel ein, dass bis 2030 neue Kunststoffprodukte zu mindestens 50 Prozent aus recycelten Kunststoffen bestehen müssen.

Ich hoffe ich konnte Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen

Muhterem Aras MdL

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