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Michael Roth
SPD
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Frage von Meret A. •

Was können Sie noch tun, um die SPD auf einen Kurs der Vernunft in Sachen Taurus zu bringen?

Lieber Herr Roth,
vielen Dank erstmal für Ihre Arbeit in der SPD, ich schätze es sehr, dass Sie für Ihre Haltung zur Ukraine in der Fraktion einstehen. Ich kann mir vorstellen, dass dies unfassbar kräftezehrend ist und an die Substanz geht.
Allgemein macht die SPD leider den Eindruck, sich nicht so ganz von seiner Russlandversteherei getrennt zu haben. Im bitter ernsten Spiel "warum wir kein X liefern-Bingo" gibt es heute die Vintage Ausrede von 2022: Deutschland soll nicht in den Krieg hineingezogen werden. Ich nehme das nicht als Argument ernst und glaube auch nicht, dass der Kanzler aufrichtig ist. Anders kann ich mir dieses Ausreden-Bingo der letzten 2 Jahre nicht erklären.
Meine Frage an Sie: ist die SPD jemals in der Lage, ohne Theater und Heckmeck an der Seite der Ukraine zu stehen? Ich frage mich mittlerweile nur noch, ob es da irgendein Kompromat gibt. Nichts kann aber so peinlich sein, dass man die Ukraine hängen lässt.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau A.,

für Ihre wertschätzenden Wort zu meiner Arbeit danke ich Ihnen herzlich.

Mein Wunsch und auch der von ganz vielen Mitgliedern meiner Partei ist, dass die Ukraine ein freies, demokratisches und souveränes Land unter Wahrung ihrer territorialen Integrität bleibt. Aber die Volkspartei SPD ist auch in dieser Frage ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Debatten in unserem Land. Die Bedenken, die in meiner Partei geäußert werden, geben auch die Ängste und die Skepsis wieder, die in der deutschen Bevölkerung existieren. Ich anerkenne, dass der Bundeskanzler es bislang vermocht hat, auch die Menschen mitzunehmen, die der Aufrüstung der Ukraine sehr skeptisch gegenüberstehen. Aber ich befürchte, dass wir aus einem quälenden Dilemma nicht herauskommen, nämlich der Langsamkeit einer liberalen Demokratie einerseits und dem Drängen eines angegriffenen Landes andererseits, das sofort massive militärische Unterstützung zum Überleben braucht.

Manche Kritik an der SPD finde ich unfair, da meine Partei seit Beginn des russischen Angriffskriegs die Fehler und Versäumnisse der Vergangenheit selbstkritisch aufgearbeitet und korrigiert hat. Das zeigt sich sowohl im konkreten Regierungshandeln als auch in SPD-Parteitagsbeschlüssen. Deswegen fühle ich mich auch nicht isoliert in der SPD. Bundeskanzler Scholz und Lars Klingbeil haben sich in ihren Reden auf dem SPD-Bundesparteitag im Dezember 2023 klar dafür ausgesprochen, dass wir bei der Unterstützung der Ukraine in ihrem Verteidigungskampf einen langen Atem benötigen und auch noch mehr leisten, wenn andere schwächeln. Auch der außenpolitische Leitantrag, der von den Delegierten mit großer Mehrheit verabschiedet wurde, enthält ein deutliches Bekenntnis, dass Deutschland auch in Zukunft eng an der Seite der Ukraine stehen wird - und zwar militärisch, politisch, wirtschaftlich, finanziell und humanitär.

Was mich doch sehr wundert, ist der völlig einseitige Fokus der Debatte auf ein einziges Waffensystem. Dabei gerät leider völlig in den Hintergrund, worauf es jetzt tatsächlich ankommt: Die Ukraine hat nach wie vor ein eklatantes Nachschubproblem bei der Munition. Auch bei der Flugabwehr müssen wir Kiew mit weiteren Systemen unterstützen. Klar ist: Deutschland wird nicht zu einem weniger verlässlichen Partner der Ukraine, wenn wir bei einem Waffensystem dem Wunsch Kiews nicht nachkommen. Deutschland bleibt nach den USA der zweitgrößte militärische Unterstützer der USA. Aber ja, wir können noch mehr tun. Dafür werbe ich.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Roth

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