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Matthias Miersch
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Frage von Sascha F. •

Werden Sie Schaden vom deutschen Volke abwenden, indem Sie die Massenüberwachung aller EU-Bürger durch US-Dienste unter dem Deckmantel der Chatkontrolle verhindern?

Sehr geehrter Herr Miersch,

Kinderschutz ist Präventionsarbeit, kein Tech-Gimmick:

Ist die Person auf dem Foto 16 oder 18? Strandbild mit Kindern - Familien-Urlaubschat oder Pädo-Gruppe? Auberginen-Emoji - Grooming oder Kochrezept? Auch mit 99,99% Trefferquote würde die Wundersoftware angesichts Millionen von Nachrichten tausende falsche Verdachtsfälle produzieren, die die Staatsanwaltschaften verstopfen statt zu helfen, vgl. [https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-995936]

Alle Endgeräte, auch die von Anwälten, Ärzten oder Politikern würden permanent von US-Firmen überwacht, die nach dem Patriot Act auch mit dem Trump-Regime kooperieren müssten. Was wenn fremde Geheimdienste eigene Filterlisten einschleusen und mitlesen?

Was wenn eine Nachricht von Ihnen während des Wahlkampfs fälschlich als verdächtig markiert würde?

Weitere Infos: [https://www.zeit.de/digital/internet/2025-09/chatkontrolle-kinderschutz-eu-verordnung-grundrechte-sexualisierte-gewalt]

MfG

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Antwort von SPD

Sehr geehrter Herr F.,

vielen Dank für Ihr Schreiben, zur sogenannten Chatkontrolle auf das ich nachfolgend gern eingehe

Seit drei Jahren wird auf europäischer Ebene über das Vorhaben der EU-Kommission zur Bekämpfung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder im digitalen Raum verhandelt. Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, Anbieter digitaler Dienste zu verpflichten, Kommunikationsinhalte – auch in verschlüsselter Kommunikation – auf Darstellungen sexualisierter Gewalt an Kindern zu überprüfen, bei Verdacht zu melden und entsprechende Inhalte zu entfernen.

Der vorliegende Entwurf der dänischen Ratspräsidentschaft hält derzeit daran fest, anlasslose Scans von privaten Kommunikationsinhalten zu ermöglichen und eine wirksame Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aufzubrechen. Daher ist dieser Entwurf aus unserer Sicht nicht zustimmungsfähig.

Es ist gut, dass sich die Union endlich den Bedenken anschließt, die wir und unsere Justizministerin Stefanie Hubig von Anfang an hatten.

Für uns bleibt der Koalitionsvertrag maßgeblich. Dort haben wir vereinbart, die Vertraulichkeit privater Kommunikation im Netz zu schützen. Die Bundesregierung wird auf europäischer Ebene auf dieser Grundlage verhandeln.

Anlasslose Kommunikationsüberwachung muss in einem Rechtsstaat tabu sein. Der Staat darf Messenger auch nicht dazu zwingen, Nachrichten vor Versendung massenhaft mitzulesen. Solchen Vorschlägen wird Deutschland auf EU-Ebene nicht zustimmen. 

Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt das Anliegen, Missbrauchsdarstellungen wirksam zu bekämpfen – eine klare Rechtsgrundlage und ein koordiniertes europäisches Vorgehen sind dafür unabdingbar. Besonders sensibel ist der Teil des Vorschlags, der sich nicht nur auf öffentliche Plattformen, sondern auch auf private digitale Kommunikation bezieht – etwa Messenger oder E-Mail. Für uns ist klar: Der Schutz der Vertraulichkeit der Kommunikationsinhalte ist ein hohes Gut.

Sexualisierte Gewalt an Kindern muss konsequent und effektiv verfolgt und noch andauernder Missbrauch verhindert werden. Die SPD-Bundestagsfraktion hat bereits in der letzten Legislaturperiode zu Beginn der Debatte um die Chatkontrolle umfangreiche Vorschläge erarbeitet, wie Kinder vor sexualisierter Gewalt besser geschützt werden können:

https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/position-kinder-vor-sexualisierter-gewalt-schuetzen.pdf

Sehr geehrter Herr F., ich hoffe ich konnte Ihnen mit meiner Rückmeldung helfen.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Miersch

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