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Matthias Miersch
SPD
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/ 11 Fragen beantwortet
Frage von Henry B. •

Warum wird ein Kernwahlversprechen nicht gehalten und sogar der Koalitionsvertrag gebrochen?

Sehr geehrter Herr Miersch

wie ich aktuell der Presse entnehmen kann, soll der Strompreis nicht, wie im Wahlkampf versprochen und mit dem Koalitionsvertrag beschlossen, gesenkt werden: "...Dafür werden wir als Sofortmaßnahme die Stromsteuer

für alle auf das europäische Mindestmaß senken und Umlagen und Netzentgelte reduzieren....". Zugesagt war, dass Unternehmen und Verbraucher um mindestens 5 Cent pro Kilowattstunde entlastet würden. Jetzt werden wieder einmal die Wähler enttäuscht und das Vertrauen in die Politik geschwächt. Werden Sie sich mit ihrer Fraktion dafür einsetzen , dass Versprechen eingehalten werden? Auch möchte ich darauf hinweisen, dass immer wieder darauf hingewiesen wurde, welche Bedeutung es hätte, wenn im Koalitionsvertrag die Formulierung steht "wir werden". Scheinbar kann selbst der Koalitionsvertrag nicht mehr ernst genommen werden, oder?

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Antwort von
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Sehr geehrte Herr B.,

ich verstehe, dass aufgrund der Diskussionen aktuell Ärger und Fragen aufkommen. Hier wird deutlich, wie ein Thema auch medial gesetzt wird und sich dadurch eine bestimmte Erzählung entwickelt. Auch ich frage mich, wie künftig erklärt und besser kommuniziert werden muss, um entsprechende Vorkommnisse zukünftig zu vermeiden. In der Sache selbst möchte ich auf einige Dinge hinweisen: 

  1. Alle Maßnahmen im Koalitionsvertrag haben wir unter den sogenannten Finanzierungsvorbehalt gestellt. Mir ist bewusst, dass diese Begründung nicht einfach zu verstehen ist, warum wir z. B. bei der Stromsteuer erst einmal das produzierende Gewerbe durch die Senkung fördern, die Verbraucherinnen und Verbraucher aber nicht. Es steht leider nur ein bestimmter Geldbetrag zur Verfügung, sodass diese Abwägungsentscheidungen zu treffen sind, obwohl wir im Koalitionsvertrag die Stromsteuersenkung für alle als Ziel erklärt haben. Es findet sich aber eben auch der Finanzierungsvorbehalt. Die Sicherung von Arbeitsplätzen war hier das entscheidende Argument.
  2. In der Diskussion geht unter, dass wir die Bürgerinnen und Bürger bei den Energiepreisen sehr wohl entlasten. So senken wir die Netzentgelte, was für eine vierköpfige Familie eine Ersparnis von 100 Euro im Jahr ausmacht. Darüber hinaus entfällt die Gasspeicherumlage, was bei den Betroffenen auch noch einmal eine Reduktion von ca. 60 Euro bedeutet. Die Stromsteuersenkung würde eine weitere Ersparnis von ca. 80 Euro im Jahr bedeuten. Diese Ersparnis pro Haushalt bei der Stromsteuer würde insgesamt ein Volumen für den Staat von ca. 5,4 Milliarden Euro bedeuten. Diese Summe ist aktuell nicht verfügbar, ohne dass in anderen Bereichen genommen werden müsste. Deshalb hat sich die Koalition dazu entschlossen, es in einem ersten Schritt bei der Senkung der Netzentgelte und der Aufhebung der Gasspeicherumlage zu belassen, was für den Saat eine Belastung von ca. 10 Milliarden Euro bedeutet. Selbstverständlich ist das Ziel weiterhin, die Stromsteuer für alle zu senken. Weshalb ich auf Punkt 3 hinweisen will.
  3. Wir haben in diesem Haushalt zahlreiche Vorhaben, die vor allem der Wirtschaft Stabilität geben sollen. So haben wir im Deutschen Bundestag den sogenannten Investitions-Booster beschlossen, der Unternehmen Anreize geben soll, in Deutschland zu investieren. Gleichzeitig haben wir das Sondervermögen, das nicht Gegenstand des allgemeinen Hausaltes ist, sondern für Investitionen in die Infrastruktur etc. ausgegeben werden soll. Nicht nur die Experten versprechen sich davon, dass wir ein Wirtschaftswachstum erzeugen, welches dem Staat dann auch weitere Einnahmen gibt, um die Ziele des Koalitionsvertrages (u. a. Senkung der Stromsteuer) dann auch zu realisieren. 

Abschließend hoffe ich, dass ich zumindest den Hintergrund etwas erörtern konnte. Seien Sie sicher, dass dieser Vorgang nicht nur mir zeigt, dass wir uns immer wieder prüfen müssen, wie man Ziele benennt, und wie die Ding kommuniziert werden müssen. 

 

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Miersch

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