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Matthias Fischbach
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Frage von Michael G. •

Würden Sie dem Antrag zur Prüfung eines Parteiverbots der "AfD" beim Bundesverfassungsgericht zustimmen?

Sehr geehrter Herr Fischbach,

der gemeinnützige Anti-Fake-News-Blog "Volksverpetzer" hat eine Petition gestartet. Diese Petition soll den Landtag dazu anregen, einen Antrag beim Bundesverfassungsgericht zu stellen. Dieser Antrag soll den Zweck haben zu überprüfen, ob die Partei "Alternative für Deutschland" eine Bedrohung für die deutsche Demokratie darstellt. Sollte dies der Fall sein, so wäre ein Verbot eben jener Partei die Konsequenz (siehe https://innn.it/afdverbot).

Werden Sie zukünftig einen derartigen Antrag aktiv unterstützen? Falls nein, würde mich interessieren warum.

Für weitere Informationen zur Petition verweise ich auf diesen Artikel:
https://www.volksverpetzer.de/aktuelles/pruefung-eines-afd-verbot-das-solltest-du-lesen/

Vielen Dank für Ihre Antwort und freundliche Grüße.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr G.

nein, ich würde zum aktuellen Zeitpunkt einen solchen Antrag nicht bundesweit befürworten.

Die Hürden für ein Parteiverbot sind aus guten Gründen verfassungsrechtlich sehr hoch. Wir haben bei den NPD-Verbotsverfahren gemerkt, wie schwer die Durchsetzung eines Verbots vor Gericht ist. Faktisch müssen auch erst einmal ausreichend Beweise gesammelt werden. Dies sehe ich zuvorderst als Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden. Da ich nicht dem Parlamentarischen Kontrollgremium angehöre, habe ich auch keine genaueren Informationen dazu, wie hier die Erkenntnislage ist.

Generell bin ich aber der Meinung, dass wir rechtsextreme Bestrebungen zuerst in den Köpfen bekämpfen müssen - Verbote sind da kein besonders geeignetes Mittel. Ich habe am NSU-Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags aktiv mitgewirkt und weiß daher aus anderen Beispielen, wie ineffektiv Verbote waren, das Wirken der rechten Szene zu bekämpfen. Viele der Akteure sind in den letzten Jahrzehnten nach Verboten einfach von einer Organisation zur nächsten gewechselt. Das bringt natürlich gewisse Aufwände für die rechte Szene mit sich, aber auch für die Polizei- und Sicherheitsbehörden. Tauchen die Rechten dann wieder in neuem Gewand auf, reagiert die Öffentlichkeit meist auch wieder unvoreingenommener. Was ist dann gewonnen?

Der Fokus muss daher auch auf einer besseren Demokratiebildung und der Vermittlung von Medienkompetenz in Schulen liegen. Hierzu habe ich als Bildungspolitiker bereits mehrere Initiativen im Landtag gestartet (z.B. schon 2019: https://www.sueddeutsche.de/bayern/vorstoss-im-landtag-fdp-fordert-mehr-politik-in-schulen-1.4504971). Wenn Schüler in Deutschland laut OECD nicht mehr Fakten von Meinungen unterscheiden können (https://www.zeit.de/news/2021-05/04/schueler-koennen-nur-schwer-fakt-von-meinung-unterscheiden), brauchen wir uns über den Erfolg von Fake News und darauf aufbauenden Parteien nicht wundern.

Rechte profitieren außerdem von grundsätzlicher Politikverdrossenheit. Wir müssen daher als demokratische Parteien der Mitte uns mit der Problemwahrnehmung der Menschen beschäftigen und Lösungen entwickeln, die sich wohltuend von dem abgrenzen, was die Populisten mit Schaum vor dem Mund von sich geben. Es darf aber in unserer Gesellschaft dabei nicht der Eindruck entstehen, dass es tabuisiert sei, bestimmte Problemwahrnehmungen zu benennen. Scheinbar totgeschwiegene Probleme sind ein Nährboden, den rechte Parteien nur allzu gerne aktiv nutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Fischbach