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Markus Grübel
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Frage von Emese B. •

Frage an Markus Grübel von Emese B. bezüglich Humanitäre Hilfe

Herr Grübel,

nach dem Brand in Moria hatte ich Sie gefragt, was Sie gegen die humanitäre Katastrophe machen wollen. Sie haben lang und ausufernd geantwortet. Aber passiert ist nichts. Letzte Woche wurde ein dreijähriges Mädchen in dem Lager vergewaltigt und kleine Kinder werden nachts von Ratten gebissen. Gibt es nicht mehr was Sie als Politiker tun können, um diese Menschen zu retten?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Bodolay,

vielen Dank für Ihre erneute Nachricht zum Flüchtlingscamp Moria auf Lesbos. Ich sehe die Situation vor Ort nach wie vor als eine Aufgabe für die gesamte EU. Nicht als eine für Griechenland alleine, ebenso nicht als eine alleine für Deutschland. Es ist wichtig, dass wir als Europäer gemeinsam eine Antwort auf diese immer noch bestehende Herausforderung im Mittelmeer geben. So wie alle anderen EU-Länder auch steht Deutschland in der Pflicht Griechenland zu unterstützen. Wie ich Ihnen bereits in der letzten Antwort schrieb, haben wir das in der Vergangenheit bereits auf vielfältige Weise getan und tun das auch weiter.

Deutschland selbst hat sich am 11. September 2020 zur Aufnahme von 150 unbegleiteten Minderjährigen aus Moria und anderen Hotspotcamps und am 15. September 2020 zur Aufnahme von 1.553 anerkannt schutzberechtigten Personen (Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte) im Familienverbund von den griechischen Inseln bereit erklärt. Einschließlich der Übernahmezusage von 53 unbegleiteten Minderjährigen und 243 Behandlungsbedürftigen Kindern samt Kernfamilie und damit von mehr als 1000 Personen im Zusammenhang mit dem Koalitionsbeschluss vom 8. März 2020 beläuft sich die Aufnahme aus Griechenland somit auf insgesamt rund 2.750 Personen.

Bei allen Bemühungen zur Entlastung Griechenlands durch die Übernahmen von Migranten und Flüchtlingen müssen wir jedoch auch beachten, dass wir damit kein falsches Signal senden. Angesichts der großen Herausforderung die Migration weltweit stellt darf nicht der Eindruck entstehen, Deutschland werde die Migrationsfrage schon alleine lösen. Gerade in Anbetracht der vielen Flüchtlinge in der europäischen Nachbarschaft wäre das kein gutes Signal. Der Schwerpunkt unserer Hilfe muss daher weiterhin vor Ort liegen. Eine nachhaltige Lösung in der Migrations- und Flüchtlingspolitik werden wir nur auf europäischer Ebene durch eine echte Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems erreichen. Ein gemeinsames Vorgehen der EU-Staaten bei der Aufnahme der Flüchtlinge erachte ich deshalb als zwingend erforderlich.
Genau deshalb ist auch der Wunsch einiger Bundesländer und Kommunen abzulehnen, die Entscheidung zur Aufnahme von Asylbewerbern mehr oder weniger in eigener Regie vorzunehmen. Wenn Migranten und Flüchtlingen in Deutschland aufgenommen werden, hat das stets gesamtgesellschaftliche Auswirkungen. Anerkannte Flüchtlinge sind nicht dauerhaft zu einem Aufenthalt in der Kommune oder dem Bundesland verpflichtet, das sie ursprünglich übernommen hat. Auch werden die Bundesländer bei den Kosten, beispielsweise für Unterbringung und Integration, massiv vom Bund unterstützt. Schließlich entfaltet die Aufnahme von Migranten und Flüchtlingen auch außenpolitische Wirkung. Das ist deutlich bei unseren Versuchen ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem voranzubringen zu spüren. Alleingänge auf Kommunal- oder Länderebene kann es deswegen nicht geben.

Das sich nichts tut ist übrigens nicht ganz richtig. Die EU-Kommission hat Anfang Dezember 2020 mit den griechischen Behörden und den EU-Agenturen einen detaillierten Plan dafür vereinbart, bis Anfang September 2021 ein neues, den Anforderungen entsprechendes Aufnahmezentrum auf der Insel Lesbos zu errichten. In dem Aufnahmezentrum sollen angemessene Bedingungen geboten werden und zügige, faire und wirksame Verfahren durchgeführt werden können. Das Zentrum soll über einen Wohnbereich mit Containern, einen speziellen Bereich für Neuankömmlinge, spezielle Container für unmittelbar notwendige medizinische Versorgung, sowie über Freizeitbereiche für Sport, Spielplätze und Fertighäuser für Bildung verfügen.

Ich erachte einen Ruf nach der vollständigen Aufnahme aller Flüchtlinge aus Moria/ Kara Tepe durch die Bundesrepublik als keine langfristig sinnvolle politische Lösung. Deutschland kann hier keinen Alleingang machen, aber sich wie bisher dennoch um eine Verbesserung der Situation vor Ort und um die Aufnahme besonders Schutzbedürftiger kümmern.

Mit freundlichen Grüßen
Markus Grübel

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