Frage zu geplannten Chat-Kontrolle. Was werden Sie gegen die drohende Beschließung der "Chat-Kontrolle" tun?
Sehr geehrter Herr Hafke,
Ich möchte fragen, was Sie konkret gegen die drohende Beschließung der "Chat-Kontrolle" tun?
FDP ist für mich noch eine Freiheit schützende Partei.
Deshalb gehe ich davon aus, dass Sie sich persönlich dagegen einsetzen.
Ich möchte Sie außerdem dazu auffordern, da Sie mich als Bürger ja im Parlament vertreten, alle erdenklichen Schritte einzuleiten um die "Chat-Kontrolle" zu verhinden.
Mit freundlichen Grüßen,
Krystian H.

Sehr geehrter Herr H.,
haben Sie herzlichen Dank für Ihre Nachricht. Ich teile Ihre Sorge. Die sogenannte „Chat-Kontrolle“ ist die Kurzbezeichnung für die geplante EU‑Verordnung zur Verhinderung und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern (CSA‑Verordnung). Nach derzeitigem Stand wird auf Ebene des Rates erneut über Elemente dieses Projekts beraten; verschiedene Medien und zivilgesellschaftliche Akteure rechnen mit einer Weichenstellung um den 13./14. Oktober 2025 im Umfeld des Rates „Justiz und Inneres“. Die offizielle Ratsseite weist den Termin der Tagung am 14. Oktober aus; die detaillierten Tagesordnungspunkte werden dort üblicherweise erst kurz vor der Sitzung veröffentlicht. Ich verfolge diese Lage eng und nehme die Befürchtungen aus der Gesellschaft sehr ernst.
Für mich steht fest: Ich lehne anlasslose, flächendeckende Scans privater Kommunikation – insbesondere „Client‑Side‑Scanning“ – ab. Ende‑zu‑Ende‑Verschlüsselung ist ein Fundament digitaler Freiheitsrechte und der IT‑Sicherheit. Das Europäische Parlament hat bereits im November 2023 eine Position beschlossen, die Verschlüsselung ausdrücklich schützt und Aufdeckungsanordnungen auf eng begrenzte, zielgerichtete Fälle mit richterlicher Anordnung beschränkt. Zugleich hat der Rat der EU bislang keine „Allgemeine Ausrichtung“ erzielt – auch deshalb wurde das Vorhaben wiederholt vertagt. Diese Linie bestärkt mich, die pauschale „Chat‑Kontrolle“ weiter entschieden zurückzuweisen.
Ich beziehe dabei ausdrücklich meinen Kollegen Moritz Körner, MdEP (LIBE‑Ausschuss), ein. Moritz Körner setzt sich seit Beginn des Verfahrens für den Schutz von Verschlüsselung und gegen generelle Scans privater Nachrichten ein; nach ausbleibenden Mehrheiten im Rat hatte er klar gemacht: Eine Chat‑Kontrolle darf in Europa nicht kommen. Ich stehe mit ihm in engem Austausch, damit die freiheitliche Position auch in der neuen Legislatur des Europäischen Parlaments tragfähig bleibt.
Gleichzeitig ist mir als Sprecher für Kinder, Jugend und Familie sowie Kinderschutz besonders wichtig: Effektiver Kinderschutz braucht wirksame, rechtsstaatliche Instrumente – nicht Massenüberwachung. Pauschale Scans bergen massive Grundrechtsrisiken, schwächen die IT‑Sicherheit aller, erzeugen Fehlalarme und binden Polizeiressourcen. Dass selbst führende Krypto‑Dienste davor warnen, verdeutlicht die Tragweite.
Parallel werbe ich für ein Bündel wirksamer, rechtsstaatlicher Alternativen: mehr spezialisierte Ermittlerinnen und Ermittler in LKA/BKA und bei Europol; schnellere, europaweit koordinierte Takedowns mit klaren Rechtsgrundlagen; Priorität für die Löschung an der Quelle statt globaler Inhalte‑Scans privater Kommunikation; besser ausgestattete Meldestellen, Beratung und Prävention; verpflichtende Transparenzberichte großer Plattformen zu gemeldeten und gelöschten Inhalten; passgenaue, richterlich angeordnete Maßnahmen, wenn konkrete Gefahr vorliegt – niemals generelle Durchleuchtung aller Bürgerinnen und Bürger. Diese Linie entspricht dem, was das Europäische Parlament bereits 2023 vorgezeichnet hat.
Unabhängig davon, wie die dänische Ratspräsidentschaft die Beratungen in den kommenden Tagen strukturiert, gilt: Ich werde jede Initiative unterstützen, die die IT‑Sicherheit stärkt, Kinder wirksamer schützt und zugleich die Grundrechte wahrt – und jede Initiative ablehnen, die unter dem Deckmantel des Kinderschutzes eine Infrastruktur für anlasslose Überwachung etablieren will. Dass der Deutsche Bundestag die Debatte zuletzt erneut aufgegriffen hat und die Uneinigkeit der Mitgliedstaaten bislang eine Ratsmehrheit verhindert hat, zeigt, dass Kritik wirkt und wir einen freiheitlichen Kurs durchsetzen können.
Als Vorsitzender der FDP Wuppertal und Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP‑Landtagsfraktion NRW stehe ich – gemeinsam mit den Freien Demokraten in NRW – für diese freiheitliche, zugleich kinderschutzorientierte Linie. Sie können sich darauf verlassen, dass ich persönlich alle parlamentarischen und politischen Möglichkeiten nutze, um eine „Chat‑Kontrolle“ zu verhindern und stattdessen rechtsstaatlich wirksame Maßnahmen zu stärken
Mit freundlichen Grüßen
Marcel Hafke MdL