Ist es aus Ihrer Sicht angezeigt, eine Minderheitsregierung, die auf wechselnde Mehrheiten angewiesen wäre, unbedingt zu verhindern, obwohl dies in Dänemark und Schweden die Regel zu sein scheint?
Artikel des Politologen Manow in: Stern Heft 45/2025
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. C.,
vielen Dank für Ihre Frage, über die man natürlich ausführlich polittheoretisch diskutieren könnte. Natürlich muss man eine Minderheitsregierung nicht um jeden Preis verhindern. SPD und Grüne haben z.B. nach dem Zerfall der letzten Bundesregierung bewiesen, dass man auch in einer Minderheitsregierung noch einige Vorhaben umsetzen und ein Mindestmaß an Stabilität gewährleisten kann. Ich glaube, dass solche Konstrukte in Deutschland aber nur für Übergangszeiträume funktionieren können. Abgesehen davon, dass Minderheitsregierungen in Skandinavien in viel formalisierter und von der Opposition tolerierter Form existieren, halte ich es immer für erstrebenswert, dass Deutschland eine Regierung mit stabiler Mehrheit hat. Je nach Thema immer wieder neue Mehrheiten finden zu müssen, würde den politischen Betrieb extrem langsam machen und Unsicherheit schaffen. Schon allein das Auftreten auf internationaler Ebene wäre für die Regierungsvertreter sehr schwierig, Deutschland könnte als wenig verlässlicher Partner wahrgenommen werden.
Ich bin daher froh, dass, trotz über die Jahre diverser gewordener Parteienlandschaft und Stärkung des rechten Randes, es insbesondere auf Bundesebene immer noch gelingt, eine ausreichend große Regierungsmehrheit demokratischer Parteien zu finden.
Mit freundlichen Grüßen
Macit Karaahmetoglu, MdB

