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Lothar Binding
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Frage von Rainer S. •

Frage an Lothar Binding von Rainer S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter H. Binding,

leider bleiben zum Thema Verlustverrechnung bei Termingeschäften von Privatanlegern immer noch viele Fragen bzgl. der Gesetzesbegründung offen.

1.) Bei einem Termingeschäft gibt es 2 Handelspartner. Der Gewinn des einen ist exakt der Verlust des Anderen. Dem entsprechend entsteht bei dem einen eine „Steuergutschrift“ beim anderen eine Steuerschuld. Der Verlust kann nicht mit anderen Einkunftsarten verrechnet werden.
Stimmt dieser Sachverhalt? Und wenn ja, wie begründen Sie daraus, dass Verluste aus Termingeschäften zu Lasten der Allgemeinheit gehen?
2.) Nach einer Studie von Prof. Dr. Lutz Johanning, von der WHU, werden 68,6% von Hebelprodukten zur Depotabsicherung verwendet. Ist Ihnen diese Studie bekannt?
Und wenn ja, wie begründen Sie Ihre immer wieder vorgetragene Behauptung, Privatanleger benutzen den Terminmarkt nur zum „Zocken“? Ist das nur ein Bauchgefühl ihrerseits, oder gibt es Belege dafür, dass die Zahl derer, die zocken, größer ist, als derjenigen, die absichern?
3.) Die Termingeschäfte an sich sind m.E. nach steuerneutral(siehe 1.). Da aber wesentlich weniger Geschäfte stattfinden werden, schmälert das die Erträge der Banken durch entfallene Orderentgelte etc. Gibt es eine Abschätzung, wie hoch dadurch die Steuerausfälle für den Staat sein werden?
4.) 2 Personen erwirtschaften am Terminmarkt im Jahresverlauf den gleichen Gewinn von 20000€. Eine Person zahlt 5275€ Steuern. Die andere Person zahlt u.U. 30000€ Steuern oder mehr (also mehr als der Gewinn). Wie begründen Sie es, dass diese 2 Personen für den GLEICHEN SACHVERHALT unterschiedlich behandelt werden? Und können Sie verstehen, dass das für einen einigermaßen intelligenten Normalbürger nicht nachvollziehbar ist?
5.) Sie führen immer wieder an, dass die eigenen Gewinne auf Kosten eines Anderen gemacht werden. Wieso gilt die eingeschränkte Verlustverrechnung dann nicht auch für Stillhaltergeschäfte? Als Stillhalter mache ich doch Gewinne auf Kosten des Optionskäufers.
Die oben gestellten Fragen spiegeln sehr viele ungeklärte Widersprüche ihrer bisherigen (zahlreichen) Antworten wider. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie durch Beantwortung der EINZELNEN Fragen zur Aufklärung beitragen könnten.

Mit freundliche Grüßen
Rainer Schönamsgruber

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schönamsgruber,

vielen Dank für Ihre erneute Frage zum Thema § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG. Zu diesem Thema erreichen mich viele, nahezu inhaltsgleiche Fragen – insgesamt bereits 27 von nicht einmal 20 Fragenden. Das können Sie hier auf Abgeordnetenwatch.de gut nachverfolgen. Nach einiger Zeit entstand der Eindruck, als hätten sich die Fragesteller hier miteinander abgestimmt. Deshalb habe ich in dieser Richtung eine kurze Internetrecherche betrieben und bin auch schnell fündig geworden. Im Forum der Webseite „wallstreet-online.de“ wird über die Regelung aus § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG diskutiert. Schnell lassen sich die Einträge zu meinem Namen filtern. Das können Sie hier einsehen: https://www.wallstreet-online.de/diskussion/1317120-21-30/tradings-steuerregel#k:Binding. Es treten teils abenteuerliche, wütende und schräge Einträge zu Tage.

Einige Nutzer präsentieren ganz eigene, interessante Theorien zur Entstehung der genannten gesetzlichen Regelung. Am 15.05.2020 schreibt bsw. der Nutzer „startvestor“: „Die Bindingsteuer wird 2021 zum Einsatz kommen“. Bislang war mir noch gar nicht bekannt, dass eine Steuer nach mir benannt wurde. Die Kolleginnen und Kollegen im Bundestag wählen meist die nüchterne Variante § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG. Besagter Nutzer „startvestor“ ist sich sicher, dass ich die Regelung irgendwie alleine durchgesetzt hätte und es mir gelungen ist „…die CDU und vermutlich auch [seine] SPD-Kollegen auszutricksen“ (29.12.2019).

Es ist in der Tat üblich, dass ich Gesetze, die mir besonders am Herzen liegen, im Alleingang formuliere, im Kabinett durchdrücke und im Bundesrat und Bundestag beschließe. Deshalb verteidige ich auch unsere Demokratie. Es geschieht was ich sage. Deshalb ist der Provisionsdeckel für die Lebens- und Restschuldversicherungen auch bereits umgesetzt, ebenso die Finanztransaktionsteuer, die Grundrente, eine gerechte Reform der Erbschaftsteuer, eine Reaktivierung der Vermögensteuer. Auch der Mindestlohn war mein Werk, die SPD Fraktion hat sich lediglich später dazu bekannt, besonders wichtig: die zur sozial-ökologischen Transformation notwendigen Gesetze habe ich schon beschlossen: keine prekäre Beschäftigung mehr, keine fossilen Brennstoffe, ein exzellent regulierter Finanzplatz. Leider war ich allerdings mal eine Sekunde abwesend und prompt haben CDU/CSU die Gunst der Sekunde genutzt und die diskriminierende Maut beschlossen und die Schlupflöcher im Kassenbetrugsbekämpfungsgesetz. Ich habe mir vorgenommen, künftig besser aufzupassen.

Der Nutzer „startvestor“ steigert sich immer weiter in sein Sündenbock-Denken hinein und stellt im weiteren Verlauf auch mal meine verfassungstreue in Frage: „Bindings Grundgesetz ist nicht unser Grundgesetz. Bei seinem steht in Artikel 1 die führende Rolle der marxistisch-leninistischen Partei.“ (14.02.2020). Der Nutzer will fortan darauf achten, ob ich mal „das Kapital von Marx“ zitiere „oder eine anderweitige Dummheit“ begehe, „damit klar wird, dass er [Binding] nicht auf dem Boden des Grundgesetzes steht“ (06.03.2020). Er stellt dann noch richtigerweise fest: „Binding kommt nicht aus der DDR“, rutscht dann aber wieder gedanklich ab: „aber sein Denken hängt offensichtlich tief in der Ideologie des Kommunismus fest“ (02.03.2020).
Dieser kurze Blick in das Forum zeigt, wie sachlich und inhaltlich zielgerichtet dort diskutiert und argumentiert wird. Vor allem aber wird für alle deutlich, wie die inhaltsgleichen Fragen zu dieser Debatte hier auf Abgeordnetenwhatch zu bewerten sind.

Der Nutzer „whatTheFunk“ erneuert am 15.05.2020 noch einmal die Aufforderung mir Fragen zu stellen: „Wenn ihr Lust habt, könnt ihr den Lothar Binding gerne weiter mit Fragen zubomben.“. Gibt es eine eigene Zockersprache?
Weiter führt er aus: „Ich denke zwar nicht, dass man ihn, den Ideologen schlechthin (der ja hinter dem Gesetz steht), zum Umdenken bewegen wird, aber besser als nix zu tun.“ Im Forum wird auch diskutiert, wie die Fragen gestellt werden sollten. Wohl möglichst so, dass ich nicht gut aussehe, aber jedenfalls nicht so, dass ich die Möglichkeit bekomme „ein Referat zu halten“. Da wird auch schon mal hart mit anderen Nutzern ins Gericht gegangen: „Das Problem bei der Frage an Binding, war halt die Frage selbst“. Das schreibt „bomike“ am 02.02.2020 und gibt der Community noch mit, sie solle nicht „dem Binding einen Elfmeter nach dem anderen [zu] schenken.“
Ich weiß nicht, ob auch Ihre Frage dem Aufruf im Forum von Wallstreet-Online folgt. Wie dem auch sei, mein Eindruck ist, dass sämtliche Argumente mit Kritik an der Neuregelung § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG hier bereits diskutiert wurden. Eine gute Übersicht über die Debatte finden Sie z.B. über diese Links:

* https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/lothar-binding/fragen-antworten/508766
* https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/lothar-binding/fragen-antworten/507082
* https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/lothar-binding/fragen-antworten/327679

Dort finden Sie auch nicht die Behauptung bestätigt, dass ich etwas gegen Derivate hätte. Dann wäre sie doch längst verboten. Im Gegenteil: ich denke Derivate haben ihre Berechtigung. Und sie haben auch unter Beachtung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG weiterhin ihre Bedeutung. Aber zum Thema Besteuerung, Anerkennung der Verluste, Privat- und Betriebsvermögen muss ich hier nichts wiederholen.

Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen weiterhelfen. Schließen möchte ich mit einem schönen Zitat über Karl Marx, genauer gesagt, über das zitieren von Karl Marx: „"Marx geht es wie der Bibel: Er wird viel zitiert und kaum verstanden." (Erich Fromm, Humanismus als reale Utopie).

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Lothar Binding