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Lisa Badum
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Petra B. •

Frage an Lisa Badum von Petra B. bezüglich Senioren

Direktversicherungen, die vor 2004 abgeschlossen wurden, müssen sofort beitragsfrei gestellt werden.
Für bereits gezahlte Beiträge muss es finanzielle Entschädigungen geben.
Längst überfällig ist die Beendigung der Doppelverbeitragung aller Betriebsrenten und Direkt-versicherungen, so wie es die rentenpolitischen Sprecher aller im Bundestag vertretenen Parteien fordern.
Allein es fehlt der Wille zur Finanzierung und die Kraft zur Durchsetzung.
Wir erwarten ernsthafte Anstrengungen aller Verantwortlichen für eine nachhaltige und
zukunftsorientierte Rentenpolitik, die als ersten Schritt grundsätzlich alle Steuer- und
Sozialbeiträge nur in der Einzahlungsphase anrechnet.
Die Verantwortlichen müssen endlich einsehen, dass Politik auf diesem Feld Vertrauen leichtfertig verspielt, wenn bei denen abkassiert wird, die verantwortungsvoll für das Alter vorgesorgt haben.

Wie und wann setzen Sie sich für die Beseitigung der Ungerechtigkeit ein?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau B.,

vielen Dank für Ihre Nachricht! Ich kann Ihre Frustration verstehen. Auch wir GRÜNE haben lange überlegt, was hierfür die beste Lösung sein kann.

Leistungen der betrieblichen Altersversorgung unterliegen seit langem der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Seit dem GKV-Modernisierungsgesetz von 2004 ist allerdings nicht mehr nur der halbe, sondern der volle Beitragssatz zu zahlen. Außerdem ist seitdem jede als Versorgungsbezug zu wertende Kapitalleistung beitragspflichtig, insofern sie auf vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlten Beiträgen beruht. Zahlen Arbeitnehmer*innen in der Anwartschaftsphase die Beiträge für ihre Direktversicherung als betriebliche Altersversorgung selbst, handelt es sich häufig um Zahlungen aus dem Nettoeinkommen. Diese Personengruppe hat ihre Betriebsrente also selbst aus bereits verbeitragtem Einkommen finanziert. Auch in der Auszahlungsphase (Rentenphase) unterliegt die Betriebsrente der Beitragspflicht.

Die aus Sicht vieler Betroffener fairste Lösung wäre eine Regelung, die gezielt diejenigen unterstützt, die vor 2004 einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen und in diesen allein eingezahlt haben. Denn die Betroffenen empfinden die bestehende Regelung zurecht als ungerecht, da sie sich im Glauben an eine dauerhafte Beitragsfreiheit für diese Form der Alterssicherung entschieden haben.

Allerdings fehlt eine ausreichende Datengrundlage, um die betroffenen Personen einwandfrei zu identifizieren. Deshalb haben wir uns zu einem Lösungsvorschlag durchgerungen, der für alle gilt - also auch etwa für diejenigen, die über eine beitragsfreie Entgeltumwandlung vorgesorgt haben, womit eine volle Verbeitragung ihrer Betriebsrenten im Prinzip korrekt wäre. Eine Halbierung des Beitragssatzes würde in diesen Fällen eine eigentlich nicht gerechtfertigte Gewährung eines Vorteils zulasten der Versichertengemeinschaft bedeuten. Trotzdem erkennen wir mit Blick auf das wichtige rentenpolitische Ziel einer Stärkung der betrieblichen Altersversorgung die Notwendigkeit einer Entlastung bei den Krankenversicherungsbeiträgen von BetriebsrentnerInnen an. Da es aber keine trennscharfe, sondern nur eine Generallösung geben kann, die im Übrigen ja auch für die Zukunft gilt, kann diese Lösung nicht so umfangreich ausfallen.

Deshalb sehen wir vor, einen Freibetrag einzuführen. Die entsprechenden Einnahmeausfälle sollen den gesetzlichen Krankenkassen aus Steuermitteln ersetzt werden. Damit entlasten wir zielgerichtet Personen mit vergleichsweise kleinen Betriebsrenten: Mit der Einführung eines steuerfinanzierten Freibetrages in Höhe von 150 Euro kommen auch Betriebsrentnerinnen und -rentner mit einer Betriebsrente von beispielsweise 200 Euro in den Genuss einer spürbaren Verringerung ihrer Beitragslast. Es ist uns bewusst, dass diese "kleine Lösung" sicherlich nach wie vor für diejenigen, die vor 2004 eine Direktversicherung "aus eigener Tasche" finanziert haben, eine nicht vollständig befriedigende Lösung darstellen mag. Aber wir müssen in puncto fiskalischer Machbarkeit, sozialpolitischer Zielgenauigkeit und technischer Durchführbarkeit eine Abwägung vornehmen und einen Kompromiss finden.

Die Koalition ist nun in der Pflicht, erstens eine Lösung im Sinne der betroffenen Menschen auf den Weg zu bringen und zweitens einen tragfähigen Finanzierungsvorschlag zu erarbeiten.

Mit freundlichen Grüßen

Lisa Badum

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