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Klaus-Peter Willsch
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Frage von Werner E. •

Frage an Klaus-Peter Willsch von Werner E. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Willch,

die Förderung der Wirtschaft hat auch große Nachteile für die Mitbürger. Nachfolgend ein Beispiel: In Limburg Linter wird die Hauptstraße neu gemacht und auf Grund dass die Baufirmen durch die Förderung ausgelastet sind, kamen nur 2 Angebote mit dem Erfolg dass die Straße um 600000 € teuer wird als geplant. Diese Mehrkosten müssen natürlich die Anlieger zahlen, also der kleine Mann oder Frau. Dazu hätte ich gerne mal ihre Meinung gewußt.

Mein zweites Anliegen die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel:
Sie haben ja mit der FDP schnellstens die MWST für das Hotelgewerbe auf 7% gesenkt, da ja in den Nachbarländer die MWST ja nur 7% wäre ( in Österreich nach meinem Wissen 10 %). Haben Sie dazu auch mal die Mindestlöhne in den anderen Länder verglichen? Jedoch die MWST auf Medikamente bleiben weiterhin auf 19% obwohl in der überwiegender Zahl der EU Länder die MWST bei Medikamenten unter 10 % ist. Hier wäre doch eine hohe Einsparung der Gesundheitskosten möglich oder will der Staat auf diese Einnahme von Kranken nicht verzichten obwohl die Medikamente doch für den Kranken lebensnotwendig sind. Eine niedrige MWST ist doch weder für eine Hotelübernachtung noch für eine Zeitung u.s.w lebensnotwendig. Für eine Stellungsnahme wäre ich Ihnen sehr dankbar.

Mit freundlichen Grüßen
Werner Engelhardt

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Engelhardt,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

In der Tat kann es durch Konjunkturmaßnahmen zu solchen von Ihnen beschrieben Situationen kommen. Aus diesem und anderen Gründen habe ich im letzten Jahr gegen das Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität gestimmt. Schon damals habe ich vor dem von Ihnen beschriebenen Szenario gewarnt:

"Öffentliche notwendige Infrastrukturinvestitionen vorzuziehen, ist ebenfalls eine grundsätzlich geeignete Maßnahme. Dabei ist darauf zu achten, dass die Nachfragewirksamkeit schnell genug eintritt und unausgelastete Produktionsfaktoren zur Umsetzung zur Verfügung stehen, sonst wirkt die erhöhte öffentliche Nachfrage nur preissteigernd und verdrängt schlimmstenfalls geplante private Investitionsnachfrage." (Auszug aus der Erklärung, mit dem ich mein ablehnendes Stimmungsverhalten dargelegt habe).

Im Falle der Hauptstraße in Linter verhält es sich aber nicht so, wie von Ihnen geschildert: Nur die Fahrbahn kostet mehr als kalkuliert; die Nebenanlagen (Bürgersteig etc.) hingegen weniger. Da für den Bürger nur die Nebenanlagen ein kostenrelevanter Faktor sind, müssen die Anwohner also weniger zahlen als erwartet. Die Mehrkosten für die Fahrbahn werden nicht auf die Anwohner umgelegt.

Die Frage einer möglichen Absenkung des Mehrwertsteuersatzes bei Arzneimitteln sollte nicht isoliert, sondern vielmehr im Rahmen einer umfassenden Diskussion über die dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegenden Produkte insgesamt erörtert werden. Wir wollen dabei eine strukturelle Überprüfung der Vorschriften zur Mehrwertsteuerbelastung mit dem Ziel, nicht mehr zeitgemäße und für die Bürger nicht nachvollziehbare Belastungswirkungen zu korrigieren und insbesondere die europäische Wettbewerbssituation bestimmter Bereiche zu berücksichtigen.

Dabei ist zu bedenken, dass eine Absenkung von einzelnen Produkten zu teilweise ganz erheblichen Steuerausfällen führen würde. In Anbetracht der nach wie vor angespannten Haushaltslage ist eine derartige isolierte Steuersenkungen derzeit daher nicht beabsichtigt - es würde sich zudem sofort die Frage nach einer Gegenfinanzierung stellen. Eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel würde zu Steuerausfällen von rd. 3,7 Mrd. € führen.

Was die mögliche Entlastung der Verbraucher bei einer Absenkung des Mehrwertsteuersatzes bei Arzneimitteln anbelangt, so ist zu sehen, dass die mögliche Weitergabe einer Steuerersparnis an die Verbraucher von staatlicher Seite grundsätzlich nicht sichergestellt werden kann. Der Preis für einzelne Produkte wird letztlich durch den Markt bestimmt.

Die Komplexität einer möglicher Absenkung des Mehrwertsteuersatzes zeigt auch der Erfahrungsbericht der Europäischen Kommission vom 2. Juni 2003 zu den ermäßigten Mehrwertsteuersätzen auf bestimmte arbeitsintensive Dienstleistungen wie z.B. häusliche Pflege, Friseurdienste oder Renovierungsarbeiten (KOM (2003) 309 endg.)). Der erwünschte Erfolg einer vollständigen Übertragung der Mehrwertsteuerermäßigung auf die Verbraucherpreise ließ sich hier nicht nachweisen. Auch wenn die hier angesprochenen Bereiche mit dem Arzneimittelmarkt sicher nicht unmittelbar vergleichbar sind, zeigt dieses Ergebnis jedoch anschaulich, dass es in einem freien Markt keinen zwingenden Automatismus zwischen der Absenkung des Mehrwertsteuersatzes und einer vollständigen Übertragung der Mehrwertsteuerermäßigung auf die Verbraucherpreise gibt.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus-Peter Willsch MdB

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