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Kirsten Kappert-Gonther
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Heike R. •

Frage an Kirsten Kappert-Gonther von Heike R. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Kappert-Gonther,
ich benötige dringend ein Medikament und höre von der Politik nur Ausflüchte von "vorrübergehenden" Lieferengpässen, irgendwelche Quellenangaben des Paul Ehrlicher Instituts usw.
Alles absolut nicht hilfreich.
Was eigentlich unternehmen Minister, Ministerium und Regierung, außer Beschwichtigung und geheuchelte Besorgnis?
Wenn Medikamente zwar sofort für z.B. die Kanzlerin (Pneumokokkenimpfstoff) zur Verfügung stehen, aber für den normalen Menschen ausverkauft sind, hat dies nichts mit "vorrübergehender Engpass" zu tun.
quelle:https://www.lokalkompass.de/duesseldorf/c-politik/haeusliche-quarantaene-fuer-angela-merkel-nach-pneumokokken-impfung_a1333098
quelle: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/03/16/wann-gibt-es-wieder-pneumokokken-impfstoffe
Im Übrigen sind vor dem GG alle Menschen gleich zu behandeln, also auch ich und prominente Politiker, wenn es um Medikamentenversorgung geht, oder?
Wissen Regierungsmitglieder eigentlich von fehlenden Medikamenten für Normalmenschen, da sie selbst ja besten versorgt scheinen?
Es fehlen überall Medikamente, es wird immer schlimmer, es bilden sich Schlangen in Apotheken.
Quelle: https://www.nordkurier.de/pasewalk/apotheken-gehen-die-medikamente-aus-0836041707.html
Sehr geehrte Frau Kappert-Gonther, was konkret unternehmen Sie als gewählte Volksvertreterin, Ärztin und Ausschussmitglied, um die verantwortlichen Regierungsmitglieder der Medikamentenmisere zu stellen und einen verbindlichen, vor allen transparenten Aktionsplan von diesen verantwortlichen Politikern einzufordern?

Warum gibt es keine gesetzliche Regelung, dass ich mein Rezept in der Apotheke einreichen kann und dann wenigstens auf ein Warteliste komme, die je nach Medikamenteneingang abgearbeitet wird?
Wie komme ich zu meinem Medikament/Impfstoff, wenn es nicht einmal Wartelisten gibt?

Bitte als Antwort keine Verweise auf die STIKO oder irgendwelche Statistiken/Übersichten/Analysen/... des Paul Ehrlicher Institutes.
Bitte auch keinen Tip, meinen Arzt anzusprechen, das habe ich schon, er ist auch über den Mangel und die Arbeit unserer verantwortlichen Gesundheitspolitiker frustriert.
Wo kann ich den (zugelassenen und von der StIKo empfohlenen) Impfstoff Shingrix bestellen und ggf. auch privat den Mehrpreis bezahlen?
Wenn er schon nur für Polit-VIP`s (wie Pneumokokkenimpstoff ?) verfügbar scheint, weshalb werden dann mit Restbestände nicht vorzugsweise besonders gefährdete Personen, nach einem Auswahlschlüssel, geimpft?

H. R.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Rogall,

vielen Dank für Ihr Schreiben. Gerade ältere, chronisch oder psychisch kranke Patientinnen und Patienten empfinden es als sehr belastend und verunsichernd, wenn notwendige Medikamente in der Apotheke nicht lieferbar sind. Sie sind seit Jahren auf ein bestimmtes Präparat eingestellt und müssen dieses nun kurzfristig absetzen oder werden auf ein anderes Mittel oder eine andere Dosierung umgestellt. Das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Sicherheit unseres Gesundheitswesens wird in diesen Momenten auf eine harte Probe gestellt.

In der politischen Diskussion werden bereits einige Maßnahmen gegen Lieferengpässe bei Arzneimitteln beraten. Einige Vorschläge setzen sich mit einer Änderung des Rabattvertragssystems – bis hin zu verpflichtenden Mehrfachvergaben – auseinander. Wir Grüne im Bundestag sind der Meinung, dass das derzeitige Rabattvertragssystem ein effektives Mittel ist, um im Interesse der Versicherten eine wirtschaftliche Versorgung mit Arzneimitteln zu erreichen. Darüber hinaus sind die Rabattverträge kein geeigneter Ansatzpunkt, um die Engpass-Problematik zu lösen.

Eine hohe Transparenz über den Umfang und die Ursachen von Lieferengpässen ist die Voraussetzung für die Steuerung weitergehender Maßnahmen. Deshalb setzen wir vor allem auf mehr Transparenz im Liefergeschehen. Die Lieferketten und -engpässe müssen besser und regelmäßig nachvollzogen werden. Wir wollen daher eine Meldepflicht bei allen Medikamenten-Engpässen und nicht nur bei versorgungsrelevanten Medikamenten.

Im Einzelnen schlagen wir Grüne vor:
- In der Verantwortung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wird ein zentrales Register aufgebaut. Durch dieses Register können die Behörden bei drohenden Lieferengpässen mittels weiterer Maßnahmen frühzeitig gegensteuern.
- Es wird eine Meldepflicht geschaffen. Der pharmazeutische Großhändler meldet in das zentrale Register Informationen über die Verfügbarkeit der Arzneimittel auf dem deutschen Markt. In standardisierter Form werden so regelmäßig Daten zur Verfügbarkeit der Arzneimittel, der Packungsgrößen und Darreichungsformen übermittelt. Der pharmazeutische Großhändler meldet Daten zu Lieferschwierigkeiten oder Nicht-Lieferbarkeit seitens der Hersteller sowie Daten zu Veränderungen der Vorratsbestände des Großhandels an das Register.
- Das Monitoring und die Meldung der Daten durch den pharmazeutischen Großhandel werden vergütet.

Diese und weiterführende Maßnahmen adressieren wir in einem Autorinnenpapier, das wir im Januar 2020 veröffentlicht haben und das Sie hier aufrufen können: https://schulz-asche.de/autorenpapier-wirksame-massnahmen-fuer-eine-verlaessliche-und-sichere-arzneimittelversorgung/

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Kirsten Kappert-Gonther

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