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Katrin Göring-Eckardt
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Frage von Antonio C. •

Frage an Katrin Göring-Eckardt von Antonio C. bezüglich Soziale Sicherung

Liebe Frau Göring-Eckardt,

heute Morgen bin ich an einem Werbeplakat vorbeigelaufen, der Wortlaut in etwa "Verzichten sie auf zwei Kugeln Eis und machen sie dafür ein Kind eine Woche lange satt". Dieses Plakat regte mich zum Nachdenken an.

Laut einer Studie der Umweltstiftung WWF landen allein in Deutschland jedes Jahr rund 18,4 Millionen Tonnen an Nahrung im Müll, davon rund 346 Millionen Kilogramm Fleisch. Abgesehen von der Verschwendung mussten dafür umgerechnet 45 Millionen Hühner, vier Millionen Schweine und 200.000 Rinder sterben.
Insgesamt landen, allein in Deutschland, 30-40% der Lebensmittel im Müll. Davon fallen knapp 40% in Privathaushalten an, die übrigen Anteile fallen auf Gastronomie, Handel und Produktion.

Ich frage mich, warum es keine Steuer für derartige Lebensmittelabfälle gibt? Könnte man mit einer solchen Steuer doch viele Probleme auf einmal lösen. Weniger sinnlose Schlachtungen, Hilfe für Entwicklungsländer, ein nachhaltiger Handel und vielleicht sogar ein neues Bewusstsein für Lebensmittel in der Gesellschaft. Und immerhin zahlen wir ja auch für unser Abwasser.
Warum also, wird so etwas Naheliegendes nicht im Bundestag thematisiert oder -noch besser- umgesetzt?

Persönlich würde ich es bevorzugen, wenn die Erlöse aus dieser Steuer ungehindert und unbürokratisch in die Dritte Welt fließen. Aber das ist ein anderes Kapitel.

Mit besten Grüßen
Antonio Chrome

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Chrome,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Lebensmittelverschwendung in Deutschland ist tatsächlich ein Riesenproblem. Die Bundesregierung ist mit ihrem erklärten Ziel die Lebensmittelabfälle bis 2020 zu halbieren gescheitert, weil nicht ausreichend aktuelle und verlässliche Daten zum Ausmaß der Verluste auf den verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette präsentiert werden können. Anstrengungen, um die Datengrundlage zu schaffen, sind bis heute nicht umgesetzt. Mit den bisherigen Maßnahmen zielt Ernährungs- und Landwirtschaftsminister Schmidt lediglich auf Privathaushalte ab, dabei geschieht 60 Prozent der Lebensmittelverschwendung bereits beim Verarbeiten im Lebensmitteleinzelhandel, in Kantinen oder Restaurants.

Andere Länder wie Großbritannien, Frankreich oder Dänemark sind da weiter. Dort wurden z.T. gesetzliche Maßnahmen ergriffen und nationale Strategien erarbeitet, um die Verluste einzudämmen. 16 Parlamente aus den EU- Mitgliedsstaaten haben zudem die Europäische Kommission aufgefordert, einen EU-weiten Reduktionsplan vorzulegen. In Nordrhein-Westfalen hat der Grüne Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz einen Runden Tisch ins Leben gerufen, bei dem die verschiedenen Akteure gemeinsam daran arbeiten, Lebensmittelverluste auf allen Stufen der Wertschöpfungskette zu verringern.

Da nur ein kleinerer Teil der Lebensmittelverschwendung direkt beim Verbraucher entsteht, würde eine Steuer, wie von Ihnen angeregt, nur wenig bewirken. Verbesserungen bei der Wertschöpfungskette erscheinen wirkungsvoller. Aber auch direkt bei den Verbrauchern gibt es Handlungsmöglichkeiten. So sorgt das Mindesthaltbarkeitsdatum oft für Verwirrung und Lebensmittel wie Reis oder Nudeln werden nach Ablauf in den Müll geworfen, obwohl sie bei guter Lagerung länger haltbar wären. Hier plädieren wir schon seit längerem für eine Neuausrichtung der Verbraucherpolitik.

Mit freundlichen Grüßen
Büro Göring-Eckardt

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