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Katharina Dröge
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Frage von Roland S. •

Frage an Katharina Dröge von Roland S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Dröge,

zur Stützung der durch die Corona Krise gebeutelten Unternehmen stehen diverse Maßnahmen zur Debatte. Einen großen Brocken diskutiert die Regierung in Form einer Autokaufprämie mit dem VDA und den Automobilherstellern. Es steht außer Frage, dass ein Anreiz zum Kauf neuer Pkw der notwendigen Mobilitätswende entgegenwirkt. Herrn Verkehrsminister Scheuers Idee, den Kauf aller Pkw mit einem CO2 Ausstoß bis 140 mg/km zu fördern, setzt dem Lobbyismus die Krone auf: ab 2021 gilt der EU-Grenzwertes von 95 mg/km. Herr Scheuer möchte also mit meinen Steuern den Verkauf von Dinosauriertechnik fördern anstatt auf die Zukunft ausgerichtete Verkehrskonzepte zum Anschub der Wirtschaft zu nutzen. Was halten Sie davon und wie stehen Sie zu der Idee einer Mobilitätsprämie für alle?

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

das Konjunkturpaket der Großen Koalition zur Bewältigung der Wirtschaftskrise ist leider kein Aufbruch für den Klimaschutz und hat eine deutliche soziale Schieflage. Um die Corona-Krise zu bewältigen, braucht es gezielte Unterstützung für Unternehmen und Arbeitnehmer*innen, Investitionen in den sozialen Zusammenhalt sowie in Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Das Konjunkturpaket der Bundesregierung ist besser als erwartet. Gemessen an früheren Konjunkturprogrammen ist dieses Paket ein Fortschritt, gemessen an den Herausforderungen, vor denen wir stehen, springt es zu kurz.
Die Abwrackprämie - und damit in fossiler Rückschritt - wurde verhindert, das ist ein großer Erfolg der Klimabewegung. Ein echter Aufbruch für konsequenten Klimaschutz braucht aber mehr als einzelne Förderprogramme und altbekannte Maßnahmen: Er braucht Entschlusskraft bei der Umsetzung und Langfristigkeit, damit entsprechende Investitionen in die Transformation auch erfolgen.

Eine Offensive für die Verkehrswende bleibt leider ganz aus. Zwar gibt es keine Prämie für fossile Verbrenner – ein großer Erfolg. Zu begrüßen sind auch die Transformationszuschüsse für die Zulieferindustrie und verstärkte Anstrengungen für Ladesäulen und Batteriezellenproduktion. Aber es gibt auch Schatten: die Kaufzuschüsse für E-Autos gelten nun auch für kaum effiziente Plug-In-Hybride. Die Deutsche Bahn AG wird ohne Plan mit Milliarden gepäppelt und für den ÖPNV nur ein Teil der Einnahmeausfälle ersetzt. Investitionsanreize für den Ausbau des Radverkehrs fehlen völlig.
Schade ist, dass konkrete Maßnahmen für eine Ausbauoffensive bei den Erneuerbaren Energien fehlen. Ängstlich bleiben SPD und Union immer dann, wenn es um verbindliche Auflagen geht. Völlig fehlen Ansätze zur Energie- und Ressourceneffizienz, die Kreislaufwirtschaft kommt überhaupt nicht vor. Die Dekarbonisierung der Wirtschaft kann nicht gelingen, wenn fossile Energieträger einfach durch Wasserstoff ersetzt werden sollen und eine Steigerung der Ressourceneffizienz nicht vorgesehen ist - die Klimakrise erlaubt einfach keine Zeit mehr für lange Prüfaufträge.
Angesichts der Klimakrise und des erheblichen Modernisierungs- und Transformationsbedarfs sollte der Klimaschutz die zentrale Säule eines Investitionspaketes sein. Kaum ein Lebensbereich muss und wird sich in den nächsten Jahren so sehr ändern wie die Mobilität. Deshalb muss hier massiv in neue Infrastrukturen investiert werden.

Wir wollen ein Bahnsystem, das die Menschen zuverlässig und zügig in jede Region unseres Landes bringt. Dazu wollen wir die Mittel für den Neu- und Ausbau des Eisenbahnnetzes deutlich erhöhen, Strecken reaktiveren und bis 2030 die Streckenelektrifizierung von heute 60 auf mindestens 75 Prozent erhöhen. Der ÖPNV muss attraktiver gestaltet werden, sowohl in den Metropolen als auch im ländlichen Raum. Deshalb wollen wir ein Beschaffungsprogramm auflegen - unter anderem für Investitionshilfen direkt an die Verkehrsunternehmen. Das Programm soll die Beschaffung von Betriebsmitteln wie Bussen mit elektrischen Antrieben ebenso unterstützen, wie Digitalisierungsmaßnahmen und die Beschaffung von Poolingfahrzeugen.

Wir wollen den Umweltverbund stärken, indem wir den Bau von Mobilitätsstationen und Radparkhäusern zum sicheren Abstellen von Rädern fördern und den Bau von Rad(schnell)wegen beschleunigen. Außerdem wollen wir den Kauf von E-Lastenrädern als saubere Alternative zum Auto mit Zuschüssen fördern. Wir wollen den Wandel hin zur Elektromobilität unterstützen. Deshalb wollen wir das Förderprogramm für den Aufbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur für Elektromobilität bereits kurzfristig deutlich aufstocken und von Bürokratie befreien. So soll das Ladesäulennetz schneller errichtet und enger geknüpft werden. Durch eine zeitlich befristete finanzielle Förderung muss auch die Schaffung von privaten Ladepunkten unterstützt werden.

Mit freundlichen Grüßen
Katharina Dröge

 

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