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Kai Gehring
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Frage von Sharon A. •

Planen oder Unterstützen Sie einen Aufruf zum Waffenstillstand und/oder einen Spendenaufrufe für die Menschen in Gaza?

Am 25.02.2022 haben Sie sich für einen Spendenaufruf der Aktion Deutschland Hilft mit dem Stichwort „Ukraine“ stark gemacht. Warum gibt es aber keine Unterstützung Ihrerseits für einen Aufruf mit dem Stichwort „Nahost“?
Weder zu den Opfern in Gaza, noch zu den Opfern im Westjordanland, die die Folgen des 07. Oktobers zu spüren bekommen, haben Sie sich (laut meiner kurzen Recherche im Internet) geäußert.
Eine Möglichkeit wäre gewesen, diesen Parteiübergreifenden und internationalen Aufruf (https://parliamentariansforceasefire.org) zu unterstützen, um sich öffentlich zu äußern. Hatten Sie von diesem Aufruf Kenntnis und wenn ja, wieso haben Sie den nicht unterstützt?
Was kann man in Zukunft von Ihnen erwarten, im Umgang mit den vielen Toten, Verletzten und Vertriebenen? Diese bekommen vor dem Hintergrund der Berichterstattung über Brüche des Menschenrechts und der Genozid-Konvention noch einmal eine andere Dimension.(Quellen: ReliefWeb, Law4Palestine, ICJ - Genocide Israel-Gaza Case)

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr A.,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Die Ereignisse in Israel und im Gaza-Streifen haben auf beiden Seiten des Konflikts traumatische Dimensionen. Der Verlust unschuldiger Menschenleben in Gaza, im Westjordanland und Israel ist zutiefst tragisch und inakzeptabel. Der Schutz von Zivilsten sollte höchste Priorität haben - unabhängig von politischen Standpunkten. Die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und die Suche nach diplomatischen Lösungen sind daher von höchster Bedeutung.

Das habe ich auch in meinem Gastbeitrag in der Frankfurter Rundschau vom 1.11 deutlich gemacht. https://www.fr.de/meinung/gastbeitraege/antisemitismus-an-schulen-frieden-faengt-im-kleinen-an-92649349.html

Im Rahmen des Völkerrechts hat Israel ein Recht und die Pflicht auf Selbstverteidigung. Deshalb ist Kritik an der Kriegsführung auch möglich und nötig. Gleichzeitig ist für uns Deutsche das Existenzrecht Israels durch nichts zu relativieren. Israel kämpft gegen einen Feind, die Hamas, die nicht nur dieses Existenzrecht anzweifelt und gezielt unschuldige Zivilisten massakriert, sondern die auch unschuldige Zivilbevölkerung in Gaza auf perfide Weise als Schutzschilde nutzt.

Zusammen mit der Grünen Bundestagsfraktion stehe ich fest zu Menschenrechten, zum humanitären Völkerrecht und den darin festgeschriebenen humanitären Prinzipien. Danach sind die Zivilbevölkerung und zivile Infrastruktur, v.a. Krankenhäuser, Schulen und Hochschulen unter allen Umständen zu schützen. Das gilt auch für die israelische Seite.

Gleichsam verstoßen der Angriff auf unschuldige Zivilisten in Israel sowie der Missbrauch von Zivilisten als Schutzschilde im Gaza-Streifen durch die Hamas und die Nutzung ziviler oder medizinischer Einrichtungen als militärische Infrastruktur ebenfalls gegen alle Regeln des humanitären Völkerrechts.

Humanitäre Hilfe hat das alleinige Ziel, Leben zu retten und Leiden zu mindern und richtet sich unterschiedslos an Opfer von Konflikten, Katastrophen und Gewalt. Sie muss neutral, unparteilich und unabhängig sein, d.h. von diesen Prinzipien geleitet und frei von politischen Interessen und jeglicher Instrumentalisierung. Diese universellen Werte gelten natürlich auch in diesem Konflikt für Zivilisten auf beiden Seiten.

Für uns steht außer Frage, dass alle Anstrengungen unternommen werden müssen, damit die Menschen vor Ort schnellstmöglich sicheren Zugang zu dringend notwendiger humanitärer Hilfe – Lebensmittel, Wasser, medizinische Versorgung – erhalten.

Die Bundesregierung setzt sich daher gemeinsam mit internationalen Partnern mit Nachdruck für einen humanitären Zugang nach Gaza ein und steht selbst bereit, Hilfe zu leisten. Entsprechend hat die deutsche Bundesregierung beschlossen, dass wir unsere humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung in Gaza um 50 Millionen Euro erhöhen (https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/nahermittlererosten/-/2627842).

Unsere Fraktion ist diejenige, die im Bundestag am hartnäckigsten eine Zwei-Staaten-Lösung als Ergebnis eines internationalen Friedensprozesses und in einer gemeinsam verhandelten Lösung beider Seiten fordert. Gemeinsam mit allen demokratischen Fraktionen im Bundestag haben wir daher die Bundesregierung dazu aufgefordert, die Anstrengungen für eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung zu stärken, wie Sie hier einsehen können: https://dserver.bundestag.de/btd/20/087/2008736.pdf

Eine diplomatische Lösung und friedensstiftenden Perspektive, hat für uns oberste Priorität. Die Pendeldiplomatie von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und anderer westlicher Diplomaten im Nahen Osten hat einen entscheidenden Anteil hieran.

Viel zu viele unschuldige Menschen sind bereits bei den Terror-Angriffen der Hamas und den Gegenschlägen Israels gestorben oder schwer verwundet worden. Diese Spiralen der Gewalt werden wir nur durchbrechen können, wenn wir es schaffen, für alle Menschen in Israel und Palästina Zukunftsperspektiven aufzuzeigen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen 

Kai Gehring

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