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Julia Klöckner
CDU
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Frage von Antje S. •

Frage an Julia Klöckner von Antje S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Klöckner,

ist der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr nun ein Friedenseinsatz, oder muß die Bundeswehr dort Krieg führen?

Wieso gibt es von Seiten der Bundesregierung immer noch keine Ausstiegsstrategie für Afghanistan, und halten Sie den Tod von inzwischen über 30 deutschen Soldaten im Afghanistan-Einsatz für gerechtfertigt?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Schulz,

ich freue mich über Ihr Interesse an den außenpolitischen Vorstellungen der CDU zum Thema Afghanistan.

Zu Ihrer Frage "Friedensmission oder Kriegsführung in Afghanistan?" ist zu sagen, dass Deutschland Hilfe zum Wiederaufbau des zerrütteten Landes in Form von Energie- und Trinkwasserversorgung, nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung und dem Ausbau der Bildungsmöglichkeiten leistet. Damit wurden auch schon beachtliche Erfolge erzielt, u.a. das stetige Wachstum von Wohlstand und Wirtschaft, die hohe Zahl (inzwischen 7 Mio.) Kinder, die zur Schule gehen, der Bau von Schulgebäuden und Universitäten, der Ausbau der Infrastruktur (14 000 km Straße wurde neu gebaut oder repariert) und der medizinischen Versorgung, zu der inzwischen etwa 85% der Bevölkerung Zugang haben. Die Gleichberechtigung der Frauen wurde vorangetrieben, sie ist jetzt sogar in der Verfassung verankert. Freie Meinungsäußerung ist heute durch mehr als 80 Radio- und Fernsehstationen gewährleistet. Zu all diesen Verbesserungen hat Deutschland beigetragen. Auch deshalb: Die Bundeswehr führt keinen Krieg in Afghanistan. Sie ist Partner der Afghanen im Kampf gegen Aufständische. Dazu muss sie in kriegerischen Auseinandersetzungen bestehen - als Partner der Afghanen.

Der ISAF-Einsatz kann beendet werden, wenn die afghanische Regierung die Sicherheit und Stabilität im eigenen Land garantieren kann. Dann wird von dort aus auch für uns keine Gefahr mehr ausgehen. Dies ist das Ziel des Einsatzes. Je schneller dieses Ziel mit unserer Hilfe erreicht wird, desto eher kann der militärische Einsatz beendet werden. Deshalb haben wir die Ausbildung von afghanischen Soldaten verdreifacht, in den Aufbau der Polizei Afghanistans intensiviert und die internationale Wiederaufbauhilfe noch besser koordiniert. Es geht bei diesem Einsatz auch um unsere Sicherheit: Die Bedrohung durch radikal-islamische Gruppen besteht weiter. Jetzt abzuziehen, würde eine Gefahr für unsere Sicherheit bedeuten. Die ISAF-Soldaten stabilisieren die Lage, u.a. indem sie zivile Helfer schützen und so den zivilen Wiederaufbau ermöglichen. Ein Wiederaufbau des zerstörten Landes wäre ohne diesen militärischen Schutz nicht möglich. Wir dürfen das Erreichte nicht verspielen: Unsere Soldaten und Entwicklungshelfer haben in den vergangenen Jahren Großes geleistet und viel erreicht. Das müssen wir nun sichern und ausbauen - sonst wären die Anstrengungen und die schmerzlichen Opfer umsonst gewesen. Nicht zuletzt haben wir eine Verantwortung gegenüber Afghanistan: Wir haben den Menschen in Afghanistan zugesagt, sie beim Wiederaufbau ihres Landes zu unterstützen. Alleine schaffen sie dies nicht.

Der Afghanistan-Einsatz wird erfolgreich sein, wenn wir Ausdauer, Entschlossenheit und Realismus beweisen. Afghanistan kann so ein Land werden, das auf eigenen Beinen steht. Sicherheit und Wiederaufbau sind zwei Seiten einer Medaille: Keine Sicherheit ohne Wiederaufbau und kein Wiederaufbau ohne Sicherheit. Dazu benötigen wir auch langfristiges Engagement: Wir brauchen Ausdauer. Wenn wir jetzt schon ein Abzugsdatum festlegen, spielen wir den Terroristen in die Hände. Denn die Sicherheit und Stabilität Afghanistans wirken sich unmittelbar auf uns aus: Afghanistan darf nicht wieder zu einem gescheiterten Staat werden, von dem aus Terroristen gegen uns agieren können. Der ISAF-Einsatz dient unserem Schutz. Der Prozess gegen die sogenannte "Sauerland"-Gruppe zeigt, dass es direkte Verbindungen zwischen Al-Qaida/Taliban und Terroristen in Deutschland gibt, und das bedeutet auch eine unmittelbare Gefahr für unsere Sicherheit. Ein einseitiger Rückzug der Bundeswehr, wie die Linke ihn fordert, würde nur den Terroristen in die Hände spielen. Er würde die Gefahr für Deutschland nicht verringern, sondern im Gegenteil: Die Terroristen würden sich dadurch nur ermutigt fühlen, Anschläge gegen unser Land durchzuführen. Nur wenn Afghanistan stabiler wird und die Menschen dort vom Wiederaufbau des Landes profitieren können, wird die afghanische Regierung sich gegen die Terroristen durchsetzen können. Der Bundeswehreinsatz und die Wiederaufbauhilfe dienen deshalb auch unseren Sicherheitsinteressen. Natürlich sind unsere Soldaten sind in einem gefährlichen Einsatz. Aber sie sind dafür ausgebildet, sie sind richtig ausgerüstet, sie sind hochmotiviert, und sie zeigen Stärke. Klare Botschaft an Taliban und andere Aufständische: "Wer uns angreift, der wird auch bekämpft." (Minister Jung)

In diesem Sinne beste Grüße
Ihre
Julia Klöckner

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