Wann werden die Regierung und die CDU die dringend notwendigen Ergänzungen zu dem Wohnungseigentumsgesetz vornehmen?
Sehr geehrter Herr Wiegelmann,
durch Änderung des früheren Wohnungseigentumsgesetz wurden Kläger von Beschlussanfechtungsverfahren deutlich benachteiligt. Bis 30.11.20 waren bei Beschlussanfechtungsklagen die übrigen Eigentümer die Beklagten. Damit war die Kostentragung eindeutig, wenn die Klägerseite das Verfahren gewonnen hat. Durch die Änderung seit 01.12.20 ist nun aber die Eigentümergemeinschaft die Beklagte. Wenn die Klägerseite das Verfahren gewinnt, müsste aber die Klägerseite dennoch einen Teil der Prozesskosten mittragen, als Teil der Eigentümergemeinschaft. Das ist eine extreme Ungerechtigkeit. Es ist daher dringend erforderlich, dass im Wohnungseigentumsgesetz ergänzt wird, dass die Kläger von Beschlussanfechtungsverfahren an den Prozesskosten nicht beteiligt werden dürfen, wenn die Kläger das Beschlussanfechtungsverfahren gewonnen haben.
Mit freundlichen Grüßen

Sehr geehrte Frau K.,
danke für Ihre Nachricht.
Mit Urteil vom 19. Juli 2024 - V ZR 139/23 hat der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt, dass seit dem 1. Dezember 2020 die Kosten, die der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) in einem Beschlussklageverfahren auferlegt worden sind, zu den Kosten der Verwaltung gem. § 16 Abs. 2 S. 1 WEG gehören, die, soweit keine abweichende Regelung getroffen worden ist, nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel umzulegen sind; demzufolge muss bei Fehler einer abweichenden Regelung auch der obsiegende Beschlusskläger die Prozesskosten der unterlegenen GdWE anteilig mitfinanzieren. Zu begründen ist dies damit, dass Beschlussklagen - anders als nach altem Recht - seit dem 1. Dezember 2020 gegen die rechtsfähige GdWE gerichtet werden müssen (§ 44 WEG).
Zutreffend ist, dass nach der Änderung regelmäßig auch der obsiegende Beschlusskläger seiner allgemeinen Finanzierungspflicht nachkommen und die Prozesskosten der unterlegenen GdWE anteilig mitfinanzieren muss.
Wirtschaftlich betrachtet, scheint das das Unterliegensprinzip des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterlaufen zu werden ("Wer verliert, der zahlt").
Ebenso wichtig ist aber, dass selbstverständlich möglich ist, etwas anderes zu vereinbaren. So besteht die Möglichkeit, allgemein eine von § 16 Abs. 2 S. 1 WEG abweichende Regelung zu vereinbaren (§ 10 Abs. 2 WEG). Ich gebe zu, dass bei Bestandsgemeinschaften und insbesondere großen GdWE die Einführung einer solchen Regelung im Nachhinein wenig realistisch ist. Ferner bleibt die Möglichkeit, dass der/die obsiegende(n) Wohnungseigentümer durch Beschluss von der Kostentragung ausgenommen wird/werden.
Ihren Hinweis werde ich in zukünftige Beratungen zum WEG berücksichtigen und selbstverständlich die praktischen Auswirkungen weiterhin verfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Wiegelmann