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Joachim Herrmann
CSU
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Frage von Alexandra L. •

Wie kann es sein, dass bayrische Richter so wenig verdienen, dass viele gute und qualifizierte Juristen nicht in den Staatsdienst treten oder diesen gar wieder verlassen?

Sehr geehrter Herr Herrmann, ich bin selbst bayrische Richterin. Während die Staatsnote bei meiner Einstellung noch bei über 9 Punkten lag und es als Privileg galt beim Staat arbeiten zu dürfen, sinken die Einstellungskriterien immer weiter. Der Staat hat schon lange nicht mehr das Privileg die besten Juristen herauspicken zu können. Gute Juristen bekommen in der freien Wirtschaft viel bessere Arbeits- und Gehaltskonditionen als wir Staatsdiener. Die Beamten wurden sehr oft mit Nullrunden gestraft, während die Gehälter in der freien Wirtschaft immer weiter gestiegen sind. Die Aufstiegschancen beim Staat sind grenzwertig lächerlich, so dass 60% der Richter mit R1 in den Ruhestand gehen. Ich beobachte immer mehr, wie gute Kollegen sich aus dem Beamtenverhältnis entlassen lassen und in Wirtschaft wechseln. Die Gehaltsdifferenz ist mittlerweile enorm, dass man in der freien Wirtschaft das doppelte verdient. Der Staat ist nicht mehr konkurrenzfähig auf dem Mark. Was wird aus unserer Justiz?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau L.

vielen Dank für Ihre Frage vom 11. September 2023, in der Sie Ihre Sorge äußern, dass die Rahmenbedingungen für die richterliche Arbeit in der Justiz in Bayern nicht mehr konkurrenzfähig seien und der Staat deshalb das qualifizierte Personal an die Wirtschaft verlöre.

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass ich unter Berücksichtigung meiner Funktion als Staatsminister des Innern, Sport und Integration nur über die Verwaltungsgerichtsbarkeit geltenden Rahmenbedingungen sprechen möchte. In Bezug etwa auf die Besoldung von Richterinnen und Richtern gilt aber natürlich die R-Besoldung des Bayerischen Besoldungsgesetzes sowohl in der ordentlichen Justiz als auch in allen Fachgerichtsbarkeiten.

Im Ergebnis kann ich Ihre Einschätzung der Arbeitsbedingungen in der Justiz für die bayerische Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht teilen. Die Besoldung der Beamtinnen und Beamten und damit auch der Richterinnen und Richter hat in Bayern in den letzten Jahren keine Nullrunden durchlaufen, sondern wurde von  2013 – 2022 in jedem Jahr mit Ausnahme von 2021 (hier 1,4 %) um mindestens 2 % und teilweise über 3% erhöht. Damit liegt die Richterbesoldung auch nach der jüngsten Studie des Deutschen Richterbundes in Bayern an der Spitze im Ländervergleich.

Eine Absenkung der Einstellungskriterien gibt es in der bayerischen Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht. Es gelingt weiterhin, Notendurchschnitte von deutlich über 9,0 Punkten bei der Einstellung von Richterinnen und Richtern zu erzielen und es gibt erfreulich viele Bewerberinnen und Bewerber, die sich für eine solche Tätigkeit interessieren. Zunehmend wird uns – und das gilt für die Richtertätigkeit als auch für Tätigkeiten in der Verwaltung – das Interesse an einer gemeinwohlorientierten  Arbeit als Motivation für die Bewerbung in unserem Geschäftsbereich genannt. Eine signifikante Abwanderung in die Wirtschaft beobachten wir nicht, sondern haben im Gegenteil zahlreiche Bewerberinnen und Bewerber, die sich aus der Wirtschaft oder aus Kanzleien zu uns bewerben. 

Auch die Beförderungschancen haben sich in den letzten Jahren zum einen durch die Verstärkung der Bayerischen Verwaltungsgerichte um rund 140 Stellen im Zuge der steigenden Migrationszahlen, zum anderen aber insbesondere auch durch die starken Ruhestandsjahrgänge deutlich verbessert. Da im öffentlichen Dienst insgesamt bis 2030 rund ein Viertel der Beschäftigten in den Ruhestand eintreten wird, sind die Karrieremöglichkeiten in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes durchaus gut.

Sofern Sie anmerken, dass die Gehälter und Arbeitsbedingungen in der freien Wirtschaft für gute Juristen deutlich besser seien als im öffentlichen Dienst, so ist das für Rechtsabteilungen großer Unternehmen oder Großkanzleien sicher zutreffend. Die Entscheidung zwischen Staatsdienst und freier Wirtschaft war aber für qualifizierte Juristinnen und Juristen schon immer eine individuelle Lebensentscheidung, die im Bewusstsein dieser unterschiedlichen Gehaltsstrukturen getroffen wurde. Ich bin jedenfalls überzeugt, dass die Konditionen und Zukunftsaussichten einer Tätigkeit als Richterin oder Richter in der Bayerischen Verwaltungsgerichtsbarkeit weiterhin attraktiv sind.

Mit freundlichen Grüßen

Joachim Herrmann, MdL

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