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Joachim Herrmann
CSU
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Frage von Guido L. •

Frage an Joachim Herrmann von Guido L. bezüglich Innere Angelegenheiten

Sehr geehrter Herr Innenminister Herrmann MdL,

Sie sind bekanntlich der oberste Dienstvorgesetzte aller Polizist(inne)n in Bayern.
Die Medien berichteten kürzlich vom Leiter der Wiesnwache 2018, Christian Wittstadt, dass dieser eine beabsichtigte Überprüfung der Arbeitserlaubnisse und Sozialbescheinigungen im "Winzerer Fähndl" (Paulaner-Brauerei) an Wiesnwirt Peter Pongratz vorzeitig verraten hatte ( https://www.merkur.de/lokales/muenchen/zentrum/ex-chef-der-wiesn-wache-verraet-razzia-90107426.html und https://katharina-schulze.de/ermittlungen-wegen-steuerhinterziehung-auf-dem-oktoberfest-2018/ ). Dafür erhielt Herr Wittstadt einen Strafbefehl (Geldstrafe). Lt. Medienberichten wurde er nach seinem Verrat von Dienstgeheimnissen vom Polizeioberrat zum Polizeidirektor befördert (siehe MM- Bericht).

Dies wirft für mich Fragen auf:
- Seit wann wussten Sie, dass Herr W. Wiesnwirt P. über die bevorstehende Razzia informiert hatte?
- Welche beamtenrechtlichen Disziplinarmaßnahmen wurden von Seiten des Dienstvorgesetzten von Herrn W. (bayer. Polizei bzw. Innenministerium) verhängt?
- Wie erklären Sie, warum Herr W. während des laufenden Ermittlungsverfahrens vom Polizeioberrat zum Polizeidirektor befördert wurde ( https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-oktoberfest-razzia-polizei-befoerderung-1.5120983 )?
Bekanntlich wurde Herr W. kürzlich zum Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) versetzt ( https://www.bild.de/regional/muenchen/muenchen-aktuell/muenchen-razzia-verraten-leiter-der-wiesn-wache-ins-lgl-versetzt-74107792.bild.html ).
- Warum wurde Herr Wittstadt wg. schwerer Untreue und Geheimnisverrat nicht aus dem Beamtenverhältnis entlassen und stattdessen zum LGL versetzt?
- Ist das LGL neuerdings die Verwahrungsanstalt für unliebsame Beamte in Bayern (siehe auch https://www.br.de/nachrichten/bayern/versetzter-gesundheitsamts-chef-kritisiert-staatsregierung,SFYyuwS )?

Danke für Ihre baldige, ehrliche Antwort!

MfG
Guido Langenstück

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Langenstück,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 7. Dezember 2020.

Im Oktober 2018 informierte das für interne Ermittlungen zuständige Bayerische Landeskriminalamt das Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration, dass gegen den Beamten strafrechtliche Ermittlungen wegen des Tatvorwurfs der Verletzung von Dienstgeheimnissen eingeleitet wurden. Der von Ihnen aufgeführte Straftatbestand der Untreue lag zu keinem Zeitpunkt vor. Seit diesem Zeitpunkt lag der Vorgang bei der zuständigen Disziplinarstelle auf Beobachtung. Das Ermittlungsverfahren wurde mit Verfügung vom 11. April 2019 von der Staatsanwaltschaft München I nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt und das Polizeipräsidium München davon in Kenntnis gesetzt. Mit Schreiben vom 7. Juni 2019, zugegangen am 11. Juni 2019, informierte die Staatsanwaltschaft das Polizeipräsidium München, dass das Ermittlungsverfahren durch die Generalstaatsanwaltschaft wieder aufgenommen wurde.

Nach Wiederaufnahme des Strafverfahrens wurde durch das Polizeipräsidium München erneut die Einleitung eines Disziplinarverfahrens geprüft. Die Einschätzung kein Disziplinarverfahren einzuleiten, beruhte auf folgenden Erwägungen:

1. Der frühere Leiter der Wiesnwache hatte sein Fehlverhalten gegenüber der Staatsanwaltschaft selbst offenbart.

2. Der Beamte hat keine konkreten Einzelheiten der Polizeiaktion offenbart.

3. Das Verfahren war bereits einmal eingestellt worden.

4. Der Stand des Ermittlungsverfahrens erbrachte aus Sicht des Polizeipräsidiums München keinen zwingenden Grund zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens.

5. Auch für den früheren Leiter der Wiesnwache galt die Unschuldsvermutung.

Ich darf daran erinnern, dass der Strafbefehl erst am 28. Juli 2020, rechtskräftig seit 3. August 2020, erging. Daraufhin wurde der Vorgang erneut geprüft und am 20. November 2020 ein Disziplinarverfahren eingeleitet, welches noch nicht abgeschlossen ist. Mit Wirkung vom 24. November 2020 wurde der Beamte zum Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit abgeordnet. Dort wird er mit der Koordination von Logistikfragen u. a. im Zusammenhang mit dem Aufbau von Impfzentren eingesetzt.

Zur Beförderung des Beamten zum 1. April 2020 möchte ich erläutern, dass im Vorfeld einer anstehenden Beförderung in jedem Einzelfall geprüft wird, ob alle sachlichen und persönlichen Beförderungsvoraussetzungen vorliegen. Laufende Straf- oder Disziplinarverfahren stellen nicht automatisch ein Beförderungshindernis dar. Vielmehr sind im Einzelfall alle relevanten Belange sorgfältig festzustellen und abzuwägen. Der Dienstgrad spielt dabei keine Rolle. Der Beamte wurde daher und aufgrund seiner guten Beurteilung zum Polizeidirektor befördert. Zu diesem Zeitpunkt war, wie oben dargelegt, kein Strafbefehl gegen den Beamten ergangen. Im Nachhinein betrachtet, gehe ich aber davon aus, dass, wenn der Strafbefehl zu einem früheren Zeitpunkt erfolgt wäre, der Beamte weniger gut beurteilt und in der Folge nicht zum 1. April 2020 zum Polizeidirektor befördert worden wäre.

Mit freundlichen Grüßen

Joachim Herrmann, MdL

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