Portrait von Joachim Herrmann
Joachim Herrmann
CSU
90 %
18 / 20 Fragen beantwortet
Frage von Guido L. •

Frage an Joachim Herrmann von Guido L. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Innenminister Herrmann,
haben Sie vielen Dank für Ihre Antwort auf meine ergänzenden Fragen vom 08.04.20 zum Coronavirus ( https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/joachim-herrmann/fragen-antworten/508502 ).
Keine Bange: Ich komme Ihrer Bitte, zu diesem Thema keine weiteren Fragen mehr zu stellen (siehe Ihr letzter Satz), selbstverständlich nach (ich hätte an Sie auch keine weiteren Fragen zu diesem Thema). Meine heutigen Fragen beziehen sich auf den aktuellen Verfassungsschutzbericht 2019 ( https://www.verfassungsschutz.bayern.de/mam/anlagen/vsb_2019_nicht_barrierefrei.pdf ), den Sie heute in einer Pressekonferenz vorgestellt haben: https://www.youtube.com/watch?v=1vfGPUXthjA
Ich stimme Ihren Ausführungen und dem Verfassungsschutzbericht nahezu vollumfänglich zu. Einzige Ausnahme: Die seit etlichen Jahren unter der Beobachtung des bayerischen Verfassungsschutzes stehende "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes- Bund der Antifaschisten" (VVN-BdA) wird im aktuellen Bericht nach wie vor als überwachungsbedürftig eingeschätzt (siehe Kapitel 7.2.3 auf Seiten 260 und 261).
Ich habe die Ausführungen zur VVN-BdA im Bericht gelesen und es sind mir dabei ein paar Ungereimtheiten aufgefallen.
Meine Fragen:
Im Verfassungsschutzbericht wird die Nähe der VVN-BdA zur DKP unterstellt. Es wird hierfür u.A. eine (Groß-)Demonstration in München gegen die Münchner Sicherheitskonferenz genannt, bei der angeblich 200 Linksautonome teilgenommen haben (letzter Absatz). Man kann durchaus geteilter Meinung darüber sein, ob eine Demonstration gegen die Münchner Sicherheitskonferenz sinnvoll ist oder nicht (ich würde mich nicht daran beteiligen). Allerdings steht das Demonstrationsrecht unter dem Schutz unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung (siehe Art. 8 GG: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_8.html ). Wie die Väter des Grundgesetzes zurecht geschrieben haben, steht das Demonstrationsrecht unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass bei einer Demonstration nur friedliche Mittel zur Meinungsäußerung eingesetzt werden dürfen (geschuldet den negativen Erfahrungen der Weimarer Zeit).
Meine Frage zum im Verfassungsschutzbericht genannten Beispiel:
- Was kann die VVN-BdA dafür, dass bei dieser Demo in München offensichtlich auch ca. 200 linksautonome Chaoten mitmarschiert sind (das erinnert mich an den Generalverdacht, unter den die Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth (B.90/Die Grünen) m.E. zu unrecht wegen ihrer Teilnahme an einer Großdemo unter dem Titel "Bunt statt braun" 2015 in Hannover gestellt wurde (https://www.deutschlandfunk.de/facebook-post-gruene-stellen-strafanzeige-gegen-csu.2852.de.html?dram:article_id=339113 ), nur weil dort ebenfalls ein Schwarzer Block von Linksautonomen sich vollkommen daneben benommen hatte)?
- Welche belastbaren Beweise haben Sie, dass die VVN-BdA von DKP-Sympathisanten unterwandert ist (der Verfassungsschutzbericht gibt dies m.E. leider nicht her)?
- Glauben Sie ernsthaft, dass der (leider vor ca. 3 1/2 Jahren verstorbene) jüdische KZ-Überlebende Max Mannheimer ( https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Mannheimer ) die systematische Überwachung der VVN deutlich kritisieren würde ( http://www.humanistische-union.de/publikationen/grundrechte_report/online/artikel/grr_artikel_detail/back/artikel-20/article/staatliche-einschuechterung-wie-der-verfassungsschutz-opfer-der-nazis-verfolgt-1/ (ziemlich in der Mitte des Artikels)), wenn die VVN-BdA tatsächlich linksextremistisch unterwandert wäre (ich nicht!)?
- Glauben Sie ernsthaft, dass der "Lagergemeinschaft Dachau e.V." ( http://www.lagergemeinschaft-dachau.de/ ) die VVN explizit als Anwalt für durch das Nazi-Terrorregime Verfolgte erwähnt (http://www.lagergemeinschaft-dachau.de/resources/Nr-34-Int.pdf ; Seite 8), wenn die VVN-BdA tatsächlich eine unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährdende Organisation und deshalb überwachungsbedürftig wäre (ich nicht!)?

Eine persönliche Bemerkung, s.g. Herr Innenminister Herrmann:
Sie hätten sicherlich etwas dagegen, wenn Sie unter Generalverdacht wegen Rassismus gestellt würden und deshalb (ebenfalls) vom Verfassungsschutz beobachtet würden, oder? Diesen Verdacht könnte man äußern, weil Sie 2015 bei "Hart aber fair" (ARD-Talkrunde) den dunkelhäutigen Sänger und Entertainer Roberto Blanco als "wunderbarer Neger" tituliert haben: https://www.youtube.com/watch?v=86dRCnhH6C0 (wofür Sie von Ranga Yogeshwar direkt die passende Antwort bekommen haben). Sie können m.E. froh sein, dass Roberto Blanco wegen Ihrer Titulierung "wunderbarer Neger" nicht böse war und diese Äußerung mit Humor genommen hat: https://www.youtube.com/watch?v=woj40szFavc
Ein anderer dunkelhäutiger Mitbürger hätte Sie dafür möglicherweise wegen des m.E. erfüllten Straftatbestands der Beleidigung (strafbar nach § 185 StGB: https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__185.html 9 ) angezeigt (was natürlich erst dann von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden kann, nachdem der Landtag Ihre Immunität gegen Strafverfolgung aufgehoben hat (m.E. reine Formsache)).
Warum ich das schreibe? Man sollte sich bei der Entscheidung, ob Jemand überwachungsbedürftig ist oder nicht, bei sich denselben Maßstab anlegen wie bei Anderen. Vielleicht denken Sie darüber einmal nach (was mich freuen würde).
Abschließend eine grundsätzliche Frage:
- Haben Sie irgendwelche Probleme mit Antifaschisten (mir zumindest sind Antifaschisten wesentlich lieber als Faschisten)?

In gespannter Erwartung Ihrer baldigen Rückmeldung verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen aus Eching (Lkr. Freising)
Guido Langenstück

Portrait von Joachim Herrmann
Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Langenstück,

vielen Dank für Ihre E-Mails vom 20. April und vom 28. April 2020, in der Sie Kritik an der Erwähnung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) im Verfassungsschutzbericht Bayern 2019 üben.

Die VVN-BdA wird mit ihrem vollständigen Namen im Verfassungsschutzbericht Bayern für das Jahr 2019 genannt (siehe Seite 260, Überschrift). Sie wird als linksextremistisch beeinflusste Organisation aufgeführt, weil hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass in ihr Bestrebungen verfolgt werden, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind.

Die Bewertung der VVN-BdA als linksextremistisch ergibt sich aus einer Gesamtschau der den Verfassungsschutzbehörden aktuell vorliegenden Erkenntnisse über die VVN-BdA.

Danach arbeitet die VVN-BdA mit offen verfassungsfeindlichen Kräften zusammen. Dazu gehören insbesondere die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) sowie autonome – auch gewaltbereite – Gruppen. Ähnlich wie auf Bundesebene, ist auch auf Landesebene der Einfluss von Linksextremisten, insbesondere aus der DKP, auf die politische Arbeit der VVN-BdA maßgeblich.

Die von der VVN-BdA verfolgte Form des Antifaschismus dient in diesem Zusammenhang nicht nur dem – grundsätzlich wünschenswerten – Entgegentreten gegen Rechtsextremismus; vielmehr werden alle nicht-marxistischen Systeme und damit auch die parlamentarische Demokratie als eine Vorstufe zum Faschismus betrachtet, die es zu bekämpfen gilt.

Eine gegen die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht gerichtete Klage der bayerischen Landesvereinigung der VVN-BdA hat das Verwaltungsgericht München im Oktober 2014 abgewiesen. Der hiergegen gestellte Berufungszulassungsantrag der VVN-BdA wurde im Februar 2018 vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mangels ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils abgelehnt.

Sehr geehrter Herr Langenstück, seien Sie versichert, die Staatsregierung tritt seit jeher allen Formen von Extremismus und politischer Gewalt mit allen Mitteln des Rechtsstaats konsequent entgegen. Dies gilt unabhängig davon, ob diese auf politischen, weltanschaulichen oder religiösen Auffassungen beruhen. Bei der Verteidigung unseres Rechtsstaates gegen extremistische Bestrebungen kommt dem Verfassungsschutz die Funktion eines „Frühwarnsystems“ zu, um Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung frühzeitig aufzuklären und sowohl Politik als auch Bevölkerung hierüber zu informieren. Mit seinem jährlich erscheinenden Verfassungsschutzbericht Bayern informiert das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration über die Ziele und Ideologien extremistischer Gruppierungen und die Bedrohungen, die von diesen für unsere Gesellschaft ausgehen.

Ich wäre Ihnen außerordentlich verbunden, wenn Sie diese Antwort als abschließend betrachten.

Mit freundlichen Grüßen

Joachim Herrmann

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Joachim Herrmann
Joachim Herrmann
CSU