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Ingrid Nestle
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Frage von Matthias L. •

Frage an Ingrid Nestle von Matthias L. bezüglich Humanitäre Hilfe

Hallo Frau Nestle.
Ich würde gern wissen ob die Lage im griechischen Camp Moria bekannt ist und wann dort endlich was getan wird.

M. L.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Laudien,

vielen Dank für Ihr Schreiben und für Ihr Interesse für die geflüchteten Menschen auf Lesbos. Unser aller Solidarität mit den Menschen in Moria ist gerade in diesen Zeiten sehr wichtig. Die Menschenwürde in jeder Situation zu verteidigen, insbesondere in Krisenzeiten, erhält meine höchste Anerkennung. Neben vielen anderen Gemeinden käme ja auch Elmshorn, der Standort meines Regionalbüros, als sicherer Hafen für Geflüchtete in Betracht, die aus Moria evakuiert werden.

Wir als grüne Bundestagsfraktion unterstützen das Anliegen, Kinder und andere besonders schutzbedürftige Geflüchtete aus dem Lager Moria auf Lesbos zügig nach Deutschland zu bringen. Das Ziel muss sein, dass alle Menschen, die in den Geflüchtetenlagern unter gefährlichen Bedingungen leben, evakuiert werden und die notwendige medizinische Betreuung bekommen. Sowohl unsere flüchtlingspolitische Sprecherin Luise Amtsberg als auch der Grüne Europaabgeordnete Erik Marquart informieren sich laufend über die Situation vor Ort und berichten nicht nur in die Fraktion und die Partei, sondern auch über ihre offiziellen Kanäle.

Bei allen nationalstaatlichen Bemühungen, die Ausbreitung des Corona-Virus in Deutschland schnellstmöglich zu beenden, dürfen die Entwicklungen in den Außengrenzstaaten, vor allem auf Lesbos, wo weiterhin eine menschenunwürdige Situation in den Flüchtlingslagern herrscht, keinesfalls aus dem Blick geraten. Die Menschen müssen, gerade angesichts der von Corona ausgehenden Risiken, endlich angemessen untergebracht werden und die unter anderem von Deutschland zugesagten Kontingente für besonders schutzbedürftige Menschen zügig aufgenommen werden.

Geflüchtete sind aufgrund ihrer häufigen Unterbringung in großen Gemeinschaftsunterkünften besonders von einer Infektion mit dem Coronavirus bedroht. Dies gilt hier in Deutschland -aber natürlich genauso in anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Hierauf muss mit entsprechenden Maßnahmen der für die Unterbringung zuständigen Behörden ebenso entschlossen wie angemessen reagiert werden. Eine schnellstmögliche Entzerrung der Belegung in Unterkünften ist anzustreben, leerstehende Kapazitäten müssen unbürokratisch geöffnet werden. Im Fall von Griechenland setzen wir uns -neben der Aufnahme eines großzügigen Kontingents besonders schutzbedürftiger Personen von den griechischen Inseln nach Deutschland – dafür ein, dass Geflüchtete von den Ägäis-Inseln auf das griechische Festland in kleinere Unterbringungseinheiten verlegt werden. Hier müssen die EU-Behörden die griechischen Behörden koordinierend unterstützen.

Am vergangenen Samstag hat Deutschland 47 minderjährige Flüchtlinge aus griechischen Flüchtlingslagern aufgenommen. Dies kann jedoch nur ein Anfang sein. Die Umsetzung der Versprechungen läuft viel, viel zu schleppend. Soweit wir wissen, sind die Maßnahmen zur Identifizierung der weiteren Personen des Aufnahmekontingentes im Gange - die Koordination obliegt dem Bundesinnenministerium, das sich eng mit der EU-Kommission abstimmt, da sich ja weitere EU-Mitgliedsstaaten an der Aufnahmeaktion beteiligen. Bei anderen EU-Mitgliedstaaten kommen allerdings nun Bedenken auf, ob angesichts der Corona-Pandemie Menschen aufgenommen werden sollen. Deutschland bemüht sich hier gemeinsam mit der EU-Kommission, diese Bedenken zu zerstreuen, denn ihnen könnte z.B. mit einer 14-tägigen Quarantäne nach der Einreise begegnet werden.

Es ist erschreckend, dass wohlhabende europäische Staaten wie Deutschland große Probleme und Hemmnisse haben, gefährdeten und besonders schutzbedürftigen Menschen zu helfen.

Mit freundlichem Gruß

Ingrid Nestle

 

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