Dr. Inge Gräßle
Inge Gräßle
CDU
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Frage von Leon L. •

Frage an Inge Gräßle von Leon L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Wie stehen Sie zur Neuregelung des Urheberrechts im Artikel 13 und wie werden Sie diesbzgl. abstimmen?

Dr. Inge Gräßle
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr L.,

vielen Dank für Ihre Frage über abgeordnetenwatch.de.

Ich möchte Ihnen im folgenden einige Punkte nennen, um Ihnen zu erklären, warum ich die Urheberinnen und Urheber im Internet unterstütze, deren Rechte mit der Reform gestärkt werden sollen. Große Online-Plattformen sollen verpflichtet werden mit Urhebern über eine Vergütung verhandeln zu müssen.

Mit Artikel 13, der für die meiste Kritik sorgt, soll erreicht werden, dass Plattformen, deren Geschäftsmodell auf der Verbreitung urheberrechtlich geschützter Materialien basiert, für diese auch bezahlen müssen. Bisher ist die Rechtslage so, dass im Falle eines Uploads ohne das Einverständnis des Eigentümers oder Urhebers, derjenige haftbar ist, der den Upload vorgenommen hat. Artikel 13 ändert diese Rechtslage. Anstatt jeden einzelnen Nutzer haftbar zu machen, soll nunmehr die Plattform haften.

Das Ziel ist, dass Plattformen mit Urhebern Verträge abschließen, um Lizenzen zu erwerben und damit am Gewinn beteiligt zu werden. Wo das nicht möglich ist, sind Pauschalzahlungen eine weitere Möglichkeit. Plattformen werden in die Verantwortung genommen, geschützte Inhalte nicht ohne Lizenzierung zur Verfügung zu stellen. Damit soll das bestehende Urheberrecht wirksamer durchgesetzt werden können. Es wird de facto kein neues Recht geschaffen, es wird lediglich die Verantwortung verlagert.

Wie genau die Plattformen die Autorisierung der Rechteinhaber erlangen, bleibt ihnen überlassen. Es muss also nicht für jeden urheberrechtlich geschützten Inhalt jeweils eine separate Lizenz erworben werden. Die gängige Praxis ist, dass die Plattformen mit Verwertungsgesellschaften Verträge schließen, die eine Vielzahl von Rechteinhabern vertreten. Eine Fehlinterpretation ist, dass Plattformen sämtliche Inhalte von unendlich vielen Lizenzpartnern lizenzieren müssen und damit zwingend einen Uploadfilter nutzen müssen. Die Haftung der Plattformen greift nur bei Werken, deren Nutzung durch die Rechteinhaber ausdrücklich untersagt haben und, die sie gleichzeitig in einer Datenbank den Plattformenbetreibern über ihre Verwertungsgesellschaften zu Verfügung stellt. Wenn Plattformen jedoch Vergütungsverträge abschließen, auch für die von Nutzern verbreiteten Werke, muss kein Filter eingesetzt werden. Uploadfilter werden außerdem nicht neu mit der Richtlinie eingeführt. Viele große Plattformen nutzen diese bereits jetzt.

Plattformen müssen ihre Erkennungssoftware so programmieren, dass diese Urheberrechtsverletzungen erkennen. Falls dies nicht erkannt wird, muss der Nutzer die Möglichkeit einer Beschwerde haben. Diese Beschwerde muss dann von einem Mitarbeiter überprüft werden. Kleine Betreiber können eine kleine Anzahl an Uploads selbst kontrollieren, die Uploader müssen dann warten bis ihr Inhalt veröffentlicht wird oder die Betreiber mieten sich ein Servicezentrum dazu an.

Wikipedia, Open-Source-Plattformen, nicht-kommerzielle Plattformen, Dropbox, Ebay, Diskussionsforen oder Datingportale fallen nicht unter den Artikel 13. Auch Plattformen, die wenige Werke veröffentlichen und Kleinst- und kleine Unternehmen, wie Start-Ups, die kulturelle Werke kommerziell verwerten, sind von Artikel 13 ausgenommen. Wer bis zu 10 Millionen Euro globalen Jahresumsatz, bis zu 5 Millionen Euro monatliche Onlinebesucher aufweist und als Unternehmen nicht älter als drei Jahre ist, soll deutlich geringere Pflichten erfüllen müssen.

Im Fall von Memes, Gifs, Satire und Parodien profitieren Nutzer, die urheberrechtlich geschützte Werke hochladen möchten, von einer so genannten Schrankenregelung (Zitatrecht, Parodiefreiheit). Memes dürfen in Zukunft in ganz Europa ins Internet gestellt werden - im Gegensatz zu heute, wo dies nicht in allen Mitgliedstaaten erlaubt ist.

Falls sich eine Plattform für den Einsatz eines Uploadfilters entscheidet, wird es auch in Zukunft schwierig sein, dass dieser den Unterschied zwischen einem originalen kulturellen Werk und einer Parodie erkennt. Es gibt weiterhin die Möglichkeit statt Filtern Vergütungsverträge abzuschließen, sodass nicht ausversehen Parodien gelöscht werden, sondern die Urheber entlohnt werden.

Auch Blogs und Foren werden in den meisten Fällen nicht unter Artikel 13 fallen, da ihr Hauptzweck nicht darin besteht, große Mengen von Nutzern hochgeladener urheberrechtlich geschützter Werke zu speichern, öffentlich zugänglich zu machen und damit Geld zu verdienen.

Unzählige deutsche und europäische Künstler, Journalisten, Verleger und Autoren sprechen sich für die Reform des Urheberrechts im digitalen Binnenmarkt aus. Kreative schreiben Musik und Bücher, machen Filme und Fotos, nicht um sie dann zu blockieren. Sie wollen damit die Menschen erreichen, auch über digitale Plattformen.
Die europäischen Gesetzgeber haben über viele Jahre mit verschiedensten Interessenvertretern diskutiert und begründete Kompromisse geschlossen. Wir sind für ein freies und faires Netz ohne Zensur und aus all diesen Gründen unterstütze ich die Urheberinnen und Urheber im Internet.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Inge Gräßle

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