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Hubertus Heil
SPD
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Frage von Stefan K. •

Wie gewährleisten Sie das ich als KFZ-Mechatroniker nach meinem Berufsleben nicht in die Altersarmut abrutsche?

Im Politikunterricht während unserer Ausbildung, habe wir uns Fragen an Politiker überlegt:

Halten Sie es für möglich, dass die Grenze zum Erreichen eines Rentenpunktes herabgesetzt wird?
Wie gehen Sie das Problem der Doppelbesteuerung von Renten an?
Wir bekommen nach der Ausbildung eh schon wenig Geld, dies wirkt sich auch auf die Rente aus. Wie können Sie gewährleisten, dass wir in der Rente nicht arm sein werden?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr K.,

ich danke Ihnen für Ihre Nachricht vom 3. Februar 2022 gerne möchte ich auf Ihre Sorgen bezüglich der Altersarmut eingehen.

Eine verlässliche Altersversorgung ist eines der Kernversprechen des deutschen Sozialstaates. Damit das so bleibt, muss das System der Alterssicherung immer wieder an veränderte Rahmenbedingungen angepasst werden.

Die wirksamste Strategie gegen Altersarmut ist Prävention. Eine möglichst durchgängige Erwerbsbiografie mit gutem Erwerbseinkommen und Vorsorge ermöglicht ein auskömmliches Alterseinkommen. Es gilt daher in allererster Linie, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass eine lange Erwerbstätigkeit ermöglicht wird, längere Phasen der Arbeitslosigkeit unterbleiben und Beschäftigung in guten Arbeitsbedingungen zu angemessener Entlohnung erfolgt. Die Arbeit des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ist unter anderem darauf gerichtet, viele Menschen dauerhaft in gute Arbeit zu bringen.

Das deutsche Alterssicherungssystem hat das Ziel der finanziellen Absicherung der Versicherten bei Erwerbsminderung und im Alter beziehungsweise im Falle des Todes der Hinterbliebenen. Die gesetzliche Rentenversicherung trägt dazu bei, den Rentnerinnen und Rentnern einen auskömmlichen Lebensstandard zu sichern und damit gleichzeitig Altersarmut zu verhindern. Das Rentensystem kann den Verlauf oder die Konditionen eines Erwerbslebens im Nachhinein aber nicht „reparieren“. Eine darüber hinausgehende Bekämpfung von allgemeiner Altersarmut unabhängig von der Ursache würde die Versichertengemeinschaft der gesetzlichen Rentenversicherung überfrachten und die zukünftigen Beitragszahler überfordern. Daher gibt es die Grundsicherung im Alter. Mit den Regelbedarfen, der Übernahme der Kosten für Unterkunft, Heizung und Warmwasser, den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie gegebenenfalls weiteren individuellen Sonderbedarfen wird in Deutschland das soziokulturelle Existenzminimum gesichert, das sachgerecht über Steuermittel finanziert wird.

Die Höhe der lohn- und beitragsbezogenen Rente ist grundsätzlich abhängig von der Anzahl der zurückgelegten Versicherungsjahre und von der Höhe der versicherten Entgelte. Je mehr Beitragsjahre vorliegen und je höher die versicherten Arbeitsentgelte und -einkommen sind, desto höher ist die aus der jeweiligen individuellen Versicherungsbiographie berechnete Rente.

Die der Rentenberechnung zugrundeliegenden sogenannten Entgeltpunkte ermitteln sich in erster Linie aus den im Laufe des Erwerbslebens verbeitragten Arbeitsentgelten und Arbeitseinkommen. Hierfür wird das in den einzelnen Kalenderjahren in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherte Arbeitsentgelt beziehungsweise Arbeitseinkommen durch das rentenrechtliche Durchschnittsentgelt desselben Jahres geteilt. Wer ein Jahr lang Beiträge für ein versichertes Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen in Höhe des Durchschnittsentgelts zahlt, erhält einen Entgeltpunkt. Wer über oder unter diesem Durchschnitt verdient und dafür Beiträge entrichtet, erhält in der Regel entsprechend mehr oder weniger Entgeltpunkte. Die Summe aller während des Erwerbslebens erworbenen Entgeltpunkte bestimmt maßgeblich die spätere Rentenhöhe

Würden zur Ermittlung der individuellen Entgeltpunkte niedrigere Werte als die rentenrechtlichen Durchschnittsentgelte verwendet, entstünden zwar bezogen auf jedes individuell erzielte Entgelt rechnerisch mehr Entgeltpunkte. Um das Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung beizubehalten, müssten jedoch im selben Verhältnis die aktuellen Rentenwerte gesenkt werden, d.h. ein Punkt wäre weniger wert. Aus mehr Entgeltpunkten und entsprechend geringerem aktuellen Rentenwert würden im Ergebnis keine höheren Rentenzahlbeträge resultieren.

Ein Beibehalten der geltenden aktuellen Rentenwerte, also des Geldwertes eines Entgeltpunktes, bei gleichzeitigem Absenken des Durchschnittsentgelts mit dem Ziel höherer Rentenzahlbeträge kann nicht in Aussicht gestellt werden. Denn dies würde mit einem höheren Finanzbedarf in der gesetzlichen Rentenversicherung einhergehen, der nur über einen höheren Beitragssatz oder weitere Mittel des Bundes finanziert werden könnte. Beides würde insbesondere die jüngeren Generationen belasten. Mit dem RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz hat sich der Gesetzgeber für den ausbalancierten Weg entschieden: Mit der doppelten Haltelinie für das sogenannte Rentenniveau von mindestens 48 Prozent und einem Beitragssatz von höchstens 20 Prozent bis zum Jahr 2025 sowie der Beteiligung des Bundes ist es gelungen, die Interessen aller Generationen ausgewogen zu berücksichtigen.

Das gegenwärtig geltende System der Rentenbesteuerung ist Ausfluss der Umstellung auf die sogenannte nachgelagerte Besteuerung. Die Beiträge für die Altersvorsorgeaufwendungen werden nach und nach in der Erwerbsphase einkommensteuerlich freigestellt und in der Ruhephase die Alterseinkünfte besteuert. Das entlastet die Bürger, denn im Regelfall ist man während des Erwerbslebens einem höheren Steuersatz unterworfen als im Rentenalter.  Bis diese Umstellungsphase abgeschlossen ist, werden Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht voll besteuert, d. h. ein Teil bleibt steuerlich unbelastet. Dazu wird der Besteuerungsanteil (das ist nicht der Steuersatz) der Rente – abhängig vom Jahr des Rentenbeginns – sukzessive erhöht. Für Rentenbezieher, die im Jahr 2005 bereits Renten bezogen haben oder die im Jahr 2005 in Rente gegangen sind, beträgt der Besteuerungsanteil 50 %, seither steigt der Besteuerungsanteil für jeden neuen Rentenjahrgang um 2 %, seit Renteneintrittsjahrgang 2020 um 1 %, so dass für Rentenbezieher, die im Jahr 2022 in Rente gehen, 82 % der Renteneinkünfte der Besteuerung unterliegen. Der sich daraus abgeleitet ergebende Rentenfreibetrag (100 % minus Besteuerungsanteil) wird im ersten vollen Rentenjahr nach Rentenbeginn in Euro dauerhaft festgeschrieben und bleibt dem Rentenbezieher sein Leben lang erhalten. Regelmäßige Rentenanpassungen werden vollständig den steuerpflichtigen Einkünften zugerechnet. 

Diese aktuelle Ausgestaltung der Rentenbesteuerung hatte der Bundesfinanzhof wiederholt, zuletzt 2021, als verfassungskonform bestätigt. In den entschiedenen Fällen lag keine “doppelte Besteuerung“ der Alterseinkünfte vor. Allerdings sei dies für die Zukunft nicht ausgeschlossen. Um dies zu vermeiden, sieht der Koalitionsvertrag unter anderem die vollständige Freistellung der Altersvorsorgeaufwendungen bereits ab 1. Januar 2023 und eine Streckung des Übergangszeitraums bis zur vollen nachgelagerten Besteuerung vor. Die Bundesregierung arbeitet daran, dies zeitnah umzusetzen.

Ich hoffe meine Antwort hilft Ihnen weiter.

Mit freundlichen Grüßen

Hubertus Heil

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