Wird die SPD die Koalition mit der CDU beenden? Warum lässt sich die SPD so stark von der CDU erpressen? Ist es der SPD bewusst, dass es um das Überleben der Partei/Demokratie geht?
Sehr geehrter Herr Demir,
die CDU zeigt sich immer mehr wie unverantwortlich und unverlässlich sie sind. Die Situation um die Richterin Gersdorf jetzt auch Hetze gegen Kaufhold, der Maskenskandal um Herr Spahn, wo ein U-Ausschuss kommen muss, viele Gesetze, die eigentlich nicht ins SPD Programm passt zum Beispiel Familiennachzug oder Bürgergeld. Die SPD muss entweder Herr der Lage werden oder die Koalition sofort verlassen. Die Koalition ist aktuell sehr einseitig. Die CDU ist zum Beispiel komplett auf die Hetzkampagne gegen Gersdorf eingegangen. Dasselbe geschieht bei Kaufhold! Der Rückzug von Gersdorf ist fatal für unsere Demokratie und lässt den rechtsextremen Medien Angrifffläche zu. Die CDU nimmt dies so an. Das ist unverantwortlich und daher soll die SPD besser überlegen die Koalition zu verlassen.
Viele sind von der SPD enttäuscht, weil keine soziale Elemente hineinbekommen. Die SPD sinkt in den Umfragen weiter! Das Ende der SPD naht, wenn nicht getan wird.

Sehr geehrter Herr S.,
herzlichen Dank für Ihre Zuschrift und Ihre klaren Worte.
Ich teile Ihre Einschätzung, vor allem zur Kampagne gegen die für das Bundesverfassungsgericht nominierte Richterin Frauke Brosius-Gersdorf. Es gab klare Absprachen zur Wahl der jeweils durch die andere Partei vorgeschlagenen Kandidat:innen. Auf den letzten Metern hat sich die Union in Teilen einer rechten Kampagne angeschlossen oder hingegeben. Ich habe dies von Beginn an stark kritisiert und auch versucht, über die Hintergründe aufzuklären. (beispielsweise hier: https://www.instagram.com/p/DMLKao_oH-T/?igsh=M2pyOWc2Z2xpeHA3)
Zudem stimme ich Ihnen ebenfalls zu, dass die Koalition bisher nicht genug getan hat, um die soziale Lage in unserem Land zu verbessern. Es gibt aber durchaus Punkte, die mich hoffnungsvoll stimmen. Einer der größten SPD-Erfolge in der Regierung ist die Investitionsoffensive. Die Ampel ist noch an der viel zu restriktiven Haushaltspolitik von Christian Lindner zerbrochen. Mit dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität gibt es jetzt den richtigen finanzpolitischen Kurs, um die marode Infrastruktur im Land wieder zukunftsfähig zu machen und zudem die Kommunen zu entlasten. (https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/sondervermoegen-2356240)
Wichtig ist auch die Mietenpolitik, bei der die Maßnahmen zwar zu langsam anlaufen, mit Vorstößen gegen Mietwucher und gegen die Umgehung der Mietpreisbremse durch möblierte oder kurzzeitige Vermietungen aber in die richtige Richtung gehen. Hier müssen wir uns natürlich an den Ergebnissen messen lassen, nicht nur an richtigen Ideen. Das gleiche gilt für die Bewahrung des Sozialstaats – ein großes SPD-Thema, das aktuell durch eine Expertengruppe bis Jahresende bearbeitet wird und deren Ergebnisse wir anschließend politisch angehen müssen. (https://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Pressemitteilungen/2025/bundesministerin-baerbel-bas-setzt-sozialstaatskommission-ein.html)
Klar ist aber auch, dass die Politik in einer schwarz-roten Koalition unter Unions-Führung nie meinem Anspruch an eine wirklich soziale Politik entsprechen wird. Deshalb ist es mir auch wichtig, immer wieder aufzuzeigen, wo wir als SPD jenseits der aktuellen Koalition hinsteuern sollten: https://www.fr.de/meinung/gastbeitraege/wozu-sozialdemokratie-die-spd-muss-diskussionsraum-und-motor-fuer-veraenderung-sein-93920357.html
Denn letztendlich steht und fällt die Durchschlagskraft der SPD aber mit der öffentlichen Unterstützung. Mit einem Wahlergebnis von 16,4 % und einem stärkeren konservativen Koalitionspartner wird die SPD ihre richtigen und weitreichenden Ideen bei Mietenpolitik, Gesundheitspolitik (Stichwort Bürgerversicherung), Umverteilung oder einer menschlichen Asylpolitik nicht durchsetzen können. Wir brauchen deshalb den Schulterschluss mit Verbänden, Gewerkschaften, Nachbarschaftsinitiativen und allen, die dieses Land gerechter und menschlicher machen wollen.
Mit freundlichen Grüßen
Hakan Demir