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Gökay Akbulut
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Frage von Edgar P. •

Frage an Gökay Akbulut von Edgar P. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Gökay Akbulut,
für grosse Teile der Mannheimer Bürger scheinen die Beschränkungen auf Grund der Viruseindämmung aufgehoben.
Jedenfalls sprechen Sie zu ca. 5000 Menschen auf dem Schlossplatz in Mannheim die grob und fahrlässig und leider auch noch geduldet gegen gängige corona - Regeln verstossen.
Anschliessend feiert DIE LINKE diese Kundgebung gegen Rassismus auf facebook noch als Erfolg.
Der normale Mannheimer Narr soll aber Maske tragen.
Wie mir scheint:
So eine Art Narrenmaske!

( die Vorfälle in Göttingen und auf den Schlachthöfen verurteilen Sie aber scharf )
Daß Sie mit zweierlei Maß messen interessiert nicht.

Meine Frage an Sie:
Finden Sie es ok, "das Knie auf den Hals" von Risikogruppen zu setzen bei gleichzeitigem Protest gegen solche Praktiken?“

Mit freundlichen Grüßen
E. P.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Platzer,

ich bedanke mich für Ihre Nachfrage und die Möglichkeit der öffentlichen Stellungnahme.

Auch in Mannheim sind Bürgerinnen und Bürger selbstverständlich weiterhin dazu angehalten, die entsprechenden Abstandsregelungen einzuhalten, um die weitere Verbreitung des COVID-19 Virus einzudämmen. Ich finde es sehr wichtig und halte alle meine Mitmenschen dazu an, sich in diesen Tagen verantwortungsvoll zu verhalten und nicht zur weiteren Verbreitung des Virus beizutragen.

Nichtsdestotrotz ist die Versammlungsfreiheit in Deutschland ein grundrechtlich geschütztes Gut. Wie auch das Bundesverfassungsgericht kürzlich festgestellt hat (siehe https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/bvg20-025.html), ist ein generelles Verbot von Versammlungen jedoch trotz Corona-Pandemie nicht verfassungskonform. Politische Kundgebungen sind also unter Einhaltung eines Mindestabstandes und dem Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes grundsätzlich möglich und nicht rechtswidrig.

Die überwiegende Mehrheit der Menschen, mit denen ich am 6. Juni 2020 gegen Rassismus demonstriert habe, haben entsprechende Schutzmaßnahmen getroffen, einen Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten und eine Mund- und Nasenbedeckung getragen. Die Veranstalter der Demonstration haben großen Wert auf diese Schutzvorkehrungen gelegt und alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer wiederholt an die Abstandsregeln und das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung erinnert. Hinzu kommt, dass das Übertragungsrisiko unter freiem Himmel grundsätzlich niedriger ist als in geschlossenen Räumen. Wenn sich dennoch nicht alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Demonstration an diese Regeln gehalten haben sollten, bedauere ich das sehr und verurteile dies auch. Für mich ist klar, politische Protestaktionen, wie beispielsweise gegen Rassismus, müssen weiterhin möglich sein – jedoch unter entsprechenden Infektionsschutzvorkehrungen.

Der Formulierung, eine solche Versammlung würde „das Knie auf den Hals von Risikogruppen setzen“ muss ich widersprechen. Zunächst einmal kann der rassistisch-motivierte Mord an George Flyod nicht mit einer Pandemie verglichen werden. Und zum anderen befinden sich Angehörige von Risikogruppen zu keinem Zeitpunkt in einer Zwangssituation - sie müssen nicht an Demonstrationen teilnehmen und können diese ungehindert umgehen. Sie werden also nicht fahrlässig gefährdet. Auch bleibt nachzuweisen, dass Demonstrationen – unter Einhaltung von Abstandsregeln und bei Tragen von Mund-Nasen-Bedeckung – tatsächlich zu einem erhöhten Infektionsrisiko führen.

Im von ihnen aufgeführten Fall der Fleischbetriebe wurden keine ausreichenden Infektionsschutzvorkehrungen getroffen, indem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beispielsweise in Sammelunterkünften untergebracht wurden, die mit derzeitigen Abstands- und Hygieneregeln nicht vereinbar sind. Das verurteile ich, da es fahrlässig ist und Menschenleben in Gefahr bringt. Die Konsequenz die ich daraus ziehe lautet jedoch keineswegs, alle Fleischbetriebe zu schließen, sondern die Betreiber dazu anzuhalten, ihren Angestellten angemessenen Infektionsschutz zu bieten.

Dasselbe Prinzip gilt für mich auch für Demonstrationen. Ich teile die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts laut der diese – unter angemessen Schutzvorkehrungen – auch weiterhin stattfinden dürfen. Wenn Einzelpersonen sich jedoch bedauerlicherweise nicht an die Regeln halten, dürfen meines Erachtens deswegen nicht 5000 Menschen diskreditiert werden.

Mit freundlichen Grüßen

Gökay Akbulut

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