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Gabriele Molitor
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Frage von Michael K. •

Frage an Gabriele Molitor von Michael K. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Molitor,

aktuell ergab eine Studie zu Strompreisen, dass durchschnittlich anfallenden Stromkosten den "Hartz-IV-Satz" für Strom eines alleinstehenden Arbeitslosen um bis zu 35 Prozent übersteigen. Im bundesweiten Durchschnitt liegen die Kosten 26 Prozent über dem vorgesehenen Betrag. Die Studie kann hier nachgelesen werden: http://www.check24.de/assets/files/pdf/2011/Februar/20110224_CHECK24_Tabelle_Stromkosten_uebersteigen_Hartz-IV-Satz.pdf
Ich habe die Angaben persönlich bei verschiedenen Vergleichsportalen geprüft und finde sie zutreffend.

Fragen:

1. Wie erklären Sie den Unterschied zu den aus der EVS gefundenen Werten?
2. Sehen Sie Handlungsbedarf?
3. Kann die EVS als Datengrundlage für Grundsicherungsleistungen, nach Ihrer Meinung, demnach Bestand haben ?

Mit freundlichem Gruß
M. Krauß

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Krauß,

haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail vom 28. Februar und Ihre Bitte um eine Stellungnahme zur Neuberechnung der ALG-II-Leistungen und der hierfür verwandten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS).

Auf Grundlage der EVS des Statistischen Bundesamtes wurden die Regelsätze für Erwachsene zum ersten Mal transparent und nachvollziehbar berechnet und nicht mehr "ins Blaue hinein geschätzt", wie noch vom Bundesverfassungsgericht gerügt. Der neue Regelsatz wurde auf 364 Euro festgesetzt, was einen Anstieg um fünf Euro bedeutet. Neben dem Regelsatz werden die Kosten für Unterkunft, also Miete und Heizung, nach wie vor extra übernommen (im Durchschnitt 370 Euro). Die Erhöhung des Regelsatzes auf 364 Euro monatlich wird rückwirkend zum 01.01.2011 ausgezahlt. Für die FDP-Bundestagsfraktion war entscheidend, dass es keine willkürliche Erhöhung gibt, da dies den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht entsprochen hätte. Die Festsetzung des Regelsatzes auf der Grundlage der EVS ist verfassungsfest.

An Ihrer Beispielrechnung für die Stromversorgung lässt sich sehr gut belegen, wie sinnvoll die Anwendung der EVS ist. Die EVS dient der Berechnung von Durchschnittswerten – nicht von absoluten Endpreisen. Vor diesem Hintergrund sind für jeden Empfänger von ALG-II sämtliche Durchschnittskosten gleich angesetzt – unabhängig von seinem Geschlecht, seinem Alter und möglichen individuellen Wünschen. Für den Fall, dass wir einen SOLL-Wert als Grundlage für die Berechnung nutzen würden, wären wir gezwungen für jeden Betroffenen individuelle Regelsätze zu berechnen, da sich auch die Bedürfnisse und Wünsche individuell unterscheiden. Dieser millionenfache Aufwand wäre weder verwaltungstechnisch noch kostenmäßig umzusetzen.

Die Verbrauchsstichprobe hingegen ist objektiv und bietet daher die richtige Grundlage zur Berechnung der Regelsätze. Nur durch die Berechnung tatsächlicher IST-Durchschnittswerte, lässt sich ableiten, welches Summe als Regelleistung geeignet ist. Und nur wenn wir wissen, was jetzt ausgegeben wird, lässt sich objektiv beurteilen, welche Mittel notwendig sind, um das Existenzminimum zu sichern. Diese Durchschnittswerte behandeln alle Menschen gleich. Auch wer kein Internet nutzt, wird in seinem Regelsatz hierfür einen gewissen Geldbetrag erhalten. Auch als Mann ist in den Regelsatz ein Geldbetrag für Damenschuhe eingerechnet. Frauen wiederum haben auch einen Betrag für Herrenschuhe in ihren Regelsatz inkludiert. Diese Liste ließe sich je nach Detailgrad fortsetzen. Insgesamt liegen der Berechnung der Regelsätze mehr als 50 Einzelkomponenten zugrunde, die aber nicht von jedem Menschen auch gleich genutzt werden.

Vor diesem Hintergrund halte ich die jetzige Berechnungsgrundlage und die Nutzung der EVS für sinnvoll und zielführend. Ebenfalls richtig ist, dass die Hartz-IV-Sätze künftig jedes Jahr angepasst werden. Dabei wird sich die Erhöhung zu 70 Prozent an der Preis- und zu 30 Prozent an der Lohnentwicklung orientieren. Mit dieser jährlichen Anpassung an den IST-Zustand werden mögliche Teuerungen aufgefangen und ein gesichertes Leben ermöglicht. Dadurch steigen die Hartz-IV-Sätze insgesamt mehr als die Rente.

Ich hoffe, dass ich Ihnen meinen Standpunkt mit meinen Ausführungen hinreichend darlegen konnte und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Gabriele Molitor