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Gabriele Katzmarek
SPD
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Frage von Daniel L. •

Frau Katzmarek, wie stehen Sie zu „Impfpflicht durch die Hintertür“, und wie werden Sie zu einer Verlängerung der „Notlage“ abstimmen.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ludwig,

vielen Dank für Ihre Frage.

Eine Impfpflicht, wie wir sie bis Anfang der 1980er Jahre für die Pocken-Impfungen hatten, sehe ich nicht. Übrigens ist die Debatte fast 200 Jahre alt: Die erste Impfpflicht führte das Königreich Bayern im Jahr 1807:

Das entsprechende Gesetz schrieb vor, dass alle über Dreijährigen, die noch nie die Pocken gehabt hatten, bis zum 1. Juli 1808 geimpft sein sollten. Für jedes nicht rechtzeitig geimpfte Kind sollten die Eltern je nach Vermögen eine Geldbuße in Höhe von einem bis acht Gulden zahlen – der Tagelohn eines Handwerkergesellen betrug damals etwas mehr als einen Gulden.“

(siehe https://www.bpb.de/apuz/weltgesundheit-2020/318298/zur-geschichte-der-schutzimpfung)

Das Großherzogtum Baden folgte dem bayrischen Weg der Pflicht-Impfung im Jahr 1815.

Im Gegensatz zu damals werbe ich heute dafür, dass sich alle Menschen gegen Covid-19 impfen lassen, die das können. Sie schützen damit sich selbst und auch andere, insbesondere diejenigen, die sich nicht impfen lassen können oder bei denen die Impfung nicht wirkt (z.B. aufgrund einer Krebstherapie). Die SPD ist die Partei der Solidarität. Wir sind solidarisch mit den Schwachen, mit denen, die Hilfe brauchen. Deshalb halte ich es für solidarisch, sich zu impfen. Das ist gelebte gesellschaftliche Solidarität, zu der jede Person beitragen kann.

Die Regelung, dass der Zugang zu manchen Leistungen nur unter der Bedingung einer Impfung erbracht werden dürfen, ist bereits seit dem Masernschutzgesetz (seit März 2020) gesetzlich bekannt. Maserninfektionen gefährden Menschen in hohem Maße und können aufgrund ihres hohen Ansteckungspotenzials viele Menschen in sehr kurzer Zeit betreffen. Deshalb hat sich eine bedeutende Mehrheit (459 Ja-Stimmen) der Bundestagsabgeordneten am 14. November 2019 entschlossen, dass Kinder und Beschäftigte in Kindergärten, Schulen sowie anderen Gemeinschaftsunterkünften gegen Masern geimpft sein müssen, wenn sie diese besuchen bzw. in ihnen leben wollen.

Das Masernschutzgesetzt wurde damals öffentlich kontrovers diskutiert. Am Ende stand eine breite gesellschaftliche und parlamentarische Mehrheit für diese Regelung. Nun kann man diskutieren, ob dieses Gesetz, ebenso wie die heutigen Corona-Bedingungen, eine Impfpflicht darstellt. Im Grunde bleibt jedem Menschen die Freiheit, sich für die eine Sache (Kita-Besuch) und gegen die Impfung zu entscheiden. Gegenwärtig geht es um Impfung oder Test. Dabei ist aus finanzieller Sicht eindeutig festzustellen, dass wir es uns nicht länger leisten können, massenhaft und bundesweit Corona-Tests zu bezahlen. Das hat uns bereits vier Milliarden gekostet. Die verpflichtenden Corona-Tests in den Schulen dienen dem Zweck, die Schulen offen zu halten. Das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Wir können uns flächendeckende Schulschließungen kein weiteres Mal leisten. Gewalt gegen Kinder wird oftmals nur in der Schule oder den Kindergärten entdeckt. Das gilt auch für Verwahrlosung von Kindern. Und die Bildungsdefizite sind insbesondere für Kinder aus einkommensschwachen Familien ohne regulären Unterricht nicht aufzuholen.

Auf Wunsch der Bundesländer und angesichts steigender Infektionszahlen sowie schwerer Erkrankungen hat sich die SPD-Bundestagsfraktion entschieden, die epidemische Lage von nationaler Tragweite um drei Monate zu verlängern. Wir müssen die Zeit nutzen, um während dieser Zeit die Anzahl geimpfter Menschen deutlich zu erhöhen.

Uns Sozialdemokraten geht es darum, die Gesellschaft zusammenzuhalten. Wir diskutieren mit allen Menschen auf der Grundlage von gegenseitigem Respekt, vor einander und auch vor den demokratischen Institutionen dieses Landes. Nur dann ist ein friedliches und gedeihliches Zusammenleben möglich.

Mit freundlichen Grüßen

Gabriele Katzmarek

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