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Gabriele Cocozza
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Frage von Hans R. •

Frage an Gabriele Cocozza von Hans R. bezüglich Soziale Sicherung

Das Land hat ja tausende 1Euro-Jobs geschaffen. Das kann ja nur heißen,
das es tausende Arbeitsplätze gibt. Wann werden also diese Jobs in
Arbeitsplätze mit anständigen Löhnen umgewandelt?
Was wollen Sie gegen die langen Schlangen vorm Jobcenter in der
Sickingenstrasse machen?
Was werden Sie in Zukunft gegen die öffentliche Diskriminierung und Hetze
gegen die HartzIV-Empfänger seitens der Politik tun?
Mit freundlichen Gruß
Hans Richter

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Richter,

Ja, Sie haben ja so Recht und ich bin so bei Ihnen. Der „Ein-Euro-Job“, er heißt im Verwaltungsdeutsch „Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandentschädigung“, ist das untauglichste Mittel, das ich kenne, um Beschäftigungslosen eine berufliche Zukunft zu geben.

Schon im September 2005 hat die Berliner Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU (MIT) für die sofortige Abschaffung plädiert. Es ist kein wirtschafts- und kein arbeitsmarktpolitisches Instrument, weil Qualifikation und Wiedereingliederung der Leistungsempfänger langfristig ausgeschlossen sind. Und, weil Auftragserteilung, Einsatz und Aufgabenerledigung von Ein-Euro-Jobbern in direkter Konkurrenz zur Leistungspalette mittelständischer Unternehmen stehen. Da hilft auch die so genannte Positivliste mit möglichen Tätigkeitsmerkmalen nicht weiter, denn die Begründung der Zusätzlichkeit oder Gemeinnützigkeit sind dehnbar und vor allem nicht einklagbar.
Dies bestätigt auch der Bundesrechnungshof in seinem Bericht 5/2006: „Fast ein Viertel der genehmigten Ein-Euro-Jobs sind nicht im öffentlichen Interesse, nicht zusätzlich und nicht wettbewerbsneutral gewesen. So hätten die Jobs u.a. Pflege- und Reinigungsarbeiten, Bauhilfsarbeiten sowie Service und Ausschank in der Gastronomie umfasst. Somit bestände die Gefahr, dass reguläre Arbeitsplätze durch das Ein-Euro-Modell verdrängt werden.“

Das heißt nichts anderes, als dass bestehende Arbeitsplätze gefährdet sind, statt neue zuschaffen!

Wir fordern deshalb eine Konzentration aller arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen auf den ersten Arbeitsmarkt. Immer noch wird zu sehr Arbeitslosigkeit finanziert, anstatt reguläre Beschäftigung zu fördern.

Eine Diskussion sind die Kombilohnmodelle, vor allem im so genannten Niedriglohnbereich. Doch müssen sie so ausgerichtet sein, dass aus dem Arbeitslosengeld eine lohnergänzende Leistung wird, die dann wieder in Relation zum Arbeitseinkommen steht. Arbeitseinkommen und Sozialeinkommen müssen dann zusammen ein ausreichendes Gesamteinkommen sicherstellen.

Was ist zu tun, um nicht nur optisch die Schlangen vor den Job-Centern zu verringern?!

In den Berliner Handwerksunternehmen, in Gastronomie, Einzelhandel und im Dienstleistungsgewerbe werden ca. 70 % aller Sozialversicherungspflichtigen Berlins beschäftigt. Deshalb sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Berliner Mittelstand zu verbessern, durch konsequente Verringerung der Abgabenbelastung, Bürokratieabbau, durch zeitnahe Rechnungszahlung bei Auftragserteilung der öffentlichen Hand, durch zentrale Anlaufstellen in den Bezirksämtern für bestehende Betriebe und für Neugründungen. Dies sind nur einige der von der CDU im Wahlprogramm herausgearbeiteten künftigen Anspruchs- und Aufgabenfelder.
Neben einer agierenden Mittelstandspolitik muss es eine aktive Industriepolitik geben. Berlin verlor 15.000 Industriearbeitsplätze in den letzten 5 Jahren!
Viele mittelständische Unternehmen hängen mittel- oder unmittelbar von der Industrie und vom produzierenden Gewerbe ab. Aktive Industriepolitik beinhaltet den ständigen Dialog mit den Vertretern industrieller Unternehmen, die intensivere Vernetzung zwischen Industrie und Forschung und die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Hierzu zählt auch das aktive Begleiten der Unternehmen beim Strukturwandel, vor allem, wenn die Unternehmen öffentliche Förderung erhalten haben. Eine ausgeprägte Anwendungsnähe der Forschung führt durch die Innovationen spürbar zu mehr Wirtschaftswachstum und Beschäftigung, vor allem in den mittelständischen Unternehmen.

Nur dann, Herr Richter, wenn die Unternehmen dieser Stadt für sich eine wirtschaftliche Zukunft sehen, dann werden sie von Entlassungen absehen und auch neue Mitarbeiter einstellen.

Es muss auch eine stärkere Zusammenarbeit der Wirtschaft (IHK, HWK, Verbänden und Wirtschaftsressorts der Verwaltungen) mit den Job-Centern erfolgen. Daraus resultieren: bedarfsgerechtes Angebot, bedarfsgerechtes Vermitteln und bedarfsgerechte Weiterbildung!

Gleichzeitig müssen die Job-Center umgehend die erforderliche (qualifizierte) Personal, - Raum- und EDV- Ausstattung erhalten. Es kann nicht sein, dass nach der Reform der Bundesanstalt für Arbeit die Vermittlung von Arbeitssuchenden im Durchschnitt einen Monat länger dauert als vor der Umstellung.

Dann, für mich ein ganz massives Problem, was sofort beseitigt werden muss. Sinnvolle Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen dürfen nicht altersbeschränkt sein. Es kann nicht sein, dass eine 41 Jährige abgewiesen und damit in die Langzeitarbeitslosigkeit verdonnert wird, weil sie „zu alt“ ist, an einer Umschulung teilzunehmen.

In den Gesprächen auf der Strasse höre ich immer wieder diese persönliche Betroffenheit und viel Resignation und damit die gesellschaftliche Ausgrenzung der Hartz IV Empfänger.
Es gilt der Grundsatz „fordern und fördern“. Deshalb plädiere ich für beständiges und qualifiziertes Personal in jedem Job-Center, die diesen Grundsatz umsetzen. Das heißt, es muss, übrigens gab es dass schon in den 80er Jahren, eine Beziehung entstehen zwischen Vermittler/Betreuer und Arbeitssuchenden. Missbrauch muss geahndet werden. Der, der einen Job sucht und resigniert ist, muss aufgebaut und motiviert werden. Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote sollen fördern, aber auch nicht überfordern.

Die CDU und auch ich selbst sind für eine Differenzierung, sind ohne wenn und aber gegen diese nicht nur empfundene Diskriminierung.

Vielen Dank und mit netten kämpferischen Grüßen
Ihre
Gabriele Cocozza