Portrait von Franziska Brantner
Franziska Brantner
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Michael G. •

Werden Sie alles Ihnen mögliche dafür tun, dass Arzneimittel-Wirkstoffe zukünftig wieder gänzlich in der EU hergestellt werden?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr G.,

vielen Dank für Ihre Frage. Die globale Corona-Epidemie hat drastische Auswirkungen auf unser Zusammenleben und alle Gesundheitssysteme in Europa. Die Sorge vor der Krankheit und überlasteten Gesundheitssystemen sowie die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Eindämmungsmaßnahmen gegen das SARS-CoV-2-Virus werden uns noch lange prägen und beschäftigen. Die Schwierigkeiten der europäischen Gesundheitspolitik sind nicht erst seit der Corona-Krise sichtbar und doch hat die Pandemie dafür gesorgt, dass wir bestimmte Defizite noch deutlicher sehen. Zu den fortwährenden Problemstellen gehören auch die immer wiederkehrenden Arzneimittellieferengpässe. Im Frühling 2020, bei der Beschaffung pandemierelevanter Güter, zeigte sich erstmals das ganze Ausmaß unserer Abhängigkeit von Produktionsstätten im außereuropäischen Ausland, zum Beispiel bei Schutzmasken und -ausrüstung oder bei lebenswichtigen Medikamenten und Wirkstoffen. Um das Vertrauen in die EU zu stärken, sollten die Menschen in Europa erleben, dass sie sich im Ernstfall – z. B. in einer Gesundheitskrise – aufeinander verlassen können. Europa muss zu einer verlässlichen und handlungsfähigen Mitgestalterin in der Gesundheitspolitik werden. Deshalb habe ich mit meiner Fraktion auch einen Antrag eingebracht, in dem wir eine europäische Gesundheitsunion fordern: https://dserver.bundestag.de/btd/19/307/1930723.pdf.

Für eine bessere Versorgung in der EU mit Arzneimitteln braucht es – jetzt und zukünftig – eine Aufwertung der Kompetenzen der EU in der Gesundheitspolitik, eine zügige Umsetzung der Arzneimittelstrategie der EU und eine rasche Erweiterung der europäischen Arzneimittelgesetzgebung. Neben der Liefersicherheit soll eine gesteigerte Wirkstoffproduktion in der EU auch zu mehr Qualität führen. Qualitätskontrollen in Produktionsstätten können innerhalb der EU unter Koordination der Europäischen Arzneimittelagentur vermehrt durchgeführt werden. Dabei gilt es, Transparenz über die gesamte Lieferkette hinweg herzustellen – vom Rohstoff bis hin zum fertigen Produkt im Endverkauf. Dabei müssen Nachhaltigkeitsaspekte, die in anderen Branchen längst den Weg in die Produktion gefunden haben, endlich auch die Grundlage für die organisierte Versorgung mit Arzneimitteln bilden. Gleichzeitig kann es nicht darum gehen, die gesamte medizinische Produktion in die EU zurückzuholen. Eine stärkere strategische Souveränität meint nicht Abschottung, nicht Autarkie, sondern Resilienz durch Diversifizierung. Anstatt bestimmte Komponenten ausschließlich aus einem Land, z. B. China, zu beziehen, sollte Europa seine Produktionskapazitäten breit aufstellen und vor allem Länder aus der europäischen Nachbarschaft und dem globalen Süden miteinbeziehen. Das verhindert einseitige Abhängigkeiten und stärkt die wirtschaftliche und politische Souveränität der EU.

Mit freundlichen Grüßen, Franziska Brantner

 

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