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Frage von Christiane L. •

Frage an Felix Staratschek von Christiane L. bezüglich Umwelt

Unsere Wirtschaft ist auf Rohstoffe angewiesen. Auch der Ausbau der erneuerbaren Energien verlangt zunächst viel materiellen Aufwand, gerade für die neuen Speichertechniken für Strom (große Akku- Batterien) werden bei Stoffen wie Lithium die Nachfrage enorm steigern, was mehr Bergbau und Eingriffe in die Natur mit sich bringt. Und die Stoffe, aus denen unsere elektronischen Geräte bestehen sind auch selten, knapp und werden immer teurer.
Welche Antworten und Strategien können Sie für dieses Problem bieten?
Wird im Metabolpnprojekt in ihrem Wahlkreis an Lösungen für dieses Problem gearbeitet?
Welche Bedeutung hat in ihren Konzepten die Müllverbrennung?

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Sehr geehrte Frau Link!

Heute schaut alles auf die Energiewende. Aber noch wichtiger ist eine Rohstoffwende! Zwar sind die Reichweiten der Rohstoffe ein statistischer Wert, der auch vom Stand der Erforschung der Lagerstätten und den technischen Möglichkeiten der Gewinnung abhängt. Aber selbst, wenn ich die Reichweite mit dem Faktor 10 multipliziere, sind das nur einige Jahrhunderte. Das ist nichts im Vergleich zur Menschheitsgeschichte, die wir heute überblicken. Der biblische König David lebte vor ca. 3000 Jahren und wir streiten heute darum, ob ein Rohstoff noch 40 oder 400 Jahre reicht.

Deshalb hat Norbert Röttgen vollkommen Recht mit der Aussage, wir müssen die "Politik aus den Augen unserer Kinder machen". Diese Botschaft höre ich gerne, aber bei der realen Politik der CDU - und leider auch von SPD, FDP und den koalitionssüchtigen Grünen (mit Parteien die Konzernspenden nehmen, darf eine echte Ökopartei keine Koalition eingehen) - habe ich eher den Eindruck, die machen Politik aus den Augen der Lobbyisten.

Wie sieht nun eine Zukunftsstrategie aus:

1. Überflüssiges vermeiden. Das wäre am leichtesten im Verkehr möglich, wo man sofort einen Großteil der Kurzstreckenautofahrten unterlassen könnte, indem man läuft oder radelt. Das hat nicht nur volkswirtschaftlich- ökologische Vorteile, sondern auch gesundheitliche (siehe Folgen des Bewegungsmangels)! Weitere PKW- und LKW- Fahrten kann ein modernes öffentliches Transportangebot ablösen.

Es ist auch eine Frage ob wir den Kurzurlaub per Billigflieger wirklich brauchen oder ob wir jede Mode bei der Kleidung mitmachen müssen? Statt der individuellen Verpackung könnte es genormte Transportgefäße geben, die man zu Hause selber spült, die in den Supermärkten wieder gefüllt werden. Damit würde der ganze Energieverbrauch für das Einschmelzen von Glas und Metalldeckeln eingespart. Das würde im Handel einige Arbeitsplätze schaffen, im Sinne der Forderung des ÖDP- Programms, Kilowattstunden statt Menschen arbeitslos zu machen. Auch die Selbstversorgung aus dem eigenen Garten oder von der Fensterbank reduziert Energieaufwand. Grasflächen zwischen Hochhäusern sollten für Mieter als Gartenparzellen zur Verfügung gestellt werden, ebenso nicht genutzte öffentliche Flächen.

2. Die Produkte müssen auf ihre leichte Wiederverwertung hin gestaltet werden. Das Design muss so sein, dass die Geräte leicht zerlegbar sind. Warum sollen z.B. nicht, was Roboter zusammenstecken an anderer Stelle Roboter wieder zerlegen?
Die Bestandteile der Geräte müssen nur für technische Sensoren erkennbar sein. Das geht in die Richtung des "Cradle to Cradle" von Professor Braungart. Ein Pfand für Elektrogeräte muss deren Rücklauf verbessern und verhindern, dass Kleingeräte im Hausmüll landen

3. Produkte müssen auf eine lange Haltbarkeit hin konstruiert werden. Die Unternehmen müssen dafür haften, dass ihre Produkte die technisch längst mögliche Lebensdauer haben. Heute weisen viele Geräte konstruktive Mängel auf, indem z.B. hitzempfindliche Komponenten in der Nähe von Hitzequellen platziert werden oder indem Programme sich nach einer gewissen Nutzungszeit abschalten. Dies muss unter Strafe gestellt werden. Aus den Augen unserer Kinder und Kindeskinder ist die einseitige Fixierung auf maximalen Profit nicht nachvollziehbar. http://de.wikipedia.org/wiki/Obsoleszenz

4. Recycling muss ausgeweitet werden und neue Recyclingverfahren, wie das Kryo- Recycling nach Prof. Dr. Harry Rosin für Kunststoffe und Elektroschrott muss endlich umgesetzt werden. Wenn ich heute von Recycling höre, fällt darunter sehr oft das sogenannte "energetische Recycling". Das ist aber eigentlich eine Energieverschwendung in der Müllverbrennung, in Kraftwerken oder in Zementwerken. Denn der Energieaufwand für die Produktion der Substanzen, die hier mit kleiner Energieausbeute im Feuer zerstört werden, ist viel größer, als der Strom- und Wärmegewinn aus der Müllverbrennung. Durch effizientes Recycling lässt sich daher viel mehr Energie in der vorgelagerten Produktionskette einsparen. Daher sind Müllverbrennungsanlagen CO2- Schleudern, weil die dazu beitragen, den Energieverbrauch hoch zu halten und weil das verbrannte Material meist fossilen Ursprunges ist. Die Schlacken und erst recht die Filterstäube und Feinstäube im Abgas der Müllverbrennung enthalten gefährliche Substanzen, die ebenso sicher, wie Atommüll gelagert werden müssten. Solche Substanzen weiter zu vermehren und als Feinstaub in die Umgebung zu blasen ist nicht verantwortbar.

4. Generell müssen Steuern und Abgaben den Ressourcenverbrauch belasten und die menschliche Arbeit muss von Steuern und Abgaben entlastet werden. Energie- und Konsumnebenkosten (letztere belasten auch Importe) sind besser als Lohnnebenkosten (der Arbeitgeberanteil müsste bei Konsumnebenkosten dem Lohn zugeschlagen werden). Das fördert Energiesparen oder Arbeitseinsatz für Reparaturen.

5. Auch Kurzarbeit ist ein Energiespeicher, der keine Ressourcen benötigt. Ein Leben mit der Natur bedeutet auch, sich an den Rhythmus der Natur anzupassen. Für die Landwirtschaft ist das ja noch heute selbstverständlich. Durch die Wettervorhersage können ja Stromlücken vorhergesagt werden, so dass in besonderen Situationen stromintensive Produktionen eingestellt werden. Das wird nicht oft passieren, aber es wird immer mal wieder vorkommen. Wenn wir für die Bankenkrise Kurzarbeit hatten, warum soll es ähnliches nicht für eine umweltschonende Stromversorgung geben?

6. Energieintensive Prozesse müssen wir zum Strom bringen, statt Strom zu den Prozessen. Das erspart den Bau weiterer Stromtrassen. Island (Erdwärme) und Nordafrika (Sonnenenergie) sowie Küstenregionen (Wind) müssen Vorzugsstandorte energieintensiver Produktionen werden.

7. Interessant sind Konzepte, überschüssigen Strom in Gas umzuwandeln. Dieses kann ins Erdgasnetz eingespeist werden und dort gespeichert oder verbraucht werden. Erdgas ist auch als Pufferenergie nutzbar. Dafür sollten aber nicht neue Kraftwerke gebaut werden, sondern höchstens bestehende Kohlekraftwerke umgebaut werden. Diese Speicherform als Gas braucht auch weniger seltene Rohstoffe.

Bei elektronischen Geräten oder Komponenten besteht das Problem, dass die Stoffe oft in sehr kleinen Mengen vorkommen. Hier will Dr. Rosin mit dem Kryo- Recycling ansetzen. Durch sein energiesparendes und preiswertes Kühlsystem (im Vgl. zu flüssigen Stickstoff) will der diese Materialien durch Kälte verspröden und dann materialschonend pulverisieren. Die Pulver können dann nach Substanzen getrennt werden, welche als hochwertiger Rohstoff zurück an die Wirtschaft gehen sollen. Heute besteht ja das Problem, wohin mit den alten Windrad- Flügeln. Kryo- Recycling könnte deren stoffliche Verwertung ermöglichen und somit die Energiebilanz dieser Anlagen weiter verbessern.

Wie sie aus diesen Zeilen sehen, kommt der Müllverbrennung darin keine Bedeutung vor. Sollte es noch Stoffe geben, die besser verbrannt werden, als dass diese deponiert werden, reichen dafür die vorhanden Anlagen nicht nur aus, es besteht schon heute ein Überangebot an Verbrennungskapazitäten. Der Müll wird z.T. schon Güterzugweise herangekarrt, um die teuren Öfen auszulasten. Deshalb warnen mittlerweile selbst MVA- Betreiber vor einem weiteren Ausbau der Müllverbrennung. Die Politik muss alles tun, dass Müllverbrennung überflüssig wird und das Stoffe auf andere Weise sinnvoll aufbereitet werden oder durch bessere Produktionsverfahren nicht mehr anfallen.

Leider haben hier die Firmen, die von der Verschwendungswirtschaft profitieren, zu viel Einfluss auf die Politik. Es zeigt sich mal wieder, dass es mit einer sozialen Markwirtschaft unvereinbar ist, wenn Konzerne die Politik sponsern. Die Ökologisch Demokratische Partei (ÖDP) und ich lehnen daher die Annahme solcher Gelder ab und wollen diese Spendenpraxis verbieten. Ebenso ist es nicht hinnehmbar, dass Politiker in Aufsichtsräten sitzen oder sofort vom Parlament da hin wechseln dürfen.

Laut Handelsblatt vom 12.6.08 hat Recycling folgende CO2 Verminderungspotentiale bei einigen Stoffen:

53% bei Eisen / Stahl
93% bei Aluminium
64% bei Kupfer
71% bei Polyethylen PE
83% bei PET

Das zeigt deutlich, dass die Energiewende nicht nur durch eine Änderung der Energieerzeugung erreicht wird, sondern zwingend einer neuen Materialwirtschaft bedarf. Aufgrund von Verschleiß, Korrosion und Abrieb werden wir nie eine Rate von 100% beim Recycling schaffen. Aber die Stoffmenge, die durch Bergbau in den Materialfluss der Wirtschaft neu hinzugefügt werden muss, kann auf ein Minimum reduziert werden.

Der Ausbau der erneuerbaren Energie braucht einiges an Rohstoffen. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als diese zunächst zu fördern. Aber danach müssen die Stoffe in Kreisläufen immer wieder genutzt werden, um die Naturbelastung so gering wie möglich zu halten. Dies gilt vor allem für Substanzen, die bisher kaum oder nicht gebraucht wurden und daher nicht aus heutigen Kreisläufen gewonnen werden können. Bei Kupfer und Stahl kann der Ausbau schon heute einen hohen Anteil an Sekundärrohstoffen enthalten. Mit zunehmenden Ausbau der erneuerbaren Energie wird die Herstellung der Anlagen zur Stromerzeugung immer weniger CO 2 verursachen. Aber Stromspeicher, die künftig in jedem Wohnblock stehen werden, müssen zuerst einmal neu geschaffen werden.
http://www.sfv.de/artikel/speicherausbau.htm

Was das Methobolon auf der ehemaligen Deponie Leppe im oberbergischen Marienheide angeht, könnte dieses Bildungs- und Forschungszentrum in der Zukunft zu einem Zentrum für Recycling und echter Material- Kreislaufwirtschaft weiterentwickelt werden. Ein solches Zentrum hatte ich 2009 als Landratskandidat für Oberberg gefordert. Aber akut sind die Aufgaben des Methabolon noch zu weich formuliert: http://www.obk.de/cms200/pbu/kure/artikel/2008-08-18_metabolon.shtml . Was genau die "Energiegewinnung aus Reststoffen" meint, wird nicht klar, während die Energieeinsparung durch bessere oder neue Recyclingverfahren oder Produktionprozesse gar nicht vorkommt. Denn wenn die "Kernkompetenz des Standortes Stoffumwandlung und Kreislaufwirtschaft" sein soll, muss weit mehr bearbeitet werden, als energetische Verwertung. Die Biogasgewinnung aus organischen Abfällen mag ja noch Kreislaufwirtschaft sein, weil nur das CO2 in die Natur gegeben wird, das Pflanzen der Atmosphäre entnommen haben. Ist der heutige Reststoff jedoch fossilen Ursprungs, ist energetische Verwertung keine Kreislaufwirtschaft mehr, sondern eine Einweg- Materialvernichtungswirtschaft.

Im Landtag werde ich mich dafür einsetzen, dem Methabolon ein Profil zu geben, dass wirklich zur Lösung unserer Zukunftsprobleme beiträgt. Mein Wahlkreis hat eine vielfältige mittelständische Industrie im Metall- und Kunststoffbereich. Für letzteren gibt es sogar eine Initiative: http://www.kio-oberberg.de/ . Angesichts des Peakoils, der zu enormen Preissteigerungen führen wird und vielleicht akut schon dazu führt, ist es wichtig, das Potential der im Land vorhanden Sekundärrohstoffe zu erschließen, statt diese in der Müllverbrennung zu vernichten. Die Fachhochschule im Gummersbach und das Methabolon müssen hierfür ein Kompetenzzentrum werden. dann kann der Maschinenbau hier die Recyclingtechnik herstellen und die kunststoffverarbeitende Industrie bleibt dank preiswerter Sekundärrohstoffe wettbewerbsfähig. Beides stärkt den Wirtschaftsstandort Oberberg, schafft oder erhält Arbeitsplätze und stärkt so die kommunalen Finanzen.

Leider hört man da von der CDU nichts, obwohl doch Solidarität (mit künftigen Generationen und Verlierern des Klimawandels) und Gemeinwohl (statt Erfüllung von Lobbyinteressen), Fundamente der christlichen Soziallehre sind. "Politik aus den Augen der Kinder" strebe ich schon seit Jahren an. Deshalb bin ich seit über 25 Jahren für die ÖDP aktiv - wobei die Überzeugung bei mir älter ist, als mein Zusammentreffen mit der ÖDP. Politik aus den Augen der Kinder setzt zuerst mal voraus, dass sich die CDU aus den Krallen der Konzerne befreit. Dazu hat die CDU akut im Bundestag mit der CSU und FDP eine gesetzgebende Mehrheit. Wird hier nicht gehandelt, bleiben alle Aussagen auf anderen Ebenen der Politik nicht glaubwürdig. Und wenn hier nicht gehandelt wird, gehen wir mit großen Schritten auf neue Umwelt- und Wirtschaftskrisen zu. Es gibt daher auf dem Wahlzettel nur eine verlorene Stimme, nämlich die, die den Verlust unserer Zukunft fördert.

Eine Stimme für die ÖDP und gleichgesinnte Kandidaten ist immer ein Ruf nach mehr Zukunft und ein wichtiges Zeichen an alle Politiker, was diese mehr beachten müssen. Auch Nichtwähler tolerieren mit ihrer Handlungsweise den Wettlauf in den Abgrund, mit dem sich unsere etablierten Politiker versuchen, gegenseitig zu überbieten (man schaue nur mal, wie die alle der antichristlichen Irrlehre vom ewigen Wirtschaftswachstum anhängen!).

Mit bestem Gruß, Felix Staratschek