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Fabio De Masi
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Frage von Adrian G. •

Gute Tag Herr De Masi, Wie Stehen sie Zur Digitalen ID?

Das EU Parlament diskutiert darüber ob der Zugang zu social Media Patformen nur noch für Personen über ab dem Alter von 16 Jahren zugelassen wird, um dies überprüfen zu können soll eine eID, eine EU Weite App die die eigenen daten aufnimmt, speichert und weitergibt eingeführt werden.Diese App löst nicht das Problem, es ist noch dazu ein Massiver einschnitt in die Privatsphäre jedes EU-Bürgers.- Kinder und Jugendliche werden Wege finden um diese Blockaden zu umgehen, sie werden sich auf Webseiten oder an Dienstleister wenden die weitaus gefährlicher sind als die Sachen vor den sie "beschützt" werden sollen.-Es ist ein Massives Sicherheitsrisiko all diese daten von etwa 450 Millionen Einwohnern an einem Ort aufzubewahren, wenn dieser Server gehackt wird werden die Personen die es getan haben über Macht Milliardär. Und wenn all diese macht zur Überwachung beim Staat liegt dann gibt es keine Rechte mehr.DankeschönMit Freundlichem Gruß

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Antwort von BSW

Sehr geehrter Herr G, 

Besten Dank für Ihre Frage. 

Vorab: Ich befürworte grundsätzlich, wenn Bürger Verwaltungsaufgaben auch digital wahrnehmen können. Ich habe aber einige Bedenken hinsichtlich der digitalen ID, die ich ausführlicher darstellen möchte. 

 

Hintergrund 

Die digitale ID der EU, auch bekannt als Europäische Digitale Identität (eID) oder EU Digital Identity Wallet (EUDI-Wallet), soll es EU-Bürgern ermöglichen, sich online und offline sicher und grenzüberschreitend zu identifizieren und auf digitale Dienste zuzugreifen. 

Sie soll in Form einer digitalen Brieftasche auf dem Smartphone oder anderen Geräten verfügbar sein und soll voraussichtlich bis Ende 2026 in allen EU-Mitgliedstaaten bereitgestellt werden. Nutzer sollen damit Dokumente wie Personalausweis oder Führerschein speichern, weiterleiten und rechtsverbindliche Signaturen leisten können. 

In der Vergangenheit gab es bei ähnlichen Projekten der Bundesregierung, wie dem digitalen Führerschein oder der elektronischen Patientenakte, jedoch erhebliche Probleme. 

 

Meine grundsätzliche Position zu Datensouveränität

Grundsätzlich fallen im modernen Leben Daten an und werden Daten benötigt, von der Arztpraxis bis zur Verkehrsplanung in Innenstädten. Die entscheidende Frage ist daher, zu welchem Zweck und in welchem Interesse Daten genutzt werden. Für die Interessen des Allgemeinwohls fehlen häufig wichtige Daten, für kommerzielle Profit-Interessen werden aber ständig Daten erhoben. 

Unsere Zustimmung zur Nutzung unserer Daten durch private Unternehmen wird regelmäßig dadurch eingeholt, dass wir im Alltag umfangreiche Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGBs) anklicken müssen. Diese liest im Regelfall kein normaler Bürger und stimmt man nicht zu, wird man von der Nutzung bestimmter Online-Dienste ausgeschlossen. 

Da wir aber immer mehr in bestimmte Online-Dienste „eingesperrt“ werden, weil eine soziale Teilhabe am öffentlichen Leben ohne bestimmte Online-Dienste kaum noch denkbar ist (zB What’s App oder Facebook, Online-Banking bei immer geringerer Dichte an Bank-Filllialen u.v.m), haben wir real häufig keine andere Wahl als der kommerziellen Nutzung unser Daten zuzustimmen. 

 

Position zur digitalen ID

Die Nutzung einer digitalen ID für bestimmte Aufgaben im Staatsbereich (zum Beispiel die Zuweisung einer Steuer-ID und die Möglichkeit Steuererklärungen digital abzugeben oder die Verknüpfung unserer Bankkonten mit unserer Steuer-ID) ist sinnvoll. Doch die umfassenden digitalen Identitäten, die nunmehr auf europäischer Ebene vorangetrieben werden sollen, gehen über eine solche begrenzte Nutzung hinaus und verknüpfen private und hoheitliche Daten. Dies birgt einerseits das Risiko sehr weitgehender staatlicher Überwachung und andererseits der Nutzung hoheitlicher Daten durch kommerzielle Anbieter. Hier liegt das zentrale Problem der bisherigen Ansätze zu einer digitalen ID. 

Zwar soll die Nutzung freiwillig erfolgen, in der Praxis ist diese Freiwilligkeit zur Nutzung von privaten Daten durch verschiedene Anbieter aber nicht gegeben, wenn die Nutzung der Dienste für vielen Menschen alternativlos wird. 

In der Schweiz scheiterte eine (erste) Volksabstimmung über eine digitale ID, da diese von Privatunternehmen begeben werden sollte. In einer zweiten Volksabstimmung wurde die digitale ID, in einer staatlichen Variante, mit knapper Mehrheit befürwortet. 

Es kommt daher auf die konkrete Ausgestaltung aus. Selbst wenn die EU-Mitgliedsstaaten bis 2026 digitale IDs bzw. Wallets unter öffentlicher Hoheit ausstellen sollten, stellen sich jedoch eine Reihe von kritischen Fragen, die meine Bedenken verdeutlichen sollen: 

• Wie werden Daten grenzüberschreitend verknüpft und welche Behörden in welchem Land haben darauf Zugriff? Gerarde eine europäische digitale ID könnte sich als absoluter Alptraum mit hohen Sicherheitsrisiken entpuppen. 

• werden hoheitliche und private Daten verknüpft und wenn ja, welche? 

Die ersten Ankündigungen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, lassen in dieser Hinsicht wenig Gutes erwarten. 

Sie kündigte die Digitale ID mit folgenden Worten an: 

„Jedes Mal, wenn eine Website uns aufgefordert, eine neue digitale Identität zu erstellen oder uns bequem über eine große Plattform anzumelden, haben wir in Wirklichkeit keine Ahnung, was mit unseren Daten geschieht. Aus diesem Grund wird die Kommission demnächst eine sichere europäische digitale Identität vorschlagen. Eine, der wir vertrauen und die Bürgerinnen und Bürger überall in Europa nutzen können, um alles zu tun, vom Steuern zahlen bis hin zum Fahrrad mieten. Eine Technologie, bei der wir selbst kontrollieren können, welche Daten ausgetauscht und wie sie verwendet werden.“ 

 

Fazit 

Es gibt aus meiner Sicht wenig Gründe dafür, eine so weitreichende Zusammenführung von Daten, vom Fahrrad-Verleih bis zur Steuerinformation, zu betreiben. Eine digitale ID sollte meines Erachtens erheblich enger geführt werden. 

Auch Datenschützer und IT-Experten kritisierten die bisherigen Pläne, wie Sie hier bei Netzpolitik nachlesen können: https://netzpolitik.org/2022/europaeische-id-wallet-keineswegs-nur-lob/ 

Ich werde die Entwicklungen rund um die digitale ID daher kritisch verfolgen und freue mich, wenn Sie mir meinem Büro Ihre Sichtweise auf das Projekt mitteilen. 

Mit freundlichen Grüßen, 

Fabio De Masi

P.S. Mehr Informationen zu meiner Arbeit im EU-Parlament finden Sie in meinem Newsletter:

https://www.fabio-de-masi.de/de/topic/3.newsletter.html

und auf meinem You-Tube-Kanal:

https://www.youtube.com/channel/UCf_LXakoIB1vA6Ra1IlzNLg

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