Bundestagsabgeordnete für Berlin-Mitte
Eva Högl
SPD
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Frage von Fritz Ludwig O. •

Frage an Eva Högl von Fritz Ludwig O. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Dr. Högl,
ich habe die Diskussion über die Abschaffung der Werbeverbotes für Abtreibungen beobachtet. Nach offizieller Statistik werden in den ersten Wochen dieses Jahres in Deutschland 23.400 Kinder (Embryos) abgetrieben worden sein. In Deutschland ist Abtreibung straffrei, wenn sie unter kriminologischer oder medizinischer Indikation erfolgt oder bei Vorliegen eines Beratungsscheines. In allen drei Fällen sollten doch die behandelnden oder beratenden Stellen über Daten von Ärzt*innen verfügen, die eine Abtreibung vornehmen. Meine Frage ist: Warum müssen Ärzt*innen überhaupt über ihr Angebot zur Vornahme von Abtreibungen öffentlich informieren (also: werben) können? Das erschließt sich mir noch nicht ganz.

Bundestagsabgeordnete für Berlin-Mitte
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr O.,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 21. März 2018.

Sie geben zu bedenken, dass eine Information über Schwangerschaftsabbrüche auch trotz der aktuellen Regelung in § 219a des Strafgesetzbuches (StGB) in ausreichendem Maße möglich sein sollte. Allerdings treten in letzter Zeit zunehmend Fälle auf, in denen radikale Abtreibungsgegner*innen gezielt Anzeige gegen Ärzt*innen oder andere Personen erstatten, die beispielsweise auf ihren Internetseiten Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen. Die Gießener Ärztin Kristina Hänel wurde im vergangenen November auf der Grundlage von § 219a StGB zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt, obwohl sie auf ihrer Internetseite lediglich Informationen zum Schwangerschaftsabbruch und der Durchführung in ihrer Praxis angeboten hatte. Dieser Fall zeigt sehr deutlich, dass die aktuelle Rechtslage auch Verurteilungen auf der Grundlage von § 219a StGB ermöglicht, wenn Ärzt*innen lediglich objektiv über Schwangerschaftsabbrüche informieren.

Aufgrund dieser Gefahr der Strafverfolgung wird es Ärzt*innen und Beratungsstellen zunehmend erschwert, betroffene schwangere Frauen in angemessener Weise über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren. Deshalb sehe ich gesetzgeberischen Handlungsbedarf, um zu gewährleisten, dass eine Beratung über Möglichkeiten des legalen Schwangerschaftsabbruchs für Schwangere transparent und zugänglich ist. Denn gerade weil die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch so schwierig und sensibel ist, ist es für schwangere Frauen ganz besonders wichtig, dass sie ihre Entscheidung auf der Grundlage guter und neutraler Informationen treffen können. Aus diesem Grund haben betroffene Frauen ein Recht auf freie Ärzt*innenwahl und auf gute Information. Dies schließt ein, dass das Recht auf Information selbstverständlich auch für sachliche Informationen über einen Schwangerschaftsabbruch im Rahmen des Angebotsspektrums einer Arztpraxis gelten muss.

Vor diesem Hintergrund hat die SPD-Bundestagsfraktion am 11. Dezember 2017 einen Gesetzentwurf beschlossen, der eine Aufhebung von § 219a StGB vorsieht. Die SPD-Bundestagsfraktion wird ihren Gesetzentwurf zur Streichung des § 219a StGB vom 11. Dezember 2017 zwar nicht zur Abstimmung stellen. Trotzdem bleibt es unser Ziel, dass die objektive Information über Schwangerschaftsabbrüche straffrei möglich sein muss.

Meinen Kolleg*innen in der SPD-Bundestagsfraktion und mir geht es allerdings ausdrücklich nicht um eine Abschaffung des generellen Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche. Eine anpreisende Werbung für Schwangerschaftsabbrüche ist selbstverständlich vollkommen unangemessen und wird der Sensibilität dieses Themas überhaupt nicht gerecht. Wir sind jedoch der Ansicht, dass es für einen effektiven Schutz vor anpreisender und reißerischer Werbung für Schwangerschaftsabbrüche nicht zwingend ein Bedürfnis für die Regelung in § 219a StGB in ihrer derzeitigen Fassung gibt. Vielmehr sind wir überzeugt, dass auch auf anderem Wege und mit Verbots- und Sanktionsnormen außerhalb des Strafrechts verhindert werden kann, dass in unangemessener Form für Schwangerschaftsabbrüche geworben wird.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen darlegen, warum es so wichtig ist, dass Ärzt*innen über Schwangerschaftsabbrüche informieren dürfen und aus welchen Gründen ich mich deshalb auch weiterhin dafür einsetzen werde, dass wir möglichst schnell gesetzliche Änderungen verabschieden, auf deren Grundlage Ärzt*innen straffrei über Schwangerschaftsabbrüche objektiv informieren können.

Mit freundlichen Grüßen

Eva Högl