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Elvira Drobinski-Weiß
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Frage von Hermann A. •

Frage an Elvira Drobinski-Weiß von Hermann A. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Frau Drobinski-Weiß,

haben Sie Erkenntnisse, aus welchen Quellen sich IS/ISIS/ISIL die vorhanden Waffen und das Kriegsmaterial beschafft (hat)?

Da IS/ISIS/ISIL u.a. aus Mitgliedern der Freien Syrischen Armee (FSA) entstanden sein soll, liegt da die Möglichkeit nahe, dass Waffen aus NATO-Ländern, die die FSA im Kampf gegen die syrische Regierung unterstützten, jetzt unter anderem für die Kämpfe im Irak benutzt werden?

Haben Sie Erkenntnisse darüber, welche Länder die FSA mit militärischem Material ausgestattet haben? Haben Sie Erkenntnisse darüber, welche Länder die FSA ausgebildet haben?

Ist es Ihrer Meinung nach wichtig herauszufinden, woher die vorhanden Waffen und das Kriegsmaterial stammen?

Gesetz den Fall, dass wirklich Waffen aus NATO-Länder in Gebrauch sind, welche Konsequenzen müssten Ihrer Meinung nach daraus gezogen werden?

Können Sie sicher sein, dass bei eventuellen Waffenlieferungen an Kurden/Jesiden/Iraker für den Kampf gegen IS/ISIS/ISIL, diese im Nachhinein nicht für weitere Aktionen genutzt werden?

Leider lässt es meines Erachtens die Nachrichtenlage nicht zu, dass man sich als "Normalbürger", ohne über fundierte Quellen zu verfügen, darüber ausreichend informieren kann. Oder wie schätzen Sie dies ein?

Partizipierte eventuell auch die deutsche Rüstungsindustrie von den bisherigen Kampfhandlungen? Kann definitiv ausgeschlossen werden, dass kein deutsches Kriegsmaterial in den Händen von IS/ISIS/ISIL ist?

Besteht die Möglichkeit, dass der "Westen" mit an der Entwicklung von IS/ISIS/ISIL beteiligt war? Das die aktuelle Situation sozusagen auch "hausgemacht" ist?

Oder, was ich hoffe, kann dies definitiv und ohne jeglichen Zweifel ausgeschlossen werden?

US-Senator Rand Paul hat gegenüber CNN zugegeben, dass die USA ISIS unterstützt haben als Teil von Washingtons Krieg gegen die syrische Regierung. http://goo.gl/V4gKx5

Welche Erkenntnisse haben Sie darüber?

Mit freundlichen Grüßen
Hermann Allgaier

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Allgaier,

auch ich sehe mit großer Sorge die Verschärfung der sicherheitspolitischen und der humanitären Lage insbesondere im Norden des Iraks. Nach neuesten Zahlen der Vereinten Nationen sind mittlerweile über 1,7 Millionen Menschen auf der Flucht, davon ca. 1 Million im Gebiet der kurdischen Regionalregierung.

Ich begrüße ausdrücklich, die umfängliche humanitäre Nothilfe der Bundesregierung für die Flüchtlinge, die unter schwierigsten Bedingungen ihre Heimat verlassen mussten und zum Teil nur ihr Leben retten konnten. Es ist wichtig, dass die Bundesregierung mit ca. 50 Millionen Euro diese Menschen unterstützt und eine weitere substantielle Aufstockung dieser Mittel in Aussicht gestellt hat.

Die Bundesregierung hat nach einem verantwortungsvollen Abwägungsprozess über die humanitäre Hilfe hinaus beschlossen, auch Waffen zur Verteidigung gegen die militärisch überlegenen Truppen der ISIS in Absprache mit der Zentralregierung in Bagdad und in Abstimmung mit Deutschlands Partnern an die kurdische Regionalregierung zu liefern. Ich betrachte die Lieferung von Waffen mit großer Skepsis, da sie möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt in einem innerirakischen Konflikt zwischen den drei großen Volksgruppen zum Einsatz gebracht werden könnten oder an andere Gruppen missbräuchlich gelangen könnten. Allerdings anerkenne ich auch, dass die Bundesregierung die Augen vor diesen potentiellen Gefahren nicht verschließt, sondern bei ihren Entscheidungen einbezogen hat und entsprechende Maßnahmen (u.a. Endverbleibsregelung mit der kurdischen Regionalregierung) getroffen hat.

Die Bundesregierung hat aufgrund einer außergewöhnlichen außen- und sicherheitspolitischen Lage eine Einzelentscheidung getroffen. Es handelt sich hierbei nicht um einen Paradigmenwechsel. Die Grundsätze der deutschen Rüstungsexportpolitik, keine Waffen in Spannungsgebiete zu liefern, bleiben der Eckpfeiler deutscher Exportpolitik.
Der Schwerpunkt deutscher und internationaler Politik liegt auf der politischen Regelung des Konfliktes im Irak. Es ist unserer Ansicht nach wesentlich, dass der designierte irakische Ministerpräsident eine Regierung bilden will, in denen alle großen Volksgruppen des Iraks repräsentiert sind. Dies würde auch die Chance erheblich vergrößern, dass die sunnitischen Stämme, die sich aufgrund der politischen Diskriminierung durch die Vorgängerregierung Maliki, wieder von ISIS abwenden und ihr die Unterstützung entziehen. Die Bundesregierung muss diesen politischen Prozess gemeinsam mit ihren Partnern aktiv unterstützen.
Wichtig ist darüber hinaus, dass auch wirtschaftliche und finanzielle Maßnahmen – wie in der Resolution des UN-Sicherheitsrates vom 15.8.2014 aufgeführt - gegen ISIS und ihre Unterstützer umgesetzt werden.

Darüber hinaus ist wesentlich, dass eine politische Strategie für die Region des Nahen und Mittleren Ostens gemeinsam mit den Regierungen vor Ort aufgesetzt wird. Deutschland will hierzu auch im Rahmen seines G7-Vorsitzes weitere Initiativen starten, was ich ausdrücklich unterstütze.

Nach Abwägung all dieser Umstände stimmte ich dem vorgelegten Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zu, wenngleich ich weiterhin sehr skeptisch gegenüber den beschlossenen Waffenlieferungen bleibe. Weitere Informationen finden sie in der Antwort der Bundesregierung Drucksache 18/2369.

Mit freundlichen Grüßen
Elvira Drobinski-Weiß