Wie stehen Sie zu „Vision Zero“ und der Einrichtung von Superblocks in Wohnvierteln Hannovers?
Sehr geehrter Herr Toepffer,
die DEKRA hat eine Karte zur "Vision Zero" erstellt, einer globalen Initiative zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und Vermeidung von Unfällen mit schweren Folgen. Hannover hat das Ziel von 0 Verkehrstoten noch nie erreicht. Maßnahmen dazu sind: Einführung von Superblocks in Wohnvierteln, Schaffung von Tempo-30-Zonen und Förderung des Radverkehrs. Superblocks reduzieren den Durchgangsverkehr in Wohngebieten und gestalten den öffentlichen Raum sicherer und attraktiver für Fußgänger und Radfahrer. Tempo-30-Zonen reduzieren die Geschwindigkeit und erhöhen die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer. Die Förderung des Radverkehrs durch den Ausbau von Radwegen und sichere Abstellmöglichkeiten trägt ebenfalls dazu bei.
Mit freundlichen Grüßen
G.

Sehr geehrter Herr G.,
Die DEKRA-Daten zeigen, dass Hannover im Vergleich zu nahegelegenen Orten wie Garbsen oder Langenhagen mehr Verkehrsunfälle verzeichnet. Es könnte daher sinnvoll sein, deren Verkehrskonzepte zu analysieren und zu prüfen, welche Ansätze sich auf Hannover übertragen lassen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Hannover rund zehnmal so viele Einwohner hat und über eine deutlich komplexere Stadtstruktur verfügt.
Ein direkter Vergleich ist daher vor allem mit Städten ähnlicher Größe und Verkehrsbelastung wie Berlin, München, Frankfurt oder Hamburg sinnvoll. Die DEKRA-Auswertungen zeigen, dass diese Städte vergleichbare Unfallzahlen wie Hannover aufweisen. Vor diesem Hintergrund erscheint eine vollständig autofreie Innenstadt derzeit nicht realistisch.
Im Bereich der Wohnviertel hingegen könnten die angesprochenen Superblocks eine interessante Möglichkeit bieten, die Aufenthaltsqualität zu erhöhen und den Verkehr zu beruhigen. Damit solche Konzepte erfolgreich umgesetzt werden können, müssten die einzelnen Viertel jedoch sehr genau analysiert werden. Die Anliegen der Anwohner, wie sichere Schul- und Arbeitswege, gute Einkaufsmöglichkeiten sowie ein verlässlicher Zugang zu öffentlicher Infrastruktur, sollten dabei besonders berücksichtigt werden. Ein Beispiel dafür ist die Verteilung der Krankenhäuser: Sie ist in Hannover nicht gleichmäßig, was zu längeren Rettungswegen führen kann – insbesondere in weniger zentral gelegenen Wohnvierteln. Eine Verbesserung in diesem Bereich würde eine umfassende Stadtplanung erfordern und müsste in enger Abstimmung mit der Bevölkerung erfolgen.
Auch der Ausbau von Fahrradwegen kann zur Verkehrssicherheit beitragen – allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Damit Radwege effektiv sind, sollten sie klar vom Autoverkehr und von Gehwegen getrennt verlaufen. In Hannover sind Radwege insbesondere entlang der Hauptverkehrsachsen häufig in den Gehweg integriert. Diese Lösung ist problematisch, da sie vermehrt zu Kollisionen mit Fußgängern führt. Eine nachhaltige Verbesserung der Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer würde auch hier eine umfassende Neuplanung der Verkehrswege erfordern.
Die weitläufige Stadtstruktur der Region Hannover führt dazu, dass viele Menschen auf das Auto angewiesen sind. In kleineren Orten wie Garbsen oder Langenhagen lassen sich Maßnahmen oft leichter umsetzen, da die Strukturen kompakter und der Planungsaufwand geringer sind.
Für Hannover bedeutet das: Verkehrssicherheitsmaßnahmen müssen angepasst sein, um trotz hoher Verkehrsbelastung und bestehender Infrastruktur wirksam zu sein.
Es können jedoch weiter Maßnahmen diskutiert werden, die den Zielen der Vision Zero entgegenkommen. Eine einfache Möglichkeit wäre es, durch flexible Maßnahmen wie eine angepasste Ampelschaltung den Verkehr außerhalb der Stoßzeiten zu beruhigen. So kann der Autoverkehr besser gelenkt werden.
Insgesamt zeigt sich, dass der bestehende Stadtstruktur Hannovers die Umsetzung vieler Maßnahmen erschwert. Konzepte wie Superblocks müssten sorgfältig geplant werden, um eine mögliche Abschottung einzelner Viertel vom Stadtkern zu vermeiden. Der Ausbau eines sicheren und leistungsfähigen Radwegenetzes wäre ein stadtweites Großprojekt, das den Durchfahrtsverkehr erheblich beeinflussen könnte. Dennoch könnten gezielte Lösungen und eine enge Zusammenarbeit mit den Bürgerinnen und Bürgern wichtige Schritte auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Stadtentwicklung darstellen.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk Toepffer