Warum hat die SPD bei der Senkung des Strompreises nicht durchgesetzt, das diese Senkung auch für die Bürger gilt und nicht nur für Unternehmen und Landwirte?
Sehr geehrte Herr Rohde,zur Zeit habe ich das Gefühl, das sozialdemokratische Ideen in der Bundesregierung gar nicht mehr vorkommen.
Es wurde ein Wahlversprechen, das ALLE von Strompreissenkungen profitieren sollten, gebrochen.
Jetzt wird wahrscheinlich auch der Mindestlohn von 15,00€ nicht kommen.
Ist die SPD nur noch ein Mehrheitsbeschaffer oder will sie auch noch einmal eine Partei von Bedeutung sein?

Sehr geehrter Herr B.,
haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben über die Plattform Abgeordnetenwatch vom 28. Juni und Ihre Fragen zu Entscheidungen der Bundesregierung und deren sozialdemokratischer Handschrift. Ich nehme Ihre Hinweise und die darin zum Ausdruck gebrachte Sorge um die soziale Sicherheit in unserem Land sehr ernst. Gerne gehe ich nachstehend auf die von Ihnen im Besonderen angesprochene Strompreissenkung sowie die Regelungen zum Mindestlohn ein.
Momentan sind viele Menschen noch mit spürbaren Preissteigerungen konfrontiert, auch wenn die Inflationsrate mittlerweile deutlich gesunken ist. Die Bundesregierung hat diese Herausforderungen erkannt und daher in den letzten Wochen und zuletzt im Koalitionsausschuss ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger sowie zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft auf den Weg gebracht und bekräftigt. Die Koalition trifft hierzu konkrete Maßnahmen, die ab dem 1. Januar 2026 greifen und eine erste wichtige Stufe zur
Senkung der Energiepreise und zur Entlastung von Privathaushalten und der Wirtschaft darstellen.
Konkret umfasst das Paket drei zentrale Schritte:
1. Wir entlasten Verbraucherinnen und Verbraucher von den Kosten der Gasspeicherumlage:
Zunächst wird das Gasspeicherumlagenkonto bis Ende 2025 mit 3,4 Milliarden Euro aus dem Klima- und
Transformationsfonds (KTF) ausgeglichen. Ab dem Jahr 2026 entfällt die Umlage vollständig. Damit
sinkt eine Preisbelastung, die direkt auf den Endverbraucher durchschlägt.
2. Wir verstetigen verlässlich die Absenkung der Stromsteuer für produzierende Unternehmen mit
einer vollen Jahreswirkung von hochlaufend 3 Milliarden Euro:
Von dieser Regelung profitieren nicht nur die großen Industriebetriebe, sondern insbesondere auch
das produzierende Gewerbe im Mittelstand ab einem bestimmten Energieverbrauch – dazu zählen
Bäckereien, Fleischereien, das Baugewerbe, Handwerksbetriebe, die Landwirtschaft und viele weitere.
3. Wir entlasten alle Stromverbraucherinnen und -verbraucher durch die teilweise Übernahme der
Übertragungsnetzentgelte sowie Umlagen um 6,5 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF):
Davon profitieren ausnahmslos alle Stromkundinnen und -kunden, Haushalte wie auch Unternehmen.
In Summe ergibt sich eine jährliche Entlastung von etwa 10 Milliarden Euro für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Wirtschaft. Für private Haushalte bedeutet das eine spürbare Entlastung um bis zu 3 Cent pro Kilowattstunde.
Die Entlastung des produzierenden Gewerbes wirkt für Unternehmen in der Breite mit dem klaren Ziel, dadurch Arbeitsplätze zu sichern. Alle stromintensiven und im internationalen Wettbewerb stehenden Industriezweige wie die Chemie und Metallindustrie, die Automobilwirtschaft, Maschinenbau, die Herstellung von Glas, Keramik, Papier usw. sind von der Entlastung umfasst. Außerdem werden lokale produzierende Betriebe, Mittelstand und Handwerk ab einem bestimmten Energieverbrauch entlastet. Darüber hinaus dienen alle Maßnahmen auch der Energiesicherheit und dem Klimaschutz. Dies soll zukünftig deutlich weniger über die Stromrechnung finanziert werden.
Klar ist: Das ist, was aktuell finanzierbar und verantwortbar ist - und zugleich ist es nur ein erster Schritt hin zu weiterem Handlungsbedarf. Als Koalition haben wir uns deshalb darauf verständigt, dass weitere Entlastungsschritte insbesondere für private Haushalte folgen sollen, sobald es die finanzielle Lage des Bundes zulässt. In diesem Zusammenhang sollen die auf den Weg gebrachten Maßnahmen unsere Wirtschaft so ankurbeln, dass sich auch die Einnahmesituation des Bundes verbessert.
Neben diesem Maßnahmenpaket haben wir vor dem Hintergrund von Inflationsrate und Preissteigerungen bereits zahlreiche Entlastungen umgesetzt – insbesondere für Familien, Rentnerinnen und Rentner sowie Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen: Das Inflationsausgleichsgesetz brachte 48 Millionen steuerpflichtigen Bürgerinnen und Bürgern 2023 und 2024 zusammengerechnet eine Entlastung über insgesamt rund 50 Milliarden Euro. Mit Preisbremsen für Strom, Gas und Wärme, drei Entlastungspaketen mit einem Volumen von fast 100 Milliarden Euro und einem umfassenden Abwehrschirm in Höhe von 200 Milliarden Euro haben wir die gestiegenen Energiekosten infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine und die Folgen für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie für Unternehmen abgefedert. Mit dem Deutschlandticket konnten wir günstige Mobilität für viele ermöglichen.
Zum Thema Mindestlohn, weil Sie dieses explizit ansprechen: Wie Sie wissen, hat die unabhängige Mindestlohnkommission im Juni dieses Jahres eine Erhöhung des Mindestlohns beschlossen: auf 13,90 Euro pro Stunde zum 1. Januar 2026 und auf 14,60 Euro pro Stunde zum 1. Januar 2027. Das ist ein Plus von 13,88 Prozent im Vergleich zum jetzigen Mindestlohn, der aktuell bei 12,82 Euro je Stunde liegt. Auch wenn wir uns als SPD ein schnelleres Heranführen an die Marke von 15 Euro gewünscht hätten, ist diese Erhöhung ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung – denn er bedeutet für Millionen Menschen mehr Geld im Portemonnaie. Unsere Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas hat bereits die Umsetzung der entsprechenden Empfehlung der Mindestlohnkommission angekündigt. Und klar ist auch, dass der Mindestlohn nur eine unterste Grenze für einen armutsfesten Lohn ist. Nötig ist, die Tarifbindung in Deutschland insgesamt zu stärken, um insgesamt die Löhne und Arbeitsbedingungen aller Beschäftigten zu verbessern. Dafür setze ich mich weiterhin ein.
Um abschließend noch einmal auf Ihre Kernfrage einzugehen: Ich bin davon überzeugt, dass ein starker Wirtschaftsstandort und ein funktionierender Sozialstaat miteinander einhergehen. Dabei geht es um gute Arbeit, soziale Sicherheit und darum, wie wir als Gesellschaft handlungsfähig und leistungsstark bleiben. Damit dieses Verständnis richtungsweisend für unsere politischen Entscheidungen bleibt, bringen wir als SPD Gesetze mit sozialdemokratischer Handschrift auf den Weg, bestimmen sozialpolitische Diskurse und entscheiden an wichtigen Stellen mit sozialdemokratischem Kompass mit. Auch bei meiner Arbeit innerhalb der Regierung und als Mitglied des Deutschen Bundestages setze ich mich dafür ein, dass wir wirtschaftliche Stärke und sozialen Ausgleich immer zusammendenken.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Informationen erst einmal weiterhelfen konnte. Wenden Sie sich gerne jederzeit wieder an mich und mein Team, sollten Sie weitere Fragen oder Anliegen haben.
Mit freundlichen Grüßen
Dennis Rohde