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Corinna Rüffer
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Frage von Inge R. •

Frage an Corinna Rüffer von Inge R. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Rüffer,

als Mutter einer schwerstbehinderten Tochter von 30 Jahren bitte ich Sie um eine Stellungnahme als behindertenpolitische Sprecherin zu dem geplanten Bundesleistungsgesetz.

Im Ergebnisprotokoll der Arbeits- und Sozialministerkonferenz vom November 2013 kann man (auf Seite 98 ab Zeile 655) nachlesen, dass das geplante Teilhabegeld bis auf einen Selbstbehalt auf die Leistungen der Eingliederungshilfe angerechnet werden soll, wenn der behinderte Mensch weiterhin darauf angewiesen ist.

Gleichzeitig soll der Anspruch der Eltern auf Kindergeld für ihre erwachsenen Töchter und Söhne entfallen (siehe Seite 98 ab Zeile 639). Dadurch entfallen den Eltern die Nachteilsausgleiche, die ein erwerbsunfähiges Kind steuerlich nicht geltend machen kann, die aber trotzdem zustehen bzw. entstehen ( Schwerbehindertenpauschale, Fahrtkosten, außergewöhnliche Belastungen etc). Bei Eltern im öffentlichen Dienst mindert sich obendrein der Familienzuschlag.

Ausgerechnet bei denjenigen, denen absolut kein Selbstbestimmungsrecht zugestanden und das Teilhabegeld auf die Werkstatt- oder Förderstättenkosten angerechnet werden soll, sollen mit der irreführenden Begründung des "selbstbestimmten Lebens" massive finanzielle Kürzungen vorgenommen werden.

Wie stehen Sie zu diesen Empfehlungen und Vorgaben der ASMK?

Mit freundlichen Grüßen
Inge Rosenberger

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Rosenberger,

vielen Dank für diese Frage.

Zurzeit kursieren viele unterschiedliche Vorstellungen wie Unterstützungsleistungen für behinderte Menschen finanziert werden könnten. Ein Vorschlag sieht tatsächlich vor, den Nachteilsausgleich zu streichen. Das darf nicht bedeuten, dass das Kindergeld für Eltern von Kindern mit geistiger Behinderung ersatzlos gestrichen wird. Trotzdem würden wir gerne die bisherige Praxis (Fortzahlung des Kindergeldes) verändern. Der Anspruch soll unabhängig davon bestehen, ob noch ein Angehöriger lebt, und das Geld sollte nicht an die Eltern, sondern – sofern möglich – an die behinderten Menschen selbst ausgezahlt werden. Es muss natürlich sichergestellt werden, dass die Betroffenen dadurch weder bei der Grundsicherung noch bei der Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe schlechter gestellt werden als heute.
Den von Ihnen zitierten Vorschlag der ASMK, das Kindergeld auch dann zu streichen, wenn ein „Teilhabegeld“ nur dazu dient, die vom Bund versprochenen fünf Milliarden Euro zu den Sozialhilfeträgern zu leiten, lehne ich ausdrücklich ab. Das Kindergeld dient einem völlig anderen Zweck als die heutige Eingliederungshilfe. Hier haben sie völlig recht.
Meiner Ansicht nach ist von den derzeit diskutierten Wegen, wie die finanzielle Beteiligung des Bundes verwirklicht werden kann, keine optimal. Egal für welches Instrument man sich letztlich entscheidet: Es muss berücksichtigt werden, dass das Grundgesetz dem Bund derzeit nur die finanzielle Beteiligung an Geldleistungen erlaubt.

Generell sind wir der Ansicht, dass eine stärkere Personenzentrierung der Eingliederungshilfe die Situation von Menschen mit Behinderungen verbessern würde. Die Konzentration auf die Einrichtungen führt immer wieder zu Problemen, die vermeidbar wären. Das haben wir in unserem Antrag „Schluss mit Sonderwelten - die inklusive Gesellschaft gemeinsam gestalten“ (Bundestagsdrucksache 18/2878) zum Ausdruck gebracht. Der Antrag fordert auch, dass Leistungen zur sozialen Teilhabe gleichrangig mit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sein müssen.

Mit freundlichen Grüßen

Corinna Rüffer

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