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Cem Özdemir
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Frage von Heike B. •

Frage an Cem Özdemir von Heike B. bezüglich Verkehr

Die Abschaffung der Rückkehrpflicht für Mietwagen ist im Gespräch. Dies klingt harmlos, hat aber verheerende Folgen. Dies wäre das Einfallstor für Uber, Lyft und Co. Die Anzahl der Pkw zur Beförderung in den Städten erhöht sich um das bis zu 7-fache, (New York: 14.000 Cabs, plus 80.000 Uber, plus 23.000 Lyft) da man Neuanmeldungen nicht beschränken kann. Durch einen Zulassungsstopp für 1 Jahr, versucht New York dem Problem Herr zu werden. Dagegen klagt Uber. Uber ist Anstoß für eine Änderung des Ordnungsrahmen des PBefG, fühlt sich an Gesetze nicht gebunden, schreibt Verluste in Milliardenhöhe, ist bekannt für seine weitreichende Lobbyarbeit, Preisdumping und sein disruptives Vorgehen am Markt weltweit. Im PBfG spielt der Begriff der "persönlichen Zuverlässigkeit" eine besondere Rolle - ein Maßstab, der auch bei der Beurteilung neuer Anbieter beachtet werden muss. Hinzu kommt, das mit Freigabe des Marktes eine Kontrolle desselben, nicht mehr möglich wäre, da das Personal dazu fehlt, die Fahrtenaufzeichnung nicht vorhanden ist und die Wagen nicht kenntlich sind. Zwei Systeme, das Taxi mit seinen Auflagen, Vorschriften und Kosten, neben einem privaten Anbieter, der völlig frei von Pflichten ist. Das ist unlauterer Wettbewerb. Die Freigabe des Marktes, auf diese Art und Weise, würde das Taxigewerbe zerstören, das Steuerzahler und Arbeitgeber in Deutschland ist. Es geht um ca. 250.000 Arbeitsplätze. Uber zahlt in Deutschland keine Steuern und übernimmt keine Verantwortung. Alles das, was man sich für die Zukunft in der Mobilität wünscht, kann Taxi bereits. Es gibt unzählige Taxi-Apps (davon Taxi Deutschland, seit 2010 rund 2.600 Städte und Gemeinden), Bargeldlose Zahlung, Ride Pooling (mytaximatch), AST (Anruf-Sammel-Taxi) auf dem Land, etc. Mir ist es daher unerklärlich, warum man dieses Gewerbe nun vernichten will und den Markt an Uber verschenken. Wo liegt da der Vorteil? Daher möchte ich Sie fragen, wie stehen Sie zur Aufhebung der Rückkehrpflicht für Mietwagen?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau B.,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

In Ihrer Frage sprechen Sie die von der Bundesregierung geplante Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes an. Dazu erreichen mich zurzeit viele Fragen und lassen Sie mich vorab sagen, dass zumindest in meiner Partei es niemand darauf abgesehen hat, das Taxigewerbe zu „vernichten“, wie Sie und andere in Ihren Anfragen befürchten.
Gleichwohl steht außer Frage, dass eine Novellierung natürlich Auswirkungen haben wird, die auch das Taxigewerbe betreffen und Ihre Sorge kann ich daher durchaus nachvollziehen.

Aus grüner Sicht ist es grundsätzlich vollkommen unstrittig, dass wir eine Novellierung des Gesetzes brauchen. Es gibt die neuen Mobilitätsdienstleister und Mobilitätservices und Aufgabe des Gesetzgebers ist es, einen Rahmen dafür zu schaffen, der mögliche Auswirkungen zulasten der Menschen und der Umwelt vermeidet und gleichzeitig die ökologischen Chancen geteilter Fahrten nutzt. Für uns Grüne geht es dabei vor allem darum, den Menschen in Stadt und Land ein Maximum an Mobilität zu gewährleisten und gleichzeitig das Verkehrsaufkommen zu reduzieren. Auch damit nicht die Situation eintritt, die Sie aus den USA beschreiben.
Das Personenbeförderungsgesetz unterscheidet aktuell drei Beförderungstypen: Linien-, Taxi- und Mietwagenverkehr. Wir Grüne setzen uns daher grundsätzlich dafür ein, dass die Abgrenzung zwischen den einzelnen Transportformen mit den dazugehörigen Rechten und Pflichten bestehen bleibt, wollen diese aber sinnvoll ergänzen. Überall dort, wo neue Mobilitätsdienste identische Services anbieten, müssen diese nach unserer Sicht auch dieselben Rechte und Pflichten erfüllen wie traditionelle Beförderungsunternehmen.

Für das Ziel mehr Mobilität bei weniger Verkehr halten wir Grüne es für überlegenswert, eine neue Kategorie für geteilte Fahrten einzuführen, also eine Unterteilung zwischen solchen Fahrten, die tatsächlich geteilt sind (Ridepooling) und Fahrzeuge dadurch effizienter nutzen und denjenigen Fahrten, die nicht geteilt stattfinden. Das wäre unabhängig davon, ob es sich bei den Anbietern um private oder öffentliche Anbieter handelt. Mehr Informationen zu dieser möglichen neuen Unterscheidung und zu unserer generellen Positionierung finden Sie in unserem grünen Autorenpapier unter https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_az/mobilitaet/pdf/Autorenpapier_Personenbefoerderung.pdf .

Mit freundlichen Grüßen
Cem Özdemir

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