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Carola Ensslen
DIE LINKE
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Frage von Michael W. •

Frage an Carola Ensslen von Michael W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Als Wähler aus Hoheluft-West habe ich folgende Frage an Sie:

Wie stehen Sie dazu, dass der Hamburger Senat mit seinem Änderungsentwurf die Transparenz im Hamburgischen Transparenzgesetz in folgenden wesentlichen Punkten einzuschränken plant:

- Die Frist für die Beantwortung von Informationsanfragen soll verlängert werden;
- die Veröffentlichungspflicht für Gutachten soll eingeschränkt werden;
- die Vorabveröffentlichung von Verträgen soll gestrichen werden; 
- Veränderungen der Ausnahmeregeln im Zusammenhang mit dem Urheberrecht sollen die Möglichkeit schaffen, Auskünfte mit pauschalem Verweis auf geistiges Eigentum abzulehnen;
- eine Pflicht, die Identität des Antragstellers Dritten gegenüber offenzulegen, soll eingeführt werden, was den Grundsätzen der Anonymität und Voraussetzungslosigkeit der Auskünfte zuwiderläuft;
- mit dem aktuellen Senatsentwurf wird zwar die seit 2012 bestehende Forderung nach Einbeziehung der mittelbaren Staatsverwaltung endlich umgesetzt, gleichzeitig schafft die Novelle aber zusätzliche Ausnahmetatbestände mit unbestimmten Rechtsbegriffen -

wie stehen Sie dazu?
Vielen Dank für Ihre Antwort.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr W.,

ich kann Ihnen versichern, dass ich jegliche Form der Verschlechterung bei der Transparenzgesetzgebung ablehne.

Dass die Frist für die Beantwortung von Informationsanfragen verlängert werden soll, halte ich für einen Rückschritt. Sollte das Personal zur Beantwortung der Informationsfragen überlastet sein, wäre deren Entlastung zwar ein nachvollziehbarer Grund für ein solche Fristverlängerung, allerdings würde ich eine Personalaufstockung als sinnvollere Lösung erachten. Dabei ist es sinnvoll, dass im neuen Transparenzgesetz Begriffe wie z.B. „vorhandene Informationen“ oder „amtliche Informationen“ klar definiert sind.

Einerseits kann ich es nicht gutheißen, dass die Veröffentlichungspflicht von Gutachten eingeschränkt werden soll. Andererseits war die bisherige Formulierung des Gesetzes mehrdeutig und es war unklar, was der Veröffentlichungspflicht unterliegen soll. Meiner Ansicht nach ist es notwendig, den Bürger_innen Gutachten, die politische Entscheidungen und somit auch sie selbst betreffen, offenzulegen. Informationen, die zur Entscheidungsfindung für ein Gesetz verwendet wurden oder an denen aus anderen Gründen ein öffentliches Interesses besteht, müssen öffentlich zur Verfügung gestellt werden. Dies ist durch das neue Gesetz nur eingeschränkt gewährleistet. Der gleichen Ansicht bin ich in Bezug auf die Vorabveröffentlichung von Verträgen, die gestrichen werden soll. Die Bürger_innen müssen das Recht haben, politische Prozesse nachzuvollziehen und ggf. kritisieren zu können.

Urheber_innen sollten auch im Bereich der Veröffentlichungs- und Auskunftspflichten geschützt werden. Allerdings ist es problematisch, dass eine Auskunft aus diesem Grund pauschal abgelehnt werden kann. Hier wird das Informationsinteresse nur unzureichend berücksichtigt. Zwar ist eine Veröffentlichung mit Zustimmung der Urheber_innen zulässig, es ist jedoch fraglich, ob das praktikabel ist. Es müsste eine weitere Regelung geben, dass die/der Urheber/in sich dazu äußern muss, ob das betreffende Dokument veröffentlicht werden darf oder nicht.

Ich halte es für unzumutbar, dass die Pflicht bestehen soll, die Identität von Antragsteller_innen Dritten gegenüber offenzulegen. Dass das den Grundsätzen der Anonymität und Voraussetzungslosigkeit der Auskünfte entgegensteht, wie Sie es schreiben, sehe ich genauso. Damit werden Antragsteller_innen potenziell gefährdet und in ihrer Freiheit, anonym kritische Fragen zu stellen, massiv eingeschränkt.

Die Einbeziehung der mittelbaren Staatsverwaltung ist eine konsequente Angleichung an andere Regelungen und leistet einen Beitrag zur Transparenz. Dies ist eine begrüßenswerte Entwicklung, die nach dem 2012 in Kraft getretenen Hamburgischen Transparenzgesetzes nötig war. Ausnahmetatbestände sind nicht immer vermeidbar, ich sehe sie jedoch grundsätzlich kritisch, weil sie Schlupflöcher für Intransparenz bieten, erst recht, wenn unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet werden, die oft eine Konkretisierung durch Gerichtsentscheidungen erforderlich machen.

Im Übrigen teile ich die Kritik des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten.

Hoffentlich konnte ich Ihnen meine Antwort weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen,

Carola Ensslen

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