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Bernhard Daldrup
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Frage von Rolf R. •

Die Räte von Münster, Telgte, Ostbevern, Warendorf und Beelen haben sich mit Resolutionen gegen die Planungen zur B51 bzw. B64n ausgesprochen. Welche Auswirkungen hat dies auf Ihre politische Arbeit?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort.

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Antwort von
SPD

Lieber R. R. .

herzlichen Dank für Ihre Nachricht!

Die Beschlüsse der Räte von Münster, Telgte, Ostbevern, Warendorf und Beelen beeinflussen meine Arbeit insofern, als sie mich in meiner Haltung zu B51/B64n bestärken.

Auf die seit Jahrzehnten geführte Debatte um die Verbesserungen der Verkehrsbeziehungen zwischen dem Oberzentrum Münster und dem ostwestfälischen Raum - beides sehr wirtschaftsstarke Regionen - ist im Kern nur eine Antwort verfolgt worden. Der massive Ausbau der vorhandenen Straßen - zunächst noch in den 80er Jahren in Form einer Bundesautobahn (Verlängerung A43), dann im Zuge der B51/B64. Die Diskussion über Notwendigkeit, Streckenverlauf und Ausbaustandard füllt mittlerweile Bände und Wände.

Dabei sind die Skepsis und Widerstand gegen das Projekt schon lange gewachsen.

Hintergrund sind nicht zuletzt die veränderten ökologischen Herausforderungen, angefangen vom Flächenschutz bis zum Klimawandel, neue Mobilitätskonzepte und bereits realisierte andere Straßenbauprojekte, abnehmende Verkehrsbelastungen und vor allem der unüberhörbare Protest einer stetig wachsenden Zahl von Bürgerinnen und Bürgern in einer Vielzahl von Bürgerinitiativen entlang der Strecke.

Während sich ein Teil der politischen Akteure uneingeschränkt zur Gegnerschaft des Straßenbaus bekennt, sind vor allem die konservativen Parteien, allen voran die CDU für einen uneingeschränkten Ausbau des Straßenzuges ohne Rücksicht auf die veränderte Situation. Mittlerweile haben sich jedoch fast alle betroffenen Kommunen kritisch zur Situation positioniert.

Der vierspurige Ausbau der B51 von Münster-Handorf bis Telgte und der dreispurige Neubau der B64n als Ortsumfahrungen von Warendorf, Beelen und Herzebrock-Clarholz gehören als „4zu1 Ost-Münsterland-Verbindung“ zum vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans 2030. Damit verbunden waren die Vorstellungen kleinräumiger Ortsumfahrungen, die unter dieser Maßgabe auch die Unterstützung der Bevölkerung hatten.

Seit es aber um einen vierspurigen Ausbau der B51 bzw. dreispurigen Neubau der B64n geht, wächst der Protest und das Unverständnis gegenüber den Straßenplanungen in der Bevölkerung stark. 

Die im Zuge der Straßenplanung visualisierten Ortsumgehungen erwecken eher den Eindruck einer Bedrohung der Stadtstruktur statt einer Entlastung. Zunächst vor allem in den Gemeinden des Kreises Warendorf entstanden, greift die Kritik mittlerweile auch in den Kreis Gütersloh und hat im vergangenen Jahr auch die Stadt Münster erreicht. 

An dem wachsenden Widerstand hat auch die Offensive des Landesbetriebs Straßen.NRW mit der Beauftragung des Kommunikationsbüros Dialog-Basis im vorigen Jahr im Kreis Warendorf nichts geändert, weil es sich nicht um ein kommunikatives Problem handelt, sondern der materielle Inhalt der Planung nicht akzeptiert wird. Ein Dialog ist nicht zu führen, wenn die Bereitschaft, den Kern der Straßenplanungen in einen neuen Konsens zu führen, nicht erkennbar ist.

Der Rat der Gemeinde Beelen und der Rat der Stadt Telgte haben bereits vor einiger Zeit  Beschlüsse gefasst, die die das Vorhaben in seiner jetzigen Planung ablehnen. Mit ähnlicher Intention hat auch der Rat der Stadt Münster nach langen Debatten in der Vergangenheit eine Resolution verabschiedet, die die gegenwärtige Planung nicht mehr akzeptiert. Nach dem Wechsel der politischen Mehrheiten hat auch der Rat der Stadt Warendorf einen entsprechenden ablehnenden Beschluss gefasst.

Entlang der Trasse haben sich mittlerweile viele Menschen in Bürgerinitiativen zusammengeschlossen, die nicht zuletzt mit der weltweiten Bewegung „Fridays for Future“ dringend eine konsequente Mobilitätswende fordern.

Ein breites Bündnis aus 13 Bürgerinitiativen, Betroffenen- und Interessentengemeinschaften, Naturschutz- und Landwirtschaftsverbänden von Telgte bis Herzebrock-Clarholz hat am 5. Juli 2019 gemeinsam mit der Bürgermeisterin der Gemeinde Beelen, dem Bürgermeister der Stadt Telgte und Abgeordneten des Deutschen Bundetages und des NRW-Landtages sowie mit zahlreichen kommunalen Mandatsträger*innen und weiteren Vertreterinnen und Vertretern mehrerer politischer Parteien, Verbände, Vereine und Initiativen in einem eindrucksvollen Schulterschluss eine Resolution zum sofortigen Stopp der aktuellen Planungen des gesamten Vorhabens „4zu1 Ost-Münsterland-Verbindung“ gefordert.

Diese Resolution liegt dem Bundesverkehrsministerium vor, wie auch dem NRW-Verkehrsministerium und dem Landesbetrieb Straßen.NRW. Ein Kreisparteitag des SPD-Kreisverbandes Warendorf hat diese Resolution am 16. November 2019 einstimmig unterstützt.

Neben den umwelt- und mobilitätsbezogenen Einwänden werden seitens der im Münsterland immer noch bedeutenden Landwirtschaft massive Widerstände laut, die nicht nur die durch den massiven Straßenbau wegfallenden Flächen kritisiert, sondern vor allem die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit der Landwirte in Gefahr sieht.

Zusammengefasst lauten die Vorbehalte wie folgt:

  • Dieses Vorhaben ist überdimensioniert und geht an den Bedürfnissen der Menschen in dieser Region vorbei. 
  • Es ist in der bisherigen Planung verkehrspolitisch nicht mehr zu rechtfertigen.
  • Das Vorhaben ist nicht mehr zeitgemäß, weil es die Erkenntnisse zum Klimawandel ignoriert, die realistischen Alternativen im Streckenausbau der vorhandenen Schienenstrecke faktisch ignoriert und, statt Anstrengungen für eine Verkehrswende zu unternehmen, an verkehrspolitischen Vorstellungen des vorigen Jahrhunderts festhält.
  • Obwohl als Entlastung der vorhandenen Ortslagen propagiert, werden die Belange der lokalen Wirtschaft ignoriert und den vermeintlichen Interessen der regionalen und überregionalen Wirtschaft untergeordnet.
  • Das Vorhaben erschreckt weite Teile der hier lebenden Menschen, statt sie mit ihren Bedürfnissen und Sorgen wirklich im Planungsprozess mitzunehmen, wie am Beispiel der heimischen Landwirtschaft belegt werden kann, der ein Flächenverbrauch von etwa 800 Hektar in unvermeidbar werdenden Enteignungsverfahren abverlangt werden soll.
  • Die prognostizierten Entlastungen der Ortslagen lassen sich aufgrund abnehmender (!) Verkehrsmengen auf der Ost-West-Achse nicht belegen, die negativen wirtschaftlichen Folgen werden gar nicht thematisiert.

Die Bereitschaft zur Verbesserung der Ost-West-Achse setzt in jedem Fall die verbindliche Entscheidung über die dringend notwendigen Investitionen in die Schienenstrecke KBS 406 Münster-Rheda-Wiedenbrück voraus. Gerade dieses Projekt erhält  besondere Bedeutung, da diese Schienenstrecke Teil eines münsterlandweiten S-Bahnprojektes werden soll, das für das boomende Oberzentrum Münster als modernes Stadt-Regionales-Verkehrskonzept von herausragender Bedeutung ist.

Ich bleibe dran! Ein riesiges Straßenprojekt wie die B64/B51 ist völlig aus der Zeit gefallen und wir brauchen bessere Alternativen zu solchen Straßen-Mammutprojekten.

Mit freundlichen Grüßen

Bernhard Daldrup

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