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Bernhard Daldrup
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Frage von Jens W. •

Frage an Bernhard Daldrup von Jens W. bezüglich Humanitäre Hilfe

Sehr geehrter Herr Daldrup,

ich nehme mit Entsetzen zur Kenntnis, dass an der türkisch-griechischen Grenze Kinder, Frauen und Männer mit Waffengewalt daran gehindert werden, die EU zu betreten und unter katastrophalen Verhältnissen und ohne Zukunftsperspektive im frühen März auf offenem Feld und unter freiem Himmel bleiben müssen. Ich wende mich daher an Sie als meinen gewählten Abgeordneten mit der Frage, wie Sie die Situation einschätzen und ob und wie Sie sich dafür einsetzen, dass diese unchristliche und inhumane Vorgehensweise der EU sofort beendet wird und dass die Menschen vor Ort die notwendige Versorgung erhalten sowie die Möglichkeit, ihr Recht auf Asyl wahrzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen,
Jens Wehrmann

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Wehrmann,
vielen Dank für Ihr Schreiben hier auf abgeordnetenwatch.de.

Mit großem Bedauern beobachte ich die Situation an der türkisch-griechischen Grenze. Seit dem 29. Februar, dem Tag als Ankara die Grenzen für geöffnet erklärte, gab es zahlreiche Gespräche zwischen EU und Türkei, um die eskalierende Lage aufzulösen.
Aktuelle Meldungen aus der Grenzregion vermelden nun jedoch nur noch wenige hundert Migranten auf türkischer Seite. Griechische Medien berichten darüber, dass türkische Behörden die Migranten langsam ins Inland zurückhole - offenbar wurden die Flüchtlingscamps im Grenzgebiet aufgelöst. Doch auch wenn sich die Lage an der EU-Außengrenze langsam zu entspannen scheint – die Zustände in vielen griechischen Flüchtlingslagern spitzen sich stetig zu.

Bereits Anfang März eröffnete der Deutsche Bundestag die Debatte um die Aufnahme von schutzbedürftigen Flüchtlingen aus Griechenland. Im Laufe der bundesweiten Solidaritätswelle erklären sich alle sozialdemokratisch regierten Bundesländer zur Aufnahme bereit, darüber hinaus auch viele Städte und Gemeinden. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass der Koalitionsausschuss das am 8. März. 2020 beschlossen hat.

Deutschland hatte Griechenland wenige Tage zuvor, am 6. März 2020 im Zuge des Union Civil Protection Mechanism 150 Winterzelte inkl. Beleuchtungssätze und Warmlufterzeuger sowie 1500 Feldbetten als Hilfsleistung angeboten (Schenkung). Die Materialien haben einen Wert von ca. 2,4 Mio. €. Die Abgabe von weiteren Materialien, u. a. Aufstockung bei Zelten und Betten sowie Decken wird derzeit geprüft.

In der darauffolgenden Woche einigten sich dann insgesamt sieben europäische Länder, Menschen aufzunehmen. Die ersten europäischen Länder wollten zeitnah Geflüchtete von den griechischen Inseln aufnehmen und auch die Bundesregierung arbeitete gemeinsam mit den Partnern vor Ort an einer schnellen Umsetzung. Leider hat die rasante Ausbreitung des Coronavirus dieses Vorhaben ausgebremst. Wegen der aktuell angespannten gesamteuropäischen Lage hat Deutschland schweren Herzens beschlossen, humanitäre Aufnahmeprogramme bis auf eine Ausnahme vorerst auszusetzen: Das Bundesinnenministerium hat trotz der Corona-bedingten Lage betont, dass besonders Schutzbedürftige wie beispielswiese elternlose Kinder unter 14 Jahren oder schwer erkrankte Kinder aufgenommen werden. Mittlerweile hat die Europäische Kommission die Koordination übernommen und damit begonnen, mit mehreren EU-Staaten in den finalen Abstimmungsprozess zu gehen, um die rund 1600 Kinder auf diese zu verteilen.

Wichtig ist aber mit einer europäischen Linie zu agieren. Einzelstaatliche Alleingänge wären unangebracht. Außerdem: Neben der Frage, ob Deutschland weitere Geflüchtete aufnehmen sollte und wie wir legale Wege der Arbeitsmigration weiter ausbauen, geht es vor allem darum, dass wir in Zukunft ein starkes Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS) haben, das arbeitsteilig organisiert ist sowie dauerhaft und geordnet funktioniert. Daran arbeiten wir in der SPD-Bundestagsfraktion intensiv mit Blick auf die deutsche Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020.

Ich hoffe, dieses Antwortschreiben konnte ein wenig zum Verständnis beitragen.

Mit freundlichen Grüßen

Bernhard Daldrup

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